Was Können Wir tun, wenn unsere Welt einzustürzen scheint, wenn die Dinge so hoffnungslos aussehen, daß wir nicht mehr aus und ein wissen? Die dunkelste Stunde kann ein Wendepunkt in unserem Leben werden, erfüllt von dem Licht der göttlichen Verheißung aus der Offenbarung: „Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen.“ Diese „Tür“, die „aufgetan“ ist, veranschaulicht mir die Kraft des Gebets, die für jeden zugänglich ist.
Wenn wir uns im Gebet an Gott wenden, richten wir unser Denken nicht mehr auf unsere persönlichen Sorgen, sondern auf die Immergegenwart des unendlichen, unkörperlichen Geistes und auf unsere wahre Beziehung zu diesem allgegenwärtigen Leben.
Christus Jesus war so überzeugt, daß Gott bei ihm war, daß er jeder Situation zuversichtlich entgegentreten konnte und Herr darüber war. Häufig zog er sich zurück, um zu beten. Gestärkt durch solche Zwiesprache mit Gott, kehrte er dann zu den Menschen zurück, bereit, die Notleidenden zu heilen und aufzurichten — und damit die allgemeine Meinung der damaligen wie der heutigen Zeit zu entkräften, daß die Materie (mit ihren Krankheiten, Begrenzungen und Fehlern) unabänderlich wirklich sei. Die von unserem Meister vollbrachten Heilungen beweisen die Wahrheit seiner Worte: „Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze.“
Können wir versuchen, solche Herrschaft auch nur in bescheidenem Maße selber zu erlangen? Jesus erwartete das bestimmt von uns; es war der Zweck seiner Lehren und seines beispielhaften Lebens.
Wie unser Meister müssen auch wir willens sein, in unseren Gebeten das allgemein akzeptierte Argument abzulehnen, daß das Fleisch doch etwas nütze sei — daß unser Leben und unsere Gesundheit einfach von einem physischen Körper und unsere Intelligenz von einem materiellen Gehirn abhänge. In der Christlichen Wissenschaft nennen wir diese materialistische Vorstellung von einem von Gott getrennten Dasein den „persönlichen Sinn“. Dieses falsche Bewußtsein widerspricht dem Bild, das unser Schöpfer, der unsterbliche Geist, von uns hat, und verdunkelt es. Er kennt uns als Seine geistige Schöpfung, zum göttlichen Ebenbild geschaffen, eins mit Ihm, immer geborgen, geliebt und umhegt.
Wenn wir eine fleischliche, persönliche Vorstellung vom Selbst aufgeben und sie durch den „Geist..., der lebendig macht“ ersetzen, geben wir, im übertragenen Sinn, Gott den Weg frei und lassen uns von Ihm versorgen. Mehr noch, wir sehen uns in die Gegenwart Gottes gestellt, unter Seine unendliche Liebe und Fürsorge. Anstatt unsere Identität zu verlieren, finden und wissen wir uns „in Ihm“ — im Reich des Geistes, der Liebe, des Lebens, der Wahrheit.
In ihrem Buch Vermischte Schriften sagt Mrs. Eddy etwas Bemerkenswertes: „Wir müssen dem Bewußtsein der Körperlichkeit und allem, was damit verbunden ist, entwachsen. Unwahrheiten über die Körperlichkeit schließen alle Hindernisse für Gesundheit, Heiligkeit und Glückseligkeit in sich.“
Gebet erhebt das Denken über dieses irdische Bewußtsein. Es entfernt „alle Hindernisse für Gesundheit, Heiligkeit und Glückseligkeit“. Unser wahres Sein, im Licht und als Ebenbild des göttlichen Geistes gesehen, schließt alles Gute — nie Böses — in sich. Dieses richtige, geistige Selbstverständnis enthüllt sich dem demütigen, im Gebet lauschenden Herzen.
Natürlich ist es nicht leicht, eine endliche, persönliche Vorstellung vom Dasein aufzugeben, und sicherlich gelingt es nicht gleich beim ersten Versuch. Vielmehr muß man dem persönlichen Sinn durch Vergeistigung des Denkens und Charaktererneuerung „entwachsen“. Einer persönlichen Vorstellung vom Selbst zu entwachsen und in ein christusähnliches Verständnis des Seins hineinzuwachsen, dieser Vorgang ist ein schrittweises, demütiges Bemühen, das von der göttlichen Liebe voll unterstützt wird, und Gebet ist „eine offene Tür“, durch die ein geistiges Verständnis des Lebens hereinkommt. Wir können den ersten Schritt jetzt tun und von da aus weitergehen.
Eines Tages war ich unterwegs, um eine Besorgung zu machen, als ich von einem zu schnell fahrenden Auto erfaßt wurde. Da ich mich nicht bewegen konnte, brachte man mich in ein Krankenhaus, wo ich geröntgt wurde; aber so bald wie möglich ließ ich mich in ein kleines Pflegeheim für Christliche Wissenschafter in unserer Stadt überweisen.
Ich betete ernsthaft und lauschte auf stärkende Botschaften von Gott. Der tröstliche Gedanke kam, daß ich mich als Sein geistiges Ebenbild — dem „das Fleisch ...nichts nütze“ ist — immer „in Gott“ befunden hatte, nie „in“ einen Unfall verwickelt gewesen war und noch immer eins mit Ihm war. Durch dieses Folgern fühlte ich mich in Gottes liebevoller Gegenwart geborgen und umsorgt. Alle mentalen Reaktionen auf den Unfall wurden zum Schweigen gebracht, es wurde ihnen keine Gelegenheit gegeben, der Gesundheit den Weg zu versperren oder ein Hindernis dafür zu sein. Dadurch erlangte ich einen geistig begründeten Frieden, der christliches Heilen fördert. Mein Vertrauen in Gottes Herrschaft schwankte nie.
Das Ergebnis war wunderbar. Tag für Tag konnte ich mich besser bewegen. Jede neue Bewegung, die ich machen konnte und die ich am Tag zuvor noch nicht hatte machen können, brachte Inspiration und Ermutigung für mich und meine Familie, die noch nie zuvor solchen positiven Beweis göttlicher Liebe gesehen hatte. In nur wenigen Wochen verließ ich das Pflegeheim; ich konnte ohne Behinderung gehen.
Die Überwindung eines schmerzhaften Zustands durch das Aufgeben einer persönlichen, materialistischen Vorstellung vom Leben und das Anerkennen der Gegenwart und Fürsorge Gottes, der göttlichen Liebe, wird zu einem Licht auf unserem Pfad. Wir werden von solch einem Sieg so gestärkt, daß unser Vertrauen in die Kraft des Gebets nicht leicht zu erschüttern ist, ganz gleich, was die zukunft bringen mag.