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Das Denken muß sich ändern

Aus der April 1985-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eines Morgens betete ich sehr ernsthaft und demütig in dem Bemühen, mit einem körperlichen Problem fertig zu werden, das mich seit einiger Zeit quälte. Dabei kamen mir viele hilfreiche Gedanken, u. a. auch die folgende vertraute Feststellung, die Mary Baker Eddy im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft macht: „Ein kranker Körper entwickelt sich aus kranken Gedanken“. Wissenschaft und Gesundheit, S. 260.

Nachdem ich eine Zeitlang über die Schlichtheit und die einleuchtende Bedeutung dieser Erklärung nachgedacht hatte, kam mir der Gedanke: „Wie unmöglich ist es doch für jemanden, Heilung in der Christlichen Wissenschaft zu erfahren, wenn sich sein Denken nicht ändert, wenn krankhaftes Denken nicht durch gottähnliches Denken ersetzt wird.“ Ich wußte, daß es nicht allein das Denken ist, das heilt, sondern daß sich im Denken anstatt im Körper etwas ändern muß, bevor eine Heilung eintreten kann. Als Christus Jesus mit Menschen sprach, die angefangen hatten, an seine Lehre zu glauben, sagte er: „[Ihr] werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Joh. 8:32. Ja, es ist die Wahrheit, die uns frei macht, aber die Wahrheit muß von jedem erkannt werden, der Heilung sucht. Tatsächlich ist das die Forderung, die der Meister in seinem Ausspruch stellte.

Ich folgerte dann, daß ich unmöglich auf der anderen Seite einer schwierigen Erfahrung mit der gleichen Denkweise herauskommen konnte, die mich überhaupt in diese Erfahrung hineingebracht hatte. Das Denken mußte sich ändern, die Wahrheit mußte erkannt werden, bevor der Körper oder die Umstände sich in einer Weise verändern konnten, die ich als Heilung wahrnehmen würde. Als ich weiterforschte, fand ich die folgende Zusicherung im Lehrbuch: „Die Elemente und Funktionen des physischen Körpers und der physischen Welt werden sich ändern, wenn das sterbliche Gemüt seine Annahmen ändert.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 124.

Daraus ergibt sich die Frage: Was für eine Veränderung des Denkens ist notwendig, und wie erreicht man solch eine Veränderung? Es ist leicht und vielleicht zu vereinfachend zu sagen, daß wir die Gedanken des fleischlichen Gemüts gegen die Ideen austauschen müssen, die vom göttlichen Gemüt kommen. Gebet bedeutet, nachdrücklich und beharrlich die Ansprüche des fleischlichen, sterblichen Gemüts zu verneinen und die Gegenwart Gottes, des göttlichen Gemüts, anzuerkennen und zu beanspruchen. Manchmal erscheint das wie ein Kampf. Aber in diesem Bemühen beginnen wir, die Untrennbarkeit von Gott und dem Menschen wahrzunehmen, wir fühlen die zärtliche, liebevolle Gegenwart der göttlichen Liebe, und allmählich gibt das Denken der Harmonie und dem Frieden des einen und einzigen Gemüts Raum, das Gott ist.

Ich wurde an jenem Morgen geheilt; und die Erfahrung lehrte mich, daß ich gut daran täte, oft mein Denken ehrlich zu prüfen. Ist es geistig ausgerichtet, wie ich es möchte? Ich lernte, daß man sein Denken ehrlich und demütig prüfen muß, um zu sehen, ob es nicht vielleicht der Materie stärker zugewandt ist, als man angenommen hat.

Wie sehr befassen wir uns mit dem physischen Bild: den beteiligten Personen, der Nahrung, die wir essen oder nicht essen sollten, dem Schlaf, der uns fehlt, oder den Anforderungen, die unsere Arbeit an uns stellt? Und wie steht es mit unserem Verhalten und unserem Handeln? Sind wir mißtrauisch, voller Ressentiment, gedankenlos, rücksichtslos, unzugänglich, unfreundlich, kurz angebunden? Fragen Sie sich, was Ihr erster Gedanke ist, wenn ein Fahrer Ihren Wagen beim Überholen rücksichtslos schneidet, wenn eine laute, aufdringliche Person die Aufmerksamkeit auf sich lenken will, wenn der Chef Sie nicht beachtet oder herabsetzt oder wenn das Gute, das Sie tun, mißverstanden wird. Wie reagieren Sie auf eine nationale oder internationale Tragödie oder auf ein Verbrechen dieser Art, auf die Zerstörung eines Passagierflugzeugs oder auf einen Bombenanschlag von Terroristen?

Was auch immer wir über eine bestimmte Situation denken mögen, unsere Gedanken müssen sich wahrscheinlich etwas ändern. Unser Denken sollte von dem Bemühen geleitet werden, den Gegner als unpersönliches sterbliches Gemüt zu sehen und nicht als Person oder Nation. Wir sollten bestrebt sein, unbeirrt darauf zu bestehen, daß der Mensch als Gottes Kind geistig vollkommen und rein ist, und vor allem sollten wir uns bemühen, zu vergeben. Es sollte klar sein, daß die Wahrheit des Seins nicht nur auf uns zutrifft, sondern auf jeden ohne Ausnahme.

Das Denken ändert sich fortwährend, aber wird es auch immer besser, wird es geistiger, christusähnlicher? Wir sollten nicht zu lange bei der Vergangenheit verweilen, aber wir können aus früheren Fehlern lernen. Es ist hilfreich, gelegentlich zurückzuschauen und zu sehen, ob wir das Denken und die Begrenzungen, die wir letztes Jahr oder vor fünf Jahren hegten, immer noch mit uns herumtragen. Sind sie unverändert? Haben wir Fortschritte oder etwa Rückschritte gemacht? Wir alle wissen, wie leicht es ist, sich von der Strömung treiben zu lassen oder mit dem Wind im Rücken zu laufen. Aber sind wir uns auch bewußt, wie leicht es ist, uns von der Strömung des sterblichen, materiellen, begrenzten, selbstsüchtigen Denkens treiben zu lassen? Können wir nicht den hypnotischen Einfluß sehen, der am Werk ist und uns dazu veranlaßt, an unseren Befürchtungen und Vorurteilen festzuhalten?

Die Frage ist nun die: Beten wir Gott an, oder beten wir die Materie an? Lauschen und warten wir auf Gottes Führung, oder folgen wir blind und träge unseren materiellen Gewohnheiten? Anbetung besteht nicht allein in gebeugten Knien oder gefalteten Händen. Es ist die Hingabe des Denkens, um mehr über Gott zu verstehen und Seine Gegenwart anzuerkennen. Nehmen Sie sich hin und wieder einige Augenblicke Zeit, und durchdenken Sie die verschiedenen Synonyme für Gott, die in der Christlichen Wissenschaft erklärt werden. Nehmen Sie jedes einzelne, und fangen Sie an, ein praktisches Verständnis davon zu entwickeln, was es bedeutet, Gott anzubeten.

Zum Beispiel: Wenn wir Gott anbeten, beten wir Liebe an, und wenn wir Liebe wirklich anbeten, ist unser Denken eher von Achtung, Wertschätzung und Bewunderung für den reinen und vollkommenen von Gott erschaffenen Menschen erfüllt, als daß es sich mit der Liebe zu materiellen Gegenständen und Persönlichkeiten beschäftigt oder mit der Verdammung unserer Mitmenschen oder unfreundlicher Kritik an ihnen.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir Leben an, und Leben wirklich anzubeten bedeutet, das Denken mit der Tätigkeit, Kraft und Lebendigkeit des von Gott erschaffenen Menschen zu erfüllen statt mit den Begrenzungen und Mängeln der materiellen Vorstellung vom Menschen.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir Wahrheit an. Wir füllen unser Denken mit der wahren Idee vom Menschen, und nicht mit dem Irrtum, in den wir oder unser Bruder vielleicht verfallen sind oder mit dem wir kämpfen.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir Geist an. Wenn wir Geist wirklich anbeten, ist unser Denken von der Idee der Macht und Tätigkeit des Guten erfüllt, die die einzig wirkliche Aufgabe des Menschen als Gottes Ausdruck ist — und wir erkennen die Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten, die wir um uns her sehen, als Täuschungen.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir Seele an. Unser Denken ist erfüllt von der Schönheit und Vollkommenheit des von Gott erschaffenen Menschen und nicht von dem Häßlichen und der Disharmonie, die sich unserer Vorstellung vom Menschen aufdrängen möchten.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir Gemüt an. Wir lassen wahre geistige Intelligenz und Weisheit in unser Bewußtsein ein und betrachten diese als dem von Gott erschaffenen Menschen zugehörig. Auf diese Weise entfernen wir die Unwissenheit des Materialismus und den bloßen Intellektualismus aus unserem Denken.

Wenn wir Gott anbeten, beten wir das göttliche Prinzip an. Wir verstehen, daß Gott die einzige Ursache ist, und nehmen die göttliche Ordnung wahr, die den Menschen und das Universum regiert. Wir weigern uns, irgendeine Wirkung oder Ursache zu fürchten oder als wirklich anzuerkennen, die getrennt von Gott zu bestehen scheint.

Wenn unser Denken wahrhaft von dieser Art der Anbetung erfüllt ist, wie kann es da Raum für Mißtrauen, Argwohn, Furcht, Groll, Bitterkeit, Neid oder Begierde geben? Wahre Anbetung befähigt uns, in Frieden zu leben und jederzeit zuversichtlich auf das Gute zu vertrauen; über das verzerrte Bild hinauszuschauen, dem wir gegenüberstehen, und die Vollkommenheit dessen wahrzunehmen, was wirklich ist, dessen, was Gott geschaffen hat. Wenn wir dies erfassen, ändert sich das Bild, und Heilung tritt ein. Das Lehrbuch führt aus: „Das unsterbliche Gemüt, das alles regiert, muß sowohl im sogenannten physischen Reich wie im geistigen als allerhaben anerkannt werden.“ Ebd., S. 427.

Bei zwischenmenschlichen Problemen sollten wir nicht überrascht sein, wenn wir feststellen, daß wir es sind, die etwas berichtigen müssen. Oft bewirkt die Vergeistigung des Denkens, die sich durch Gebet vollzieht, daß wir unsere eigenen Mängel sehen, und sie gibt uns die Aufrichtigkeit und Charakterstärke, die notwendig sind, um diese Mängel zu überwinden.

Der sterbliche Mensch hat von Natur aus ein selbstsüchtiges Wesen. Das ist anscheinend der Grund dafür, daß in der biblischen Allegorie der materiellen Schöpfung Kain den Abel tötete. Kain beneidete Abel um den Segen, den er empfing, und reagierte mit Haß und Rache. Vielleicht könnten wir unser eigenes Denken und Handeln einen Tag lang beobachten und sehen, was unsere Reaktionen sind — wieviel Zeit wir verschwenden, indem wir anderen grollen oder sie beneiden, indem wir versuchen, unsere eigenen Zwecke und Ziele zu erreichen, oder indem wir unsere Mitmenschen kritisieren. Wie steht es mit den Entscheidungen, die wir treffen, weil sie in unserem eigenen Interesse liegen, anstatt denen den Vorrang zu geben, die gerechter und segensreicher für andere sind?

Hatte Paulus nicht gerade an das gedacht, als er den Korinthern schrieb, Barmherzigkeit oder Liebe „suchet nicht das Ihre" 1. Kor. 13:5.? Denken Sie nur: Dieser große Lehrer und Nachfolger Jesu sagt uns, es sei wichtiger für uns zu lieben, als unseren eigenen Vorteil zu suchen! Mrs. Eddy deutet tatsächlich auf etwas Ähnliches hin, wenn sie fragt: „Verstehen wir jetzt, wieviel besser es ist, Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun?“ Vermischte Schriften, S. 130.

Beständig wiederkehrende Selbstsucht bestimmt zum großen Teil unser Denken, und sie wird dies so lange tun, bis sie durch das Erkennen der Wahrheit aufgedeckt und abgelegt wird, was zu einer Veränderung des Denkens und zur Heilung führt. Wenn etwas Unerfreuliches geschieht, mag uns der Einfluß des fleischlichen Gemüts so schnell dazu bringen, auf selbstsüchtige und abwehrende Weise zu reagieren, daß uns scheinbar kaum Zeit bleibt für einen berichtigenden und liebevollen Gedanken. Vielleicht hätte das Denken schon vorher durch Gebet geordnet und kontrolliert werden sollen; vielleicht hätte dies ein Vorgang beständiger Berichtigung sein sollen, der das Denken auf das Geistige und nicht auf das Materielle lenkt. Sollten wir nicht danach streben, unser Denken so auf die Geistigkeit auszurichten, daß wir mit Liebe statt Haß reagieren, mit Vertrauen statt Mißtrauen, mit Vernunft statt Emotionen und mit Geduld statt Ärger?

Dieses Bemühen ist eine Form des Gebets — das wir ohne Unterlaß beten können. Wir beten es nicht nur in den stillen Augenblicken des Studiums und Forschens, sondern auch während der lauten und drängenden Augenblicke bei unserer täglichen Arbeit. Wir können immer wachsam sein, um unser Denken auf Gott und Seine Attribute gerichtet zu halten — auf Gott und Seine Harmonie, Seinen Frieden, Seine reiche Fülle, Kraft usw. Dann wird sich unsere Erfahrung ändern. Jeder Tag wird Fortschritt bringen, wie es ja sein sollte, und wir werden verstehen lernen, was es heißt, „die Wahrheit erkennen”.

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