In Schweden, Wo ich lebe, macht ein Gesetz zur Auflage, daß bestimmte Gebäude mit Schutzräumen ausgestattet werden. Beim Entwurf solcher Gebäude müssen Architekten und Bauherren jede Situation, die während einer Katastrophe entstehen könnte, berücksichtigen. Solche Überlegungen scheinen notwendig zu sein, aber sie können auch im Architekten Entsetzen hervorrufen über die Folgen, die etwa ein Bombardement oder ein Unfall in einem Atomkraftwerk haben könnte.
Vielleicht sollten wir, um uns nicht von solchen Gedanken lähmen zu lassen, einmal furchtlos den Prozeß untersuchen, der zu so einer Katastrophe führen könnte.
Wäre solch ein Unglück nicht vermutlich das Ergebnis einer langen Reihe von Ereignissen? Viele Dinge gehen ihm voran — alle mit Hilfe des Denkens geschaffen. Natürlich entwirft keine Bombe sich selbst. Keine Bombe setzt sich selbst zusammen. Keine Bombe macht sich selbst scharf. Vor jedem Schritt kommt das menschliche Denken. Vorurteile zwischen zwei Nationen können zum Beispiel Argwohn hervorrufen, der auf Unwissenheit beruht. Als nächstes können Haß und Furcht aufkommen. Einschüchterung, Tyrannei, Habgier, Selbstsucht und Stolz können ebenfalls Glieder dieser Gedankenkette sein.
Die wichtige Frage ist nun: Müssen wir wirklich diesen Prozeß mitmachen? Oder können wir irgend etwas gegen die drohende Gefahr und Zerstörung tun? Ja, das können wir, denn wir haben es — Wie die Christliche Wissenschaft erklärt — mit einer mentalen Ursache zu tun.
Kann Gebet helfen? Ja! Aber nicht, wenn wir nur Gott bitten, etwas gegen eine Situation zu tun, und dann die Hände in den Schoß legen und darauf warten, daß die Situation sich ändert. Im ersten Kapitel von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift zeigt Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft,Christian Science (kr´istjen s´aiens) uns aus einer durchschlagenden neuen Perspektive, was echtes Gebet ist. Sie schreibt: „Gebet kann die Wissenschaft des Seins nicht ändern, aber es dient dazu, uns mit ihr in Einklang zu bringen. Güte erreicht die Demonstration der Wahrheit.“
Ich fragte kürzlich einige Sonntagsschüler, was sie unter Beten verstehen. Ein Kind gab zur Antwort: „Ich glaube, beten heißt, daß man zuerst mit Gott spricht, dann auf Ihn lauscht und schließlich das tut, was Er einem sagt.“ Für diesen Jungen gehörte zweifellos Handeln mit zum Gebet. Zwiesprache mit Gott ist ein erster Schritt. Aber sind wir immer bereit, das zu tun, was Gott, das göttliche Gemüt, uns eingibt? Und handeln wir dann auch tatsächlich in Übereinstimmung mit unserem Gebet?
Wenn wir wirklich unsere Antwort von Gott erhalten, ist es immer eine heilende Antwort. Sie beginnt die vermeintliche Kette zerstörerischen, materialistischen Denkens zu sprengen. Es kann sein, daß sie diese Kette Glied für Glied auflöst, aber sie kann auch plötzlich Befreiung bringen durch die Erkenntnis, daß Geist, Gott, wahrhaftig die einzige Wirklichkeit vom Sein des Menschen ist.
Als Architekt leitete ich einmal ein Team von Beratern bei einem der größten Bauprojekte in Stockholm. Der Komplex wurde für die schwedische Industrievereinigung gebaut. Während der Bauarbeiten traten Schwierigkeiten auf. Einige Leute schrieben die Schuld an diesen Fehlern allein mir zu. Ich konnte keinen Grund hierfür sehen, aber ihr Mißtrauen und ihr Verdacht schienen sehr real zu sein. Das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit, die zuvor geherrscht hatten, waren verschwunden. Hier war nun wirklich eine Gelegenheit zum Beten.
Jeden Morgen studierte ich besonders gründlich die Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. Ich wandte mich an Gott, das göttliche Gemüt. Ich lauschte. Und ich lernte eine Menge über das tatsächliche geistige Wesen des Menschen als Geschöpf des göttlichen Gemüts. Mir wurde langsam klar, daß der von Gott erschaffene Mensch ganz natürlich göttliche Intelligenz, Frieden, Mut und Gelassenheit ausdrückt. Ich erkannte daher, daß ich einfach nicht unbedacht auf Anschuldigungen zu reagieren brauchte. Ich konnte Furcht, Unsicherheit, Einschüchterung, Stolz und viele andere vermutliche Glieder in der destruktiven Kette schädlicher Gedanken zum Schweigen bringen.
Als ich mich bemühte, das zu tun, begriff ich, daß der zu Gottes geistigem Bild und Gleichnis geschaffene Mensch in Wirklichkeit niemals von diesen destruktiven Elementen berührt oder behindert wird. Schließlich konnte ich einer einfachen geistigen Eingebung folgen, die — wie mir klar war — von Gott stammte. Wenn ich in Worten ausdrücken sollte, was diese göttliche Botschaft damals war, würde ich sagen: „Reagiere niemals auf Ärger! Arbeite mit Meinen Söhnen zusammen, wie du es schon immer angestrebt hast.“ Das ist natürlich die Botschaft Christi Jesu selbst.
Glied für Glied wurden falsche Reaktionen durch gottinspirierte ersetzt, die uns in wahrer Brüderschaft verbinden. Nach ein paar Tagen hatte sich die Atmosphäre entspannt. Es gab keine falschen Anschuldigungen mehr. Das Bauvorhaben konnte in Harmonie fortgeführt werden, bis es vollendet war.
Nicht nur in einem einzelnen Fall, sondern in jeder Lebenslage ist es möglich, den negativen Prozeß materieller Argumentation zu überwinden. Wir müssen uns fragen: Bin ich wirklich frei von unbegründetem Verdacht gegenüber anderen Menschen? Gibt es auch nur eine Spur von schädlicher Voreingenommenheit in meinem Denken? Gibt es Furcht? Oder Haß? Bin ich stolz, einer besonderen Nation anzugehören, und setze ich damit vielleicht den Wert anderer Menschen herab? Und was am wichtigsten ist: Wir müssen verstehen, daß nicht eine dieser Eigenschaften von dem einen wirklichen Gemüt des Menschen, das Gott ist, zum Ausdruck gebracht wird.
Im zweiten Brief des Petrus wird ein wundervoller Gedankengang geschildert, der aus allem verletzenden oder ängstlichen Denken herausführt. Der Verfasser dieses Briefes nennt dort Eigenschaften, die unser gottgeschaffenes Selbst enthüllen und die für eine gute Lebensführung unerläßlich sind. Es sind Eigenschaften, die natürlich von der göttlichen Wahrheit und Liebe stammen. Manchmal jedoch müssen wir ringen, bis wir diesen göttlichen Impuls erkennen und den Punkt erreichen, wo wir das göttlich Wahre auch ausdrücken. So sagt uns der Verfasser des Briefes, daß wir „alle Mühe“ daran wenden müssen, solche Eigenschaften auszudrücken. Und dann fordert er uns auf, mit dem „Glauben“ anzufangen, aber „Tugend“ oder Güte hinzuzufügen.
Auf diese Weise beginnen wir, die Wirklichkeit der Schöpfung Gottes wahrzunehmen, die ja schon immer bestanden hat, aber jetzt deutlicher sichtbar wird. Es gibt uns „Erkenntnis“ — wir erkennen das Wirkliche. In dieser Erkenntnis wird uns klar, daß wir „Mäßigkeit“ oder Selbstkontrolle üben müssen, um keinen Rückfall zu erleben. Ferner setzt der Verfasser noch „Frömmigkeit" hinzu, Hingabe an Gott. Dieser ganze Prozeß befähigt uns, mehr in Übereinstimmung damit zu leben, wer wir wirklich sind — der eigentliche Ausdruck des Wesens Gottes, des Geistes.
Der nächste Schritt ist dann, daß wir unsere Beziehung zu allen Ideen Gottes erkennen — das heißt unsere Beziehung zur Schöpfung des göttlichen Gemüts. Wir verstehen und praktizieren „brüderliche Liebe" oder Brüderlichkeit. Niemand ist ausgeschlossen. Das Resultat ist „Liebe". Und Liebe ist Gott, in dem alle Individualität fest verankert ist.
Dieser wundervolle Prozeß der Vergeistigung aktiviert uns. Er führt uns aus der Furcht ins Licht, wo die Fesseln materialistischen Denkens fallen. Er führt uns heraus aus der lähmenden Furcht vor irgendeiner Gefahr. Er gibt uns einen immergegenwärtigen Schutz. Es stimmt, was in Wissenschaft und Gesundheit steht: „Liebe ist der Befreier."
