Ich werde nie vergessen, wie stolz ich war, als ich in einen berühmten Klub zur Förderung der darstellenden Künste aufgenommen wurde. Ich war noch jung und brannte darauf, mir im Kreis derer, deren Talent bereits anerkannt war, einen Namen zu machen.
Die Proben waren oft gesellige Zusammenkünfte; in der Regel wurde dabei viel getrunken. Ich mußte mich entscheiden, ob ich da mitmachen wollte oder nicht — doch die Entscheidung fiel mir nicht schwer.
Ich war von klein auf in der Christlichen Wissenschaft erzogen worden und hatte gelernt, wie wertvoll das Gebet ist, das Gott als die Quelle alles wahrhaft Guten anerkennt. Ich wußte, daß Gott der vollkommene, unendliche Eine und der Mensch Seine vollkommene Idee ist. Da der Mensch Gott, das Gute, widerspiegelt, folgerte ich, daß der Mensch geistig, vollständig, erfolgreich und freudig ist. Und da ich wußte, daß mein wirkliches Wesen und mein wirklicher Charakter genau dem entsprachen, war ich mir sicher, daß ich diese Eigenschaften zum Ausdruck bringen konnte. Ich erkannte, daß ich Alkohol weder dazu benötigte, meine Leistung als Schauspieler oder Musiker zu erhöhen, noch dazu, mich an allem Schönen und dem geselligen Beisammensein mit den anderen Klubmitgliedern zu erfreuen oder es intensiver zu erleben.
Am ersten Abend im Klub wurde ich ganz schön lächerlich gemacht; die Bemerkungen reichten von leichtem Spott über Hohn bis zu offenem Unwillen darüber, daß ich Drinks ablehnte, die doch im Geist der Gastfreundschaft und einer gewissen Kameradschaftlichkeit angeboten worden waren. Ich parierte die Seitenhiebe mit der einfachen Erklärung: „Ich trinke nicht.“
Es dauerte mehrere Wochen, bis die Klubmitglieder sich schließlich damit abfanden, daß ich nicht einmal „nur einen — der Geselligkeit wegen“ trinken würde, auf dem sie fast immer bestanden hatten. In der Bibel lesen wir: „Irret nicht, liebe Brüder. Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.“ Jak. 1:16, 17; Dadurch, daß ich bereits einen Schimmer von meinem unwandelbaren Wesen als der geistigen Widerspiegelung Gottes, des ewigen, unveränderlichen Prinzips, erlangt hatte, konnte ich alkoholische Getränke konsequent ablehnen, ohne irgend jemanden zu verletzen.
Ich freute mich auf die Abende im Klub, merkte jedoch, daß es gut war zu beten, ehe ich dort hinging. Meine Antwort „Ich trinke nicht“ entsprach nämlich nicht ganz der Wahrheit; daher betete ich, um besser verstehen zu lernen, daß Gott Wahrheit ist, und um zu erkennen, daß ich mich ebensowenig davor zu fürchten brauchte, die Wahrheit zu sagen, wie ich mich davor fürchten würde, fröhlich zu sein. Beides, Freude und Wahrheitsliebe, sind Eigenschaften Gottes und daher auch Teil meiner wirklichen geistigen Identität, die die Harmonie und Unsterblichkeit Gottes, des Lebens, widerspiegelt. Nachdem ich in diesem Sinne gebetet hatte, stellte ich fest, daß ich nicht länger zögerte, geradeheraus zu antworten, wenn man mich fragte, warum ich denn nicht trinke. „Weil ich Christlicher Wissenschafter bin“, sagte ich dann.
Nach einigen Monaten passierte etwas ganz Großartiges: Diejenigen, die am nachdrücklichsten darauf bestanden hatten, daß ich trinken sollte, und die fast herausfordernd geworden waren, verteidigten meine Haltung nun gegenüber anderen — und mir wurden alkoholfreie Getränke oder Fruchtsäfte gereicht, ohne daß darüber noch ein Wort verloren wurde. Während dieser ganzen Zeit war mir nie eine Rolle vorenthalten worden, nur weil ich nicht trank.
Solch ein Beweis der göttlichen Fürsorge zeigt uns, daß wir uns an jedem konstruktiven Unternehmen beteiligen können, ohne daß wir uns Verhaltensnormen unterordnen müssen, die entwürdigend sind. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Seele ein Synonym für Gott ist. Mrs. Eddy sagt uns in Wissenschaft und Gesundheit: „Seele ist die Substanz, das Leben und die Intelligenz des Menschen, die individualisiert ist, jedoch nicht in der Materie. Seele kann nie etwas widerspiegeln, was geringer ist als Geist.“ Sie fährt fort: „Der Mensch ist der Ausdruck der Seele.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 477;
An anderer Stelle erklärt Mrs. Eddy: „Die Sterblichen, zufrieden mit etwas Geringerem als der Vollkommenheit — der ursprünglichen Norm des Menschen —, mögen glauben, daß Böses Gutes hervorbringe und daß das, was auch immer dem Bösen die Maske abreißt, die Persönlichkeit des Menschen herabsetze. Aber Gott befähigt uns zu wissen, daß das Böse nicht das Mittel des Guten ist und daß das höchste Gute jeden Sinn vom Bösen zerstört, das verlorene Bild auslöscht, das die Sterblichen ganz befriedigt Mensch nennen, und die ungefallene geistige Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen fordert.“ Christian Science versus Pantheism, S. 11;
Wir können uns ein hohes Niveau im Denken und Handeln bewahren, wenn wir verstehen, daß wir Gottes vollkommene Kinder sind, wenn wir mit Nachdruck die Annahme zurückweisen, wir seien unvollständige Sterbliche und der Alkohol könne unser Leben bereichern. Wenn wir uns dem Trinken hingeben, verstärken wir jene Annahme, wir seien Sterbliche, deren Wohlergehen nicht von Gott, sondern einer anderen Quelle abhänge. Derartige Annahmen lenken uns von der göttlichen Wahrheit ab, die in unserem Leben einen richtungweisenden und erhaltenden Einfluß zum Guten hat und die eigentliche Substanz unseres wahren Selbst ist.
Vor einigen Jahren lernte ich einen jungen Mann kennen, der glaubte, Alkohol könne ihm über die schmerzliche Erfahrung einer gescheiterten Ehe hinweghelfen und ihm im Kreis seiner Freunde und Bekannten Anerkennung bringen. Er meinte, Trinken sei für ihn eine große Stütze, in Wirklichkeit drohte es jedoch seine Karriere zu zerstören.
Eines Tages „schlug er in sich” Luk. 15:17; wie der verlorene Sohn in dem Gleichnis von Christus Jesus und suchte Hilfe in der Christlichen Wissenschaft, um von seiner Sucht frei zu werden. Ein Ausüber und er sprachen darüber, daß Gott Sein Kind immer geistig und vollkommen sieht, ohne jeden Mangel. Als Gottes vielgeliebter Sohn konnte der junge Mann nicht von der Güte, Schönheit und Freude des einen göttlichen Lebens getrennt werden, denn diese Eigenschaften machten das Wesen seiner wahren Individualität aus.
Er befaßte sich mit dem Begriff „Prinzip”, einem Synonym für Gott, und stellte dabei fest, daß es Seine Allheit zum Ausdruck bringt. Es zeigt, daß Gott Mittelpunkt und Umkreis der ganzen Schöpfung und allen Seins ist und daß Er die Tätigkeiten einer jeden geistigen Individualität in vollkommener Ordnung erhält.
Der junge Mann bekräftigte nun, daß sein eigentlicher Daseinszweck darin bestand, Gott widerzuspiegeln, und daß nichts von all dem, was die lügenden materiellen Sinne berichteten, diese vollkommene Widerspiegelung verhindern konnte. Der Ausüber und er waren sich darüber klar, daß das Verständnis des geistigen Status — als reiner Ausdruck Gottes — den Menschen von solchen Fesseln wie der krankhaften Sucht nach Alkohol völlig befreit.
Schließlich gewann dieser junge Mann die Erkenntnis, daß er wirklich eine vollständige Idee Gottes ist. Er erkannte, daß er keine andere Unterstützung als die des Geistes benötigte. Buchstäblich von einer Minute zur anderen schwand das Verlangen nach Alkohol. Als er die Bibellektionen im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft weiterhin gewissenhaft studierte, dabei mehr über seine unzerstörbare Beziehung zu Gott erfuhr und diese Wahrheit im täglichen Leben anwandte, wurde er zuverlässiger und leistete bessere Arbeit; daraufhin wurden ihm mehrere sehr verantwortungsvolle Aufgaben übertragen. Seine zweite Ehe, die kurz vor dem Zusammenbruch gestanden hatte, wurde so glücklich, wie er es nie zuvor erlebt hatte. Kurze Zeit danach wurde er Mitglied einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter, und später erhielt er Klassenunterricht. Dieses Beispiel einer gewandelten Lebensführung hat vielen anderen Menschen geholfen.
Jeder, der die Wahrheit des Seins versteht, kann die Freude und das Gute entdecken, von denen er geglaubt haben mag, er habe sie für immer verloren. Wissenschaft und Gesundheit erklärt: „Durch das Erkennen des geistigen Gegenteils der Materialität, das Erkennen des Weges durch Christus, Wahrheit, wird der Mensch mit dem Schlüssel der göttlichen Wissenschaft die Tore des Paradieses wieder öffnen, die die menschlichen Annahmen verschlossen haben, und er wird sehen, daß er nicht gefallen, sondern rechtschaffen, rein und frei ist, daß er keine Kalender zu befragen braucht hinsichtlich seiner Lebensaussichten oder hinsichtlich des Wetters; daß er es nicht nötig hat, Gehirnologie zu studieren, um in Erfahrung zu bringen, inwieweit er Mensch ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 171.
Jeder, der seine wahre Identität versteht, kann beweisen, daß der Alkohol keine Macht hat, jemanden in seiner Gewalt zu halten. Um frei zu werden, bedarf es nicht unbedingt eines heftigen Kampfes — man braucht sich nur entschlossen von der irrigen, materiellen Annahme abzuwenden und sich Geist, dem unendlichen Guten, und seiner geistigen Identität als geliebtes Gotteskind zuzuwenden.
