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Beginnend mit dieser Ausgabe werden wir im Herold gelegentlich Ausführungen zu einigen Aspekten der Bibel bringen, die für unsere Leser von besonderem Interesse sind.

Ein Blick in die Bibel: Jesus und die Pharisäer

Aus der Dezember 1992-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Zu Jesu Zeiten waren die Pharisäer die bestimmende religiöse Kraft im Judentum. Wie der jüdische Geschichtsschreiber Josephus im ersten Jahrhundert berichtet, hatten sie große „Gewalt über die Menge”. Es wurde allgemein erwarter, daß sie das jüdische Gesetz kompetent auslegten und andere in dieser Beziehung „übertrafen” (The Works of Josephus: New Updated Edition).

Die Pharisäer legten großen Wert auf strikte Einhaltung der religiösen Gesetze. Sie forderten zur täglichen Anbetung in den örtlichen Synagogen auf. Sie bestanden darauf, daß jeder Jude die religiösen Gesetze bezüglich Diät, Reinigung und Heiligung des Sabbats genau beachten sollte.

Da für die Pharisäer Anbetung nicht nur auf den Tempel in Jerusalem beschränkt war, sondern den Mittelpunkt im täglichen Leben der Menschen bildete, waren sie die größte religiöse Gruppe der Juden, die die Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr. während der fehlgeschlagenen jüdischen Revolte gegen die römische Obrigkeit überdauerte. Ihr Wirken in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten legte die Grundlagen für das, was seitdem rabbinisches Judentum genannt wird und somit die religiöse Tradition der Juden bis in unsere Zeit entscheidend geprägt hat. Die Evangelien vermitteln uns jedoch ein anderes, ein strengeres Bild von den Pharisäern. Und zwar kritisierte Jesus sie oft als die Vertreter geistiger Heuchelei, die auf der strikten Einhaltung religiöser Gesetze bestanden, aber „der Menschen Satzungen” an die Stelle von „Gottes Gebot” setzten.

Jesus war nicht gegen die Einhaltung des mosaischen Gesetzes. Aber wahre Religion — das war für ihn allein die treue, aufrichtige Einhaltung der dem Gesetz zugrundeliegenden geistigen Forderungen, nämlich der Gebote: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften” und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.”

Natürlich war auch den Pharisäern der Gehorsam gegen diese Gebote wichtig, aber die Fragen der religiösen Reinheit und äußerlichen Einhaltung von Gesetzen beschäftigten sie so sehr, daß sie, wenn sie von Religion sprachen, tatsächlich etwas ganz anderes meinten als das, was Jesus meinte. Für Jesus war „Frömmigkeit” — ja sogar große Frömmigkeit — im gewöhnlichen Sinne nicht genug. Religiosität bedeutete für ihn nicht die äußerliche Einhaltung von Regeln, sondern die direkte Beziehung jedes einzelnen zu Gott. Mit den Worten des Fachgelehrten Norman Perrin: Jesus „bestreitet kategorisch, daß es in der Welt oder im menschlichen Leben irgendwelche äußerlichen Umstände gibt, die einen Menschen von Gott trennen können; nur durch seine eigene Einstellung oder sein eigenes Verhalten kann der Mensch von Gott getrennt werden” (Rediscovering the Teachings of Jesus).

Natürlich verurteilte Jesus die Menschen nicht, nur weil sie Pharisäer waren, noch mied er ihre Gesellschaft in einer Weise, die selbst „pharisäerhaft” gewesen wäre. Aber er stellte unmißverständlich den Unterschied heraus zwischen wahrer Religion, wie er sie lehrte, und konventioneller Religiosität, wie sie durch seine pharisäischen Kritiker vertreten wurde.

Der Unterschied zwischen Jesus und den Pharisäern kann demnach nicht nach rein theologischen Merkmalen gemessen werden. Vielmehr geht es um den Kern dessen, was es bedeutet, ein wirklich religiöses Leben zu führen.

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