In Südkalifornien, Wo ich aufwuchs, gab es nur selten Gewitter. So war es schon eine ziemliche Überraschung für mich, als ich im Alter von vier Jahren das erste Mal schwarze Wolken heraufziehen sah und das drohende Grollen des Donners hörte. Ich befand mich in einiger Entfernung von unserem Haus, und meine Mutter rief MIR zu, ich solle ins Haus kommen. Über die Schollen und Furchen des frisch gepflügten Feldes hinweg rannte ich geradewegs zu ihr.
Immer wieder stolpernd, hatte ich etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt, als wenige Meter vor mir ein greller Blitz einschlug. Ich wurde zu Boden geschleudert. Erstaunlicherweise war ich nicht verletzt und auch ohne Furcht. Ich sprang schnell wieder auf und rannte den Rest des Weges zu meiner Mutter, und wir gingen ins Haus.
Nach ihrer Gewohnheit nahm mich meine Mutter bei der Hand und führte mich zum Schaukelstuhl im Wohnzimmer. Ich setzte mich auf ihren Schoß, und sie sang unser Lieblingslied. Es ist das Lied Nr. 154 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft. Die erste Strophe lautet:
In Dir, Du milder Geist der Wahrheit,
Sein Leben findet Gottes Kind;
In Deinem Licht der mächt'gen Klarheit
Die trüben Wolken ferne sind.
Rückblickend ist mir klar, daß die vielen, vielen Male, die ich dieses Lied gehört hatte, mir ein gewisses Maß an Wahrheit vermittelt hatten, auf das ich vertrauen konnte. Als die Situation ein Verständnis von Gottes Gegenwart und Güte erforderte, war ich bereits mit dem ausgerüstet, was ich brauchte.
Später stellte ich dann mit Interesse fest, daß in der Bibel die Gegenwart Gottes oft durch Wolken, Blitz und Donner angezeigt wird. Als Mose die Zehn Gebote erhielt und Gott ihm Seine Gegenwart enthüllte, geschah dies unter Blitzen und Donnern. In den Psalmen finden wir folgende Stelle: „Du bist der Gott, der Wunder tut, du hast deine Macht bewiesen unter den Völkern... Wasser ergossen sich aus dem Gewölk, die Wolken donnerten, und deine Pfeile fuhren einher. Dein Donner rollte, Blitze erhellten den Erdkreis, die Erde erbebte und wankte."
In der Christlichen Wissenschaft lernen wir, über das hinauszuschauen, was die körperlichen Sinne über das Leben aussagen, und etwas von der Wahrheit des geistigen Seins des Menschen zu erkennen. Wir erkennen Geist als einen biblischen Namen für Gott. Aus dem Verständnis, daß wir Gottes Kinder sind, zu Seinem Bild und Gleichnis erschaffen und daher in Wirklichkeit geistig, — ein Verständnis, das wir aus der Bibel gewinnen — schöpfen wir Mut.
Anzuerkennen, daß Geist und alle geistigen Dinge die Wirklichkeit ausmachen, bedeutet nicht, daß wir die Umstände um uns herum ignorieren. Es bedeutet vielmehr, daß wir ein Instrument haben, um schwierige Situationen und widrige Umstände, ausgehend von der Allheit Gottes, des Guten, und der Unwirklichkeit von Disharmonie und Materialität, zu berichtigen.
Wir brauchen ein Gewitter nicht als Bedrohung zu empfinden, und es muß kein Werkzeug der Zerstörung sein. Wenn wir uns daran freuen, daß die Macht Gottes immer gegenwärtig ist, und wissen, daß Gottes Güte und Liebe die Wirklichkeit sind, können wir einem Unwetter ruhig und furchtlos entgegensehen. Entweder wird es sich dann legen oder sich als ungefährlich erweisen.
In ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Gutes verursacht niemals Böses, noch schafft es irgend etwas, was Böses verursachen könnte." Weiter sagt sie: „Die zerstörende Elektrizität ist nicht der Sprößling des unendlichen Guten. Alles, was der wirklichen Natur des göttlichen Esse widerspricht, ist ohne Grundlage, mag es der menschliche Glaube auch in Engelsgewänder kleiden."
Wenn wir verstehen, daß Gott allmächtig und völlig gut ist, berauben wir das Böse oder die zerstörerischen Kräfte ihrer Macht und Wirklichkeit in unserem Denken und Leben. Wir können Gott, das Gute, nicht als den einzigen Gesetzgeber anerkennen und zugleich glauben, daß Sein Gesetz schaden oder verletzen könne. Die Bibel versichert uns: „Der Herr ist unser Richter, der Herr ist unser Gesetzgeber, der Herr ist unser König; der hilft uns."
Folgende Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit stimmt mit dieser Aussage überein: „Der Gesetzgeber, dessen Blitz ein betendes Kind lähmt oder tot niederstreckt, ist nicht das göttliche Ideal allgegenwärtiger Liebe. Gott ist das natürlich Gute; Er wird nur durch die Idee der Güte dargestellt, während das Böse als unnatürlich angesehen werden sollte, weil es der Natur des Geistes, der Natur Gottes, entgegengesetzt ist."
Aber wie können wir uns bei einem Unwetter — sei es ein Gewitter oder seien es die Stürme des Lebens im allgemeinen — das Gefühl der Sicherheit und Ruhe bewahren? Wir können im Gebet erkennen, daß Gott, das Gute, der einzige Schöpfer ist. Wir können anerkennen, daß das geistig Gute die Wirklichkeit ist. Dann blicken wir über die Drohungen und das angsteinflößende Zeugnis der körperlichen Sinne hinaus und erkennen demütig das Zeugnis des geistigen Sinnes an, das uns die Gewißheit der steten Gegenwart des Guten gibt.
Christus Jesus ist unser Beispielgeber. In seinen Heilungswerken lieferte er einen klaren Beweis für Gottes überragende Güte. Leidenden Menschen brachte Jesus Frieden, und selbst den tobenden Sturm auf See stillte er.
Heute hilft uns die Christliche Wissenschaft, das geistig Gute, das Jesus lehrte und lebte, als stets gegenwärtige Tatsache zu erkennen. Sie zeigt, wie wir unterscheiden können zwischen den Suggestionen der materiellen Sinne und den Aussagen der geistigen Sinne über das ewig Gute. Zerstörerische Kräfte können als Fälschungen der segnenden Kräfte Gottes, des göttlichen Gemüts, erkannt werden. Und wir können beweisen, daß Fälschungen keinen Wert und keine Macht besitzen. Wir können die Annahmen und Befürchtungen des fleischlichen Gemüts auf der Grundlage der wissenschaftlichen Tatsache, daß es nur einen Gott und daher nur ein Gemüt gibt, überwinden. Das ist der Kern des Ersten Gebots: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir."
Wenn wir nur einen Gott, ein Gemüt, anerkennen und allein Ihn anbeten, dann gewinnen wir die Macht, zu heilen und Schritt für Schritt zu beweisen, daß das Böse nicht wirklich ist, nicht existiert. Das Böse oder der Irrtum kann uns nur suggerieren, daß es einen Widersacher Gottes gebe. Aber nichts vermag diesem Widersacher jemals Wirklichkeit zu verleihen. Und wir können uns weigern, an die Wirklichkeit einer zerstörerischen Macht zu glauben. Wissenschaft und Gesundheit klassifiziert zerstörerische Kräfte als Fälschungen, nicht als echte Kräfte. Es heißt dort: „Es gibt Keine sinnlose Raserei des sterblichen Gemüts, die sich in Erdbeben, Wind, Wellen, Blitz, Feuer und bestialischer Grausamkeit ausdrückt, und dieses sogenannte Gemüt zerstört sich selbst. Die Offenbarwerdungen des Bösen, die die göttliche Gerechtigkeit fälschen, werden in der Bibel ,der Zorn des Herrn' genannt. In Wirklichkeit ziegen sie die Selbstzerstörung des Irrtums oder der Materie an und weisen auf das Gegenteil der Materie, auf die Stärke und Fortdauer des Geistes. Die Christliche Wissenschaft bringt Wahrheit und ihre Allerhabenheit, allumfassende Harmonie, die Ganzheit Gottes, des Guten, und die Nichtsheit des Bösen ans Licht."
Bis auf den heutigen Tag bin ich bei Gewitter ohne jede Furcht, und wo ich jetzt lebe, sind Gewitter an der Tagesordnung! Ich sehe ihre Kraft und Stärke. Ich kann mich an dem erfrischenden Regen erfreuen, den sie oft bringen. Und es gelingt mir stets, den Glauben an ihre zerstörerische Gewalt im Gebet zu widerlegen. Das geistige Verständnis läßt mich die Allheit und Güte des Geistes wahrnehmen.
Wir alle können in unserem Herzen singen:
In Dir, Du milder Geist der Wahrheit,
Sein Leben findet Gottes Kind;
In Deinem Licht der mächt'gen Klarheit
Die trüben Wolken ferne sind.
Wir können uns von Gottes liebevoller Fürsorge umfangen fühlen — geborgen inmitten von Blitz und Donner.