Unabhängig Zu Sein ist für viele Menschen ein aufregendes Ziel. Für meine halbwüchsige Tochter drückte sich diese Unabhängigkeit in noch lauterer Musik und mehr ungestörter Zeit zum Telefonieren aus!
Ich selbst baute vor einigen Jahren eine selbständige Beraterfirma auf, wobei ich hohe Erwartungen hegte, Freunde und die Familie aber nur wenige ermutigende Worte für mich hatten. Schließlich eröffneten sich ein paar geschäftliche Möglichkeiten, und mir wurde etwas finanzielle Unterstützung gewährt. Doch die langfristigen Aussichten waren ziemlich trostlos, zumal die Ersparnisse unserer Familie schrumpften. Die ganze Zeit über beteten meine Frau und ich um irgendeine Hilfe, aber keine war in Sicht.
Die Wende kam an einem Nachmittag, als ich Monitor Radio hörte, die Nachrichtensendung des Christian Science Monitors. Ich befand mich durch den Geschäftsrückgang und wegen der möglichen Zwangsversteigerung unseres Hauses in besonders gedrückter Stimmung, als ein Bericht über die Menschen im Libanon mich aufhorchen ließ. Einige Libanesen wurden gebeten, über ihre Gefühle während der Jahre der Zwietracht und des Bürgerkrieges zu sprechen.
Beim Zuhören wurde mir klar, daß wir zwar in verschiedenen Teilen der Welt lebten und sehr unterschiedliche Gründe für unsere Entmutigung, Verzweiflung, ja sogar unseren Zorn hatten, daß es aber in dem vom Krieg zerrissenen Land Menschen gab, die Hoffnung und Frieden viel besser finden und sich bewahren konnten als ich. Die Bemerkungen eines Mannes halfen mir ganz besonders. Auf die Frage, worauf er sich freue, antwortete er: „Zu leben! Wirklich, einfach zu leben. Jetzt möchte ich leben!” ( Monitor Radio, 22.Juni 1984, „Stimmen aus Beirut“)
Was er sagte, stärkte mich. Aber es waren weniger die Worte an sich als das, was sich in seinem Entschluß ausdrückte, inmitten von so viel Verzweiflung und Zerstörung Leben und Frieden zu finden. Dies war ein Vorbild voller Hoffnung, wie ich es damals benötigte, und es erinnerte mich daran, daß ich nicht auf eine Veränderung der menschlichen Umstände zu warten brauchte, ehe ich ein höheres, vergeistigteres Bewußtsein von Frieden und Freude in meinem Leben finden konnte. Und das fand ich, als ich weiter betete und mich unerschütterlich an Gott wandte.
Christus Jesus lehrte uns, daß ein Herz, das nach all dem hungert, was dem Menschen als Gleichnis Gottes, dem Guten, zusteht, satt wird. Ich erkannte, daß das Bewußtsein von Gottes beständiger Liebe und Fürsorge für den Menschen nicht von Zeit oder Umstand abhing und daß der Frieden und die Harmonie, die es in meinem Leben während dieser schwierigen Zeit nicht zu geben schien, in Wirklichkeit nie gefehlt hatten.
Die göttliche Botschaft vom immergegenwärtigen Guten durchbricht das trügerische Gefühl von Qual und Entmutigung und läßt uns eine Freude und einen Trost spüren, die beide völlig geistig sind und von Geist, Gott, kommen. Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, schreibt Mrs. Eddy über die Auswirkungen widersprüchlicher materieller Meinungen: „Wahrheit und Liebe sind Gegenmittel gegen mentalen Krankheitsstoff, und so stärken und erhalten sie das Dasein.“
Wir können nicht von Wahrheit und Liebe getrennt werden, egal, wie sehr ein sterbliches, materielles Daseinsbewußtsein auf dem Gegenteil besteht. Der belebende Geist der Wahrheit und Liebe ist allumfassend und durchdringt sogar die dunkelste menschliche Lebenslage. Er erleuchtet und tröstet immer und „verbreitet“ ständig seine heilende Botschaft an die Menschheit. Mrs. Eddy schrieb an eine Zweigkirche Christi, Wissenschafter: „Wir können sicher sein, daß mit Frieden und Liebe beschwingte Gedanken einen stillen Segen über die ganze Erde ausströmen, daß sie mit der göttlichen Macht zusammenwirken und unbewußt das Werk Seiner Hände behüten“ (Vermischte Schriften).
Unser ernsthaftes, tiefempfundenes Gebet offenbart uns diese geistige Gegenwart und erhaltende Kraft und zeigt uns — sogar bei nur flüchtigem Einblick — die immergegenwärtige zärtliche Umarmung unseres Vater-Mutter Gottes. Wie die Christliche Wissenschaft erklärt, ist dieses geistige Bewußtsein unserer Beziehung zu Gott nicht irgendeine zeitlich begrenzte oder eingebildete Zuflucht vor menschlichen Schwierigkeiten. Ganz im Gegenteil: Es ist unsere angeborene geistige Fähigkeit, zu erkennen und zu spüren, was Gott, der eine Schöpfer, uns beständig über die Wirklichkeit mitteilt — über Seine vollkommene Schöpfung und deren harmonische, nie beeinträchtigte Regierung unter dem göttlichen Gesetz.
Der Zweck unseres Gebets ist nicht, etwas zu erhalten, was wir nicht haben, sondern uns dessen bewußt zu werden, was wir als die Kinder Gottes bereits besitzen. Dies bedeutet auch, daß wir alles Mißtrauen, allen Groll und Pessimismus ablegen — alles, was unser wahres geistiges Selbst und unser reiches Erbe als Gottes Gleichnis verbergen möchte — und danach streben, in uns und anderen Sanftmut, Ehre, Brüderlichkeit und Freude zu sehen: die geistigen Eigenschaften, die wir instinktiv als die Substanz wahren Lebens erkennen.
Unterschied sich nicht darin Christi Jesu Auffassung von Leben und Frieden — als gottgegeben und beständig — von dem verzerrten Begriff, den die Welt davon hatte, die Leben und Frieden als etwas betrachtete, was dem Menschen genommen werden konnte? Und liegt darin nicht die heilend Kraft der Botschaft, die Jesu Leben noch immer unter seinen Nachfolgern verbreitet: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.“?
Jesus gab uns seinen Frieden, und sein Beispiel berührt und veredelt auch heute die empfänglichen Herzen und das Leben von Männern und Frauen auf der ganzen Welt.
