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Ein höheres Gesetz regiert die Geschäftswelt

Aus der März 1992-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ganz Schön Schwer, was?“ sagte mein Freund. Und so war es auch. Mein Freund wußte, daß ich noch immer nicht den rechten Arbeitsplatz gefunden hatte. Mir war klar, daß ich mir gezielter und intensiver über meine Beschäftigung und mein Einkommen Gedanken machen mußte. Aber zu meiner Überraschung merkte ich, daß sich mein Denken immer mehr mit grundlegenderen Fragen des menschlichen Lebens beschäftigte: zum Beispiel damit, was Wirtschaft und Gesetz im tieferen Sinne bedeuten.

Gesetz? Ja, denn lange Zeit hatte ich hingenommen, daß mein Leben von bestimmten Gesetzen regiert wurde. Bevor ich zur Christlichen Wissenschaft fand, waren diese Gesetze die einzigen Gesetze, die ich kannte. Sie erschienen mir völlig logisch. So hatte ich es immer als ein Gesetz der Wirtschaft akzeptiert, daß sich mein Einkommen aus meiner Berufstätigkeit herleitet, daß dieses Einkommen die Grundlage für Wohnung und Lebensunterhalt meiner Familie bildet. Für mich war es ein Naturgesetz des Lebens, daß Arbeit Erfüllung bringt, des weiteren eine gewisse gesellschaftliche Anerkennung unter Kollegen und bei Freunden. Dreh- und Angelpunkt war der Arbeitsplatz. Als ich nach 25 Jahren ohne Arbeitsplatz dastand, schien den Gesetzen der Wirtschaft und der Gesellschaft zufolge mein Lebensstandard, mein Selbstvertrauen und meine Stellung in der Gesellschaft in Gefahr zu sein.

Ich hatte, ohne weiter darüber nachzudenken, vorausgesetzt, daß der Sozialphilosoph Adam Smith, der im 18. Jahrhundert gelebt hat, mit seiner Definition des folgenden Wirtschaftsgesetzes (in seinem Buch Wealth of Nations) wohl recht gehabt hatte: Wenn jeder seinem Eigennutz folge, würde die „unsichtbare Hand des Kapitalismus“ den Markt regulieren und eine allumfassende Ordnung schaffen. Das Streben des einzelnen nach Besserstellung, in dauerndem Wettstreit mit anderen, würde die Preise und Kosten niedrig halten. Löhne, Mieten und Gewinne würden durch einen gigantischen, sich selbst korrigierenden Wirtschaftsmechanismus verteilt werden. Das sprach mich sehr viel mehr an als die Theorie von Karl Marx, daß der Klassenkampf der Motor des Fortschritts sei.

Und doch wird uns in der westlichen Welt in Presse, Fernsehen und Rundfunk immer wieder vor Augen geführt, daß die Politik der freien Marktwirtschaft neben ihren Vorteilen auch viele Gefahren in sich birgt: harte Konkurrenzkämpfe, hohe Preise, plötzliche Arbeitslosigkeit, überzogene Werbeversprechungen, Obdachlosigkeit, enormer Müllanfall, Umweltverschmutzung. Die Staaten Osteuropas wollen jetzt in aller Eile die freie Marktwirtschaft einführen — und sicherlich ist es richtig, daß sie besser ist als das System, das ihnen in den vorangegangenen Jahrzehnten aufgezwungen worden war. Aber die freie Marktwirtschaft als solche ist keineswegs ein Allheilmittel. Ich mußte mich plötzlich nach einer neuen Anstellung umsehen — und das in einem Alter, in dem ich nach den Gesetzen der Marktwirtschaft dem Ende meines Arbeitslebens näher stand als dem Anfang.

Ich unternahm alle erdenklichen menschlichen Schritte, um einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu behalten. Mir kam dabei der Gedanke, daß ich mich einmal genauer mit all den „Gesetzen“ beschäftigen sollte, die ich bislang als Gesetz hingenommen hatte. Vielleicht gab es andere, grundlegendere Gesetze, die ich verstehen lernen mußte.

Wenn Christen Schwierigkeiten haben, greifen sie zur Bibel, und darum suchen auch Christliche Wissenschafter ganz natürlich Hilfe in der Bibel. Ferner greifen sie zu einem Buch, das die Entdeckerin und Begründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjen s’aiens), Mary Baker Eddy, geschrieben hat: Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Schon oft hatte ich in diesem Buch gelesen und Frieden und Freiheit von Begrenzungen gefunden, wenn ich über Gott nachgedacht hatte, den die Verfasserin als „unkörperliches, göttliches, allerhabenes, unendliches Gemüt, Geist, Seele, Prinzip, Leben, Wahrheit, Liebe“ beschreibt. Sie erklärt auch, was das für den Menschen, das Geschöpf Gottes, bedeutet. Sie schreibt: „Der Mensch ist Idee, das Bild der Liebe, er ist kein körperlicher Organismus.“ Diese radikalen — ja, revolutionären — Ideen stürzen alle allgemein angenommenen Ansichten über die Gottheit, den Menschen und das Leben um. Sie führen zu geistigen, nicht zu materiellen Ausblicken.

Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß das wirkliche, tatsächliche Selbst des Menschen keine begrenzte, unreife, um seine Existenz kämpfende Zusammensetzung aus Gemüt und Materie ist, die von einem materiellen Einkommen und einer materiellen Beschäftigung abhängt. Vielmehr ist es die unmittelbare Gutheit Gottes, die Intelligenz des Gemüts, die Wahrheit der Wahrheit, die Schönheit der Seele, die Liebe der Liebe, die sich individuell mit eindeutig unterscheidbarer Identität ausdrücken, aber nicht in einem von Gott getrennten Sein.

Hat das menschliche Denken diese ewigen Wahrheiten erst einmal akzeptiert, so werden die Fesseln begrenzter Lebensvorstellungen nach und nach aufgebrochen. Die Christliche Wissenschaft sagt keineswegs, daß man das menschliche Leben ignorieren oder ihm ausweichen soll, indem man Zuflucht sucht bei abstrakten Ideen, die keinen Bezug zum Alltag haben. Vielmehr ist es so, daß die Vorstellung von einem sterblichen Leben beseitigt wird, wenn wir verstehen, daß das unendliche Gemüt eine Wirklichkeit und immer gegenwärtig ist; die Sterblichkeit erweist sich in Wahrheit nicht als ein Gesetz für die Menschen, sondern als Lüge über Gott und den Menschen.

Gottes Eigenschaften, sofern wir an ihnen festhalten, wandeln und veredeln die menschliche Erfahrung des einzelnen. Jesus bewies das während seines kurzen Erdenlebens. Das Aufdämmern der geistigen Wahrheit im menschlichen Bewußtsein ist die Wirkung des Christus. Heilung und Erneuerung sind die äußeren Anzeichen dafür, daß wir auf den Christus ansprechen. Für die Christlichen Wissenschafter ist der Christus die göttliche Idee der Wahrheit, und sie heilt.

Sind wir Egoisten, wenn wir die geistigen Eigenschaften in uns stärken? Ganz im Gegenteil. Jedesmal wenn die Wahrheit erkannt wird, wird die Summe augenscheinlicher Begrenzung, Krankheit und Unwissenheit überall verringert. Das Gute wird verherrlicht. Das Böse wird entlarvt; man erkennt, daß es eine leere Hülse ist — unwirklich. Werden wir uns der Gegenwart Gottes bewußter, so verlieren die sogenannten Gesetze des menschlichen Lebens, die uns so wirklich erscheinen, ihre Macht, sie können uns nicht länger begrenzen oder unser Leben definieren.

Bevor wir Gottes geistige Wirklichkeit erfassen, sind wir wie Elisas furchtsamer Diener in der Bibel (im zweiten Buch der Könige), der um Hilfe rief, als er die Symbole materieller Gewalt — Pferde und Wagen — um sich her sah. Aber Elisa fürchtete sich nicht davor. Er war Gott so nahe, war sich Seiner so bewußt, daß er seinem Diener tröstend sagen konnte: „Fürchte dich nicht, denn derer sind mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind!“ Das heißt: Gottes Macht und Gegenwart sind wirklich und wirksam, und menschliche Mächte und Gesetze müssen sich der göttlichen Gegenwart unterwerfen. Plötzlich verstand der Diener. Als er wieder um sich sah, erblickte er „feurige Rosse und Wagen“ um sich — die göttliche Macht. Auch wir können diese göttliche Macht empfinden und erleben.

Ich las von neuem in Wissenschaft und Gesundheit und kam dabei an eine Stelle, die ich früher kaum beachtet hatte. Im Kapitel „Die Betätigung der Christlichen Wissenschaft“ findet sich eine Allegorie, „die das Gesetz des göttlichen Gemüts und die vermeintlichen Gesetze der Materie und der Hygiene veranschaulicht, eine Allegorie, in der die Einrede der Christlichen Wissenschaft die Kranken heilt“.

In dieser Allegorie wird der Verlauf einer schweren Krankheit so geschildert, als handele es sich um eine Gerichtsverhandlung. Zuerst wird der Prozeß nach den Gesetzen und den Verfahrensvorschriften des sterblichen Denkens geführt. Der Vorsitzende ist Richter Medizin. Der Sterbliche wird beschuldigt, er habe die Gesundheitsgesetze dadurch gebrochen, daß er eine Woche lang jede Nacht bei einem kranken Freund wachte, außerdem tagsüber arbeitete, nur unregelmäßig aß und so seine Leber schwer schädigte. Kläger ist der Persönliche Sinn, sein Anwalt Falsche Annahme. Die Sterblichen Gemüter sind die Geschworenen. Allerdings konnte ich keinen Hinweis auf einen Verteidiger finden — und das aus einem einfachen Grund: er fehlt in diesem ersten Teil der Allegorie. Die Zeugen der Anklage bestätigen die einzelnen Symptome. Dann wird allgemein festgestellt, daß der Angeklagte den Gesetzen des physischen Menschen unterworfen sei. Richter Medizin verkündet das Todesurteil.

Mir wurde bewußt, wie sehr doch dieses Verfahren der allgemeinen menschlichen Erfahrung entspricht: Alle möglichen Zeugen argumentieren, daß der Mensch teils geistig, teils körperlich sei, daß er auf Gedeih und Verderb der Krankheit und dem Tode ausgeliefert sei oder auch ökonomischen Veränderungen, persönlichem Ehrgeiz, politischen Winkelzügen, Tyrannei, persönlicher Gesetzesauslegung, korrupten Gesetzen und physischer und mentaler Umweltverschmutzung.

Wenn wir, wie der Mann in der Allegorie, vor dem Gericht des Irrtums gegen diese Beschuldigungen vorgehen, wo sterbliche Annahmen zugleich Richter und Geschworene sind, ist das Urteil schon längst gefällt: Wir werden schuldig gesprochen, weil wir die sterblichen Gesetze ja schon als wirklich und mächtig anerkannt haben. Aber als ich weiterlas, dämmerte mir, daß ich mich an ein neues Gericht wenden konnte. Ich konnte die Zuständigkeit eines ganz anderen, eines höheren Gesetzes anrufen.

Im zweiten Teil der Allegorie hat sich die Situation völlig verändert. Das Verfahren richtet sich nicht nach dem sterblichen, sondern nach dem geistigen Gesetz. Der neue zuständige Gerichtsort ist der Gerichtschof des Geistes. Die neuen Geschworenen sind die Geistigen Sinne. Der neue Richter ist die Gerechtigkeit. Und plötzlich tritt ein machtvoller Verteidiger auf — die Christliche Wissenschaft; sie setzt sich vorbehaltlos für den Geist ein: „Das einzig rechtsgültige Zeugnis in diesem Fall beweist, daß das angebliche Verbrechen niemals begangen worden ist“. Der Christlichen Wissenschaft zufolge besteht das geistige Grundgesetz des Seins darin, daß der wahre Mensch, Gottes Offenbarwerdung oder die Offenbarwerdung des göttlich Guten, gegen die einengenden und zerstörerischen sogenannten Naturgesetze keinen Rechtsbruch begehen kann, weil er nur einem Gesetz untertan ist: dem ganz und gar liebevollen Gesetz des unendlichen Gottes. Im weiteren Verlauf der allegorischen Gerichtsverhandlung widerlegt die Christliche Wissenschaft Punkt für Punkt alle früheren Zeugenaussagen.

Ich erkannte, daß auch ich vor dem Gericht des Geistes und nach Maßgabe der göttlichen Statuten jede Suggestion von Begrenzung durch sterbliche Gesetze zurückweisen mußte, bis ich die tatsächliche Gegenwart dessen verspüren konnte, was in Wahrheit schon immer dagewesen war: die göttliche Aktivität, die unendliche Fülle erhaltender Eigenschaften, die Gott Seiner Idee, dem Menschen, verleiht.

Gegen Ende der Gerichtsverhandlung darf kein früherer Zeuge der Anklarge mehr vor Gericht aussagen. Die falschen Zeugen werden zum Schweigen gebracht, und unausweichlich führt das zu einem Urteilsspruch zugunsten von Gesundheit und Harmonie. Die Geschworenen, die Geistigen Sinne, sprechen den Menschen „Nicht schuldig“, und der Gefangene richtet sich auf — „neugeboren, stark und frei“.

Ich betete für meine Situation und begann, wie ich es noch nie zuvor getan hatte, die Gesetze zu widerlegen, die den Menschen in materielle Abhängigkeit zum Geld stellten. Ich erkannte, daß der Mensch, die Idee des unendlichen Gemüts, unkörperlich ist und von geistigen Eigenschaften erhalten wird. Der Mensch, die Idee der Liebe, wohnt im Bewußtsein der Liebe. Das Gesetz des Lebens bestimmt, daß der Mensch — als Idee des Geistes — völlig geistig sein muß. Er ist immerdar aufrecht, erhöht von der einzig adelnden Macht, die es geben kann: von der unendlichen Wahrheit. Die menschliche Würde leitet sich aus dem ab, was das unendliche Gemüt über den Menschen weiß und wie es ihn erhält: nämlich vollkommen und keiner geringeren Intelligenz unterworfen, die seinen Wert mindern oder gar untergraben könnte.

Ich brachte mein Anliegen vor das höhere Gericht des Geistes und berief mich auf die Christliche Wissenschaft als meinen Verteidiger. Christus Jesus zeigt uns vorbildlich, wie wir alle Zeugen gegen Heilung und Erlösung zum Schweigen bringen können. Er widerlegte das Zeugnis des Hungers, der Krankheit und der Sünde — und sogar das des Todes.

Es ist hier und jetzt möglich, die Zeugen der Anklage, die der Irrtum gegen den Menschen aufbietet, zum Schweigen zu bringen. Als ich das geistige Gesetz besser verstehen lernte, öffnete sich mir der Weg zu einer lohnenden beruflichen Aufgabe. Ein grundlegender Wandel meiner Anschauungen hatte mein Leben verändert und einen Wechsel meines Wirkungsbereichs mit sich gebracht. Andere Aufgaben folgten, und durch sie eröffneten sich mir neue Möglichkeiten, an die ich nie gedacht hätte. Ich war sehr dankbar dafür, aber noch dankbarer war ich, daß ich etwas über „Gesetz“ in seiner höheren Bedeutung gelernt hatte.

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