„Sie sehen aber heute gar nicht gut aus!“ sagte eines Morgens im Büro eine Kollegin zu mir. Ich antwortete: „Mir geht's aber ausgezeichnet!“ Kurz darauf fragte eine andere Kollegin: „Fühlen Sie sich heute nicht wohl?“ Ich war überrascht, beteuerte aber auch ihr, daß es mir sehr gut gehe.
Als ich etwas beunruhigt im Spiegel die Ursache der Bemerkungen suchen wollte, wurde mir plötzlich klar, was vorging: eine Suggestion wollte mir etwas einreden, was gar nicht wahr sein konnte, denn ich hatte ja am Morgen meine Arbeit frisch und gesund begonnen.
Mir fiel ein, was Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit sagt: „Du mußt die bösen Gedanken im ersten Fall beherrschen, sonst beherrschen sie dich im zweiten.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 234; Ich wies in Gedanken die Lüge eines falschen Augenscheins sofort ganz energisch von mir und behauptete im stillen mit Nachdruck und Überzeugung, daß ich der vollkommene Ausdruck Gottes, des Geistes, war und daß dieser Ausdruck durch nichts beeinflußt, geändert, verringert oder verschlechtert werden konnte. Gottes Ebenbild ist nicht etwas Abstraktes, sondern wird auf ganz deutlich wahrnehmbare Weise widergespiegelt. Diese Gedanken erfüllten mein Bewußtsein ganz und gar, und ich blieb vollkommen gesund.
Diese kleine Erfahrung zeigte mir, wie wachsam wir sein müssen, um unser Leben, unser Wohlbefinden und unser Glück vor falschen Einflüssen oder irrigen menschlichen Meinungen zu schützen.
Täglich, fast stündlich, begegnen wir solcher Beeinflussung. Schon das Baby ist ihr ausgesetzt, wenn Verwandte und Freunde um das Bettchen herumstehen und den neuen Erdenbürger bewundern und begutachten. Man hört z. B., daß das Kind die Nase seines Vaters oder die Augen des Onkels oder das Temperament seiner Mutter habe. Und wenn das Kind größer ist, mag behauptet werden, es sei genauso fröhlich wie Tante X oder habe genauso einen Dickkopf wie sein Großvater oder sei ebenso launisch wie noch jemand anders oder... oder... oder...
Wie wichtig ist es doch für die Eltern, konsequent zu wissen, daß jeder Mensch, ganz gleich, wie alt oder jung er sein mag, seine eigene, ihm von Gott verliehene Individualität ausdrückt und sich nicht aus irgendwelchen Eigenschaften oder Eigenheiten zusammensetzt, die in seiner Familie vielleicht seit einigen Generationen vorherrschen.
Der erste Schöpfungsbericht in der Bibel sagt klar: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ 1. Mose 1:27; Nicht zum Bilde irgendeines anderen Menschen, sondern zum Bilde Gottes! Es ist also unser Recht, ja unsere Pflicht, jegliche falsche Beeinflussung durch ein angebliches Gesetz der Vererbung oder andere äußere Umstände als unwahr abzulehnen.
Ein Gesetz, das unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten begrenzen oder verfälschen will, ist kein göttliches Gesetz. Da Gott, das göttliche Prinzip, ewig, allumfassend, vollkommen und der einzige Schöpfer ist und da Seine Idee, der Mensch, zu Seinem Ebenbild geschaffen und daher geistig und vollkommen ist, muß jede gegenteilige Annahme eine Lüge sein. Kann man zur Vollkommenheit noch etwas hinzufügen?
Das göttliche Gesetz kennt keine Grenzen, denn Gott selbst ist unendlich, grenzenlos. Diese göttliche Freiheit zu finden, zu erleben und auszudrücken ist das Recht jedes einzelnen. Wir können uns gegen die Einflüsterungen der Lüge der Sterblichkeit energisch wehren. Aber um dies erfolgreich tun zu können, müssen wir diese falschen Behauptungen als das erkennen, was sie wirklich sind — die irrigen Annahmen des persönlichen Sinnes.
Oft werden Charaktereigenschaften als angeboren und somit als unabänderlich angesehen. Dabei handelt es sich meistens nur um eine wahrscheinlich schon in früher Kindheit eingeleitete bewußte oder unbewußte Beeinflussung eines Menschen in einer bestimmten Richtung.
Haben wir es mit einem Kind zu tun, das z. B. als schüchtern gilt oder launisch oder zu draufgängerisch oder ungeduldig oder rücksichtslos oder als sonst etwas, was nicht geistig ist? Es würde dem Kind (und uns!) sehr helfen, wenn wir sähen, daß solche Eigenschaften nicht zu seinem wahren, gottverliehenen Wesen gehören. Wir müssen uns die geistige Wahrheit klarmachen, daß Gott, Leben, allgegenwärtig und allwirkend ist und daß der Mensch stets Sein vollkommener Ausdruck ist. Er ist Gottes Kind — frei, rein, unschuldig und glücklich.
Wir sollten mehr über die wahre Gotteskindschaft des Menschen nachdenken. Im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit wird die geistige Bedeutung des biblischen Begriffs „Kinder“ gegeben: „Die geistigen Gedanken und Vertreter von Leben, Wahrheit und Liebe.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 582; In ihrem wahren Sein sind Kinder nicht Träger von sterblichen, erblichen Faktoren, nicht die Vertreter einer menschlichen Familie, einer Rasse oder eines Volkes, sondern „Vertreter von Leben, Wahrheit und Liebe“, d. h. Vertreter Gottes. Als solche drücken sie Eigenschaften wie die Heiterkeit der Seele, die Spontaneität des Geistes, die Intelligenz des Gemüts, die Ordnung des Prinzips, die Lebendigkeit des Lebens, die Aufrichtigkeit der Wahrheit und den Großmut der Liebe aus.
Jemand mag sagen: „Das ist alles gut und schön, aber es ist bei mir nicht beachtet worden, als ich klein war. Ich bin eben falsch erzogen worden, und nun steckt es in mir. Die schlechten Eigenschaften sind Teil meines Charakters geworden, und ich werde sie nicht wieder loswerden!“
Die Christliche Wissenschaft widerlegt dies. Sie lehrt und beweist die Wahrheit, die Christus Jesus so klar veranschaulichte, als er Mangel, Krankheit, Sünde, Sorge, Kummer und alle anderen falschen Behauptungen der Sterblichkeit heilte.
In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Das Leben des Menschen ist Gemüt. Der materielle Körper offenbart nur das, was das sterbliche Gemüt glaubt, sei es nun ein gebrochener Knochen, sei es Krankheit oder Sünde.“ Und weiter: „Wir sagen, ein menschliches Gemüt könne das andere beeinflussen und somit auf den Körper einwirken, aber wir denken selten daran, daß wir unseren Körper selbst regieren.“ ebd., S. 402.
Je weiter wir über die oberflächliche Bedeutung menschlicher Meinungen hinaus vordringen, um die Herrlichkeit und Harmonie der göttlichen Schöpfung, einschließlich des Menschen, zu verstehen, um so klarer werden wir erkennen, daß diese ganze Schöpfung harmonisch ist. Dann werden auch Charakterfehler einer nach dem anderen überwunden werden und von uns abfallen.
Wir brauchen nicht das Opfer falscher Beeinflussung zu sein; wir können stets die Gesundheit und Freude zum Ausdruck bringen, die von Gott kommen.