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Unschuld ohne Naivität

Aus der Mai 1978-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein jeder von uns fühlt den Zug zur Unschuld. Es ist ein ganz natürlicher geistiger Impuls. Wir mögen ihn vielleicht gar nicht in seinem vollen Ausmaß wahrnehmen. Ja, wir mögen ihm sogar Widerstand entgegensetzen — und dabei einen gewissen Aufruhr verspüren. Aber das Verlangen danach ist immer vorhanden. Manchmal rührt unsere Unwilligkeit, dem Ruf einer uns innewohnenden Unschuld nachzukommen, von der versteckten Furcht her, für naiv gehalten zu werden. Wenn auch die Unschuld bisweilen der Naivität gleichgesetzt wird, besteht doch ein wichtiger Unterschied. Wahre Unschuld ist eine besondere Gabe der Seele. Sie ist eine geistige Eigenschaft und führt dazu, daß wir uns rein und gut fühlen.

Naivität erweckt des öfteren den Anschein der Unwissenheit über die Welt und der Unfähigkeit, mit ihr fertig zu werden. Echte Unschuld aber versetzt uns tatsächlich in die Lage, am besten mit den weltlichen Ansprüchen fertig zu werden, wohingegen jemand, der sich einem sinnlichen Leben hingibt, schließlich entdecken wird, daß er schlecht ausgerüstet ist, mit seiner Welt fertig zu werden. Wir brauchen nicht naiv zu sein in dem, was die Welt betrifft, während wir danach streben, eine volle Anerkennung unserer wahren Unschuld zu entwickeln.

In Wirklichkeit erhält Gott unsere ursprüngliche Reinheit, unbefleckt von weltlichen Begriffen. Seine erhaltende Gegenwart bewahrt uns unsere ewige, sündlose Natur. Die menschliche Auffassung, daß wir von der Gnade abgefallen seien, ist eine Lüge. Daß wir die Opfer der Erbsünde seien, ist ein Trugschluß. Daß wir verderbt seien, ist eine Entstellung der Wahrheit. Unser wahres Wesen ist unbescholten, weil Gott unbescholten ist. Gott allein ist die einzige Ursache, und Er ist gut. Jeder von uns sehnt sich im Innersten danach, daß diese Tatsachen voll erkannt und empfunden werden, und dieses Sehnen treibt unweigerlich Blüten. Wenn wir es nähren, schützen und unser Denken davon leiten lassen, werden wir sehen, wie unsere ununterbrochene Unschuld ans Licht kommt.

Aber wie verhält es sich, wenn wir glauben unsere Unschuld verloren zu haben? Was Gott uns gegeben hat, kann niemals verlorengehen, kann niemals zerstört oder enteignet werden. Ansprüche der Promiskuität oder Gewalttätigkeit können uns niemals unserer gottverliehenen Unversehrtheit und Reinheit berauben. Wir können uns jedoch unserer Unschuld nur dann in wirkungsvoller Weise bewußt werden, wenn wir ehrlich und furchtlos genug sind, fallenzulassen, was sie verbergen möchte.

Die Unschuld eines Kindes, seine Liebe, seine Freude, seine Gutartigkeit weisen auf eine Natürlichkeit hin, die einem jeden von uns gehört und der man nicht entwachsen kann. Christus Jesus lehrte: „Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Luk. 18:17;

Jesus hat fraglos verstanden, daß eine kindliche Empfänglichkeit für das Gute — Unschuld und das Freisein vom Bösen — für wahre Erfüllung wesentlich ist. Er selbst war ein einmaliges Beispiel der Unschuld im vollsten Sinne des Wortes, und seine Unschuld ermöglichte es ihm, seine Mitmenschen in der tiefsten und bedeutungsvollsten Weise zu lieben. Doch da war keine Spur von Naivität.

„Der Offenbarer spricht von Jesus als dem Lamm Gottes und vom Drachen als von dem, der gegen die Unschuld kämpft“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 564;, schreibt Mrs. Eddy von der Vision des Johannes. Und auf den Drachen und seine Engel, seine Botschaften, Bezug nehmend erklärt sie: „Das Tier und die falschen Propheten sind Wollust und Heuchelei. Diese Wölfe in Schafskleidern werden durch die Unschuld, das Lamm der Liebe, entlarvt und getötet.

Die göttliche Wissenschaft zeigt, wie das Lamm den Wolf erwürgt. Unschuld und Wahrheit überwinden Schuld und Irrtum.“ ebd., S. 567;

Wenn wir die Unschuld lieben und sie uneingeschränkt als etwas anerkennen, was zu unserem wahren Wesen gehört, entkleidet dies jene drachenähnlichen Suggestionen, die vorgeben, unsere eigenen Gedanken zu sein, ihrer Hülle. Das Lamm, diese geistige Idee Gottes, ist für uns eine schützende Macht in unserem Kontakt mit der Welt.

Haß, der unsere Liebe töten möchte; Sinnlichkeit, die unsere Reinheit zerstören möchte; Intellektualismus, der unserer kindlichen Empfänglichkeit Steine in den Weg legen möchte — sie alle weichen in der Gegenwart des Lammes zurück. Unsere echte Identität entspringt der Seele, Gott. Sie drückt Ihn aus. Sie zeugt für Ihn. Sie wird von Ihm gesegnet, erhalten, gestützt.

Aber führt uns vielleicht unsere Unschuld zu einer Haltung von übertriebenem Optimismus, macht sie uns unfähig, die Nöte unserer Freunde zu erkennen — blind gegen die Leidenschaften und Einflüsse, die unsere Freunde bedrängen? Führt sie zu Naivität? Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, wie wahre Unschuld die ehrliche Sensibilität für die Gefühle, Wünsche und Sorgen anderer Menschen hebt und stützt.

Tatsächlich verleiht uns eine solche Unschuld geistige Einsicht und Wahrnehmungsfähigkeit. Sie befähigt uns, uns solchen Tätigkeiten zuzuwenden, die unser Leben bereichern und segnen. Sie gibt uns die geistige Kraft und den moralischen Mut, jene Wege zu meiden, die in eine Sackgasse führen. Unschuld ist unauflöslich mit Freude verbunden. Wir können das eine nicht ohne das andere haben. Der Mensch, der seine Augen vor der ihm innewohnenden Unschuld verschließt, ist entsetzlich naiv in bezug auf das wahre Leben.

In Wirklichkeit möchte niemand von uns einen Irrtum nähren, der unsere Unschuld verdecken könnte. Noch ist es richtig, Irrtum zu ignorieren — bei uns oder bei anderen. Wir müssen ihn überwinden. Und wir können es tun, wenn wir darauf vertrauen, daß Seele die einzige Macht in unserem Leben ist, und wenn wir anerkennen, daß das Böse niemals Teil unseres wahren Seins sein kann. Wenn es uns nicht nur um uns selbst geht, sondern auch um unsere Freunde, werden wir unsere Unschuld leben, denn nur auf dieser Grundlage können wir die Reinheit und Unversehrtheit der gesamten Schöpfung Gottes klar erkennen.

Mrs. Eddy sagte einmal zu ihren Nachfolgern: „Geliebte Kinder, die Welt braucht euch — und mehr als Kinder denn als Männer und Frauen: sie braucht eure Unschuld, Selbstlosigkeit, treue Liebe, eure unbefleckte Lebensführung. Ihr müßt auch wachen und beten, daß ihr diese Tugenden unbefleckt bewahrt und sie nicht durch die Berührung mit der Welt verliert. Welch höheres Streben könnte es geben, als das in euch zu erhalten, was Jesus liebte, und zu wissen, daß euer Beispiel mehr als eure Worte die Sittlichkeit der Menschheit bestimmt!“ Vermischte Schriften, S. 110.

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