Die Weihnachtszeit Bringt viele Aktivitäten mit sich, und von Land zu Land sind die Bräuche ganz verschieden. Ich habe in England, Nigeria und anderen Ländern gelebt und erfahren, wie unterschiedlich die Auffassungen von diesem Fest sein können.
Als ich wenige Tage vor meinem ersten Weihnachtsfest auf einer Insel im Indischen Ozean einen Bergpfad hinabging, grüßte mich eine Frau, die ich kannte. Sie hielt eine Machete in der Hand. Als ich sie fragte, was sie tue, strahlte sie und erwiderte freudig: „Ich mache mein Grundstück sauber.
Da Sie hier neu sind, wissen Sie vielleicht nicht, daß alle Leute um diese Zeit gern ihre Häuser putzen und ihr Land in Ordnung bringen zur Vorbereitung auf Weihnachten und das neue Jahr", sagte sie.
Am selben Tag erhielt ich einen Brief, aus dem ich erfuhr, daß zu Hause — Tausende von Kilometern entfernt — meine Mutter, die in ihren Neunzigern war, krank war und daß meine noch nicht zwanzigjährige Tochter, die bei ihrer Betreuung geholfen hatte, von zu Hause fortgelaufen war.
Sofort betete ich um die Erkenntnis, daß Gottes Gegenwart und Liebe in ebendiesem Augenblick meine Familie umfing. Da ich keine Möglichkeit hatte, menschlich etwas für sie zu tun, setzte ich mich hin, um zu studieren und noch mehr zu beten, aber laute Musik, die aus einem Nachbarhaus plärrte, machte jede Konzentration unmöglich.
Tagelang war ich unglücklich. Ich machte mir immer mehr Sorgen um meine Familie und verbrachte deshalb mehrere schlaflose Nächte. Furcht, Aufgeregtheit und Selbstmitleid, dazu der Ärger über die Rüpelhaftigkeit in der Nachbarschaft, machten mich reizbar und rastlos.
Inmitten dieser Sorgen kam mir der Gedanke, daß ich mein „Grundstück" — mein Bewußtsein — ebenso fleißig in Ordnung bringen konnte, wie jene Frau, die das Gestrüpp auf ihrem Land weggeschlagen hatte. Diese Einsicht half mir, mich zu sammeln. Anstatt mich über den Lärm draußen zu ärgern oder mich verzagt um meine Angehörigen zu sorgen, wurde mir klar, daß das Problem zuerst in meinem eigenen Denken beseitigt werden mußte. Ganz gewiß mußte ich die Erregung überwinden und das Unkraut der Sorge um meine Lieben ausjäten.
Das Werkzeug, das ich hierzu benutzte, war Gebet. Ich betete um das Verständnis, daß der Mensch Gottes geistige Idee ist und somit alles Gute widerspiegelt. Weiter betete ich um das Verständnis, daß Gottes göttliche Regierung, in der allumfassende Harmonie und Vollkommenheit herrschen, immer gegenwärtig und allmächtig ist.
Durch diese geistigen Wahrheiten gestärkt, wandte ich mich dem Gebet des Herrn zu, das Christus Jesus uns gegeben hat, und der geistigen Auslegung dieses Gebets im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Natürlich betete ich das Gebet des Herrn nicht zum erstenmal, aber diesmal gewann ich neue Einsichten. Jede Zeile brachte mir frische Inspiration.
In dem Maße, wie ich die falschen Gedanken ausräumte und sie durch die Wahrheit über Gott und den Menschen ersetzte, löste sich mein Ärger über die laute Musik auf. Besonders hilfreich war dabei folgende Stelle aus dem Gebet des Herrn, zusammen mit ihrer geistigen Auslegung: „Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern. / Und Liebe spiegelt sich in Liebe wider."
Von dem Wunsch erfüllt, wahrhaft zu vergeben und liebevoll zu sein, konnte ich freundlich, aber bestimmt mit meinem Nachbarn sprechen und ihn bitten, seinen Kassettenrecorder leiser zu stellen. Er galt allgemein als stur und wenig hilfsbereit, doch er reagierte freundlich und entschuldigte sich. Inzwischen ist er ein Freund unserer Familie geworden, und es vergeht kaum ein Tag, ohne daß er uns Obst oder Gemüse aus seinem Garten schenkt.
Ich nahm mir Paulus' Rat an die Thessalonicher zu Herzen und betete „ohne Unterlaß", wobei ich mich bemühte, ständig Gutes zu erwarten. Die erste Zeile des Gebets des Herrn — „Unser Vater, der Du bist im Himmel" — half mir, die Sorge um meine Angehörigen zu überwinden und sie unserem liebevollen Vater-Mutter Gott anzuvertrauen. Durch aufrichtiges Gebet erkennen wir an, daß der Mensch die vollständige Idee seines liebevollen Vater-Mutter Gottes ist, dessen Liebe zu Seinen Kindern niemals nachläßt.
Am Heiligen Abend kam ein Eilbrief mit der Nachricht, daß meine Mutter wiederhergestellt sei. Obwohl meine Tochter nicht erwähnt wurde, fühlte ich mich getröstet. Ich freute mich und dankte Gott für Seine Güte, Seine Fürsorge und Seinen Schutz. Und ich betete um die Erkenntnis, daß die göttliche Liebe auch meine Tochter regierte.
Nach Weihnachten erhielt ich einen Brief von meiner Tochter aus dem Ausland, in dem sie schrieb, daß sie einen festen Wohnsitz habe und einen Beruf erlerne. Mein Herz floß über vor Dankbarkeit für unseren Tröster, die Christliche Wissenschaft.
In dieser schweren Zeit lernte ich einige wertvolle Lektionen. Die Christliche Wissenschaft hilft uns, den wirklichen Menschen zu sehen, der zu Gottes Ebenbild erschaffen ist. Ein wichtiger Schritt Demonstration dieser Tatsache ist das Aufgeben gottloser Gedanken und Gewohnheiten. Und das können wir am besten durch Gebet erreichen. Jeder sollte täglich beten. Im Handbuch Der Mutterkirche gibt Mrs. Eddy folgende Anweisung: „Es ist die pflicht eines jeden Mitglieds dieser Kirche, täglich zu beten:, Dein Reich komme'; laß die Herrschaft der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe in mir aufgerichtet werden und alle Sünde aus mir entfernen; und möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie beherrschen!"
Unser geistiges Verständnis Können wir dadurch vertiefen, daß wir unser Gebet mit dem täglichen Studium der Bibellektionen im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft verbinden. Systematisches Lesen dieser Lektionen hilft uns, den Zusammenhang zu sehen, der zwischen der geistigen Wahrheit und unserem Leben besteht. So werden wir auf sichere und positive Weise unsere Gedanken und Taten von allen schlechten Gefühlen oder falschen Motiven befreien, reinigen und läutern. Könnte man sich eine bessere Vorbereitung auf das Weihnachtsfest denken?
Achten wir doch darauf, daß kein Samenkörnchen von Groll, Furcht oder Gleichgültigkeit auf unserem „Land", in unserem Bewußtsein, keimt. Sollten solche störenden Irrtümer sich in unserem Denken zeigen, dann müssen wir sie durch Gebet ausreißen. In einem Artikel, der in dem Buch Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes erscheint, weist Mrs. Eddy uns den Weg zu geistigem Fortschritt. Sie legt uns ans Herz: „Geliebte Christliche Wissenschafter, haltet euer Gemüt so von Wahrheit und Liebe erfüllt, daß Sünde, Krankheit und Tod nicht eindringen können. Es ist klar, daß einem Gemüt, das schon voll ist, nichts hinzugefügt werden kann. Ein von Güte erfülltes Gemüt hat keine Tür, durch die das Böse eindringen, und keinen Raum, den es ausfüllen kann."
Wir müssen unser mentales Land rein halten — und zwar nicht nur einmal im Jahr, sondern täglich das ganze Jahr hindurch. Wenn wir „unser Grundstück säubern", vergeistigen und reinigen wir in der Tat unser Denken.
