Der Karfreitag Dient der Erinnerung an die Kreuzigung Christi Jesu. In englischsprachigen Ländern wird er „guter Freitag“ genannt, weil die Christen glauben, Jesu Opfer am Kreuz sei für ihre Erlösung notwendig gewesen. Kein Christ wird die Botschaft dieses Tages leichtherzig betrachten, doch sie enthält vieles, was uns in dieser ernsten Zeit trösten kann.
In gewissem Sinne ist der Karfreitag das Gedenken an ein scheinbares Ende, eine Zeit, in der dem Anschein nach das Gute vom Bösen zum Stillstand gebracht wurde. Hoffnung wandelte sich in Verzweiflung, Sieg in Niederlage. Für diejenigen, die das Karfreitagsgeschehen persönlich miterlebten, muß es eine unglaublich finstere Zeit gewesen sein. Was sie nicht wußten, aber ein paar Tage später erkennen sollten, war, daß das Böse niemals siegt. Und genau das macht die Botschaft des Karfreitag auch für uns alle zu einer Botschaft der Hoffnung.
Wohl keiner von uns wird jemals dermaßen von Furcht und Verzweiflung ergriffen werden, wie es die Jünger während der Kreuzigung erlebt haben müssen. Aber sicherlich gibt es Momente der Trostlosigkeit, wo jede Hoffnung zu schwinden scheint und die Flamme der Freude erlischt. In solchen Zeiten birgt die Trauer des Karfreitag eine Botschaft der Hoffnung und Freude, wenn wir unsere Gedanken auf Christi Jesu Leben und Auferstehung richten. Jesu Leben rührt uns an, weil auch er Leid kannte. Im Buch des Propheten Jesaja lesen wir im Zusammenhang mit einer Prophezeiung über den Messias: „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und wohlvertraut mit Leid.“ Jes 53:3 (nach der engl. King-James-Bibel).
Jesus war sich zeit seines Lebens der Wahrheit dieser Prophezeiung bewußt. Und doch konnte er, wie im Johannesevangelium berichtet wird, in der Nacht seines Verrats zu seinen Jüngern sagen: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet weinen und klagen, aber die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.“ Joh 16:20.
Die Auseinandersetzung mit seinen Verklägern und die Kreuzigung standen ihm noch bevor. Aber sein Vertrauen in Gottes erlösende Macht war so stark, daß er seinen Nachfolgern diese Verheißung geben konnte. Und tatsächlich bewahrheiteten sich seine Worte in der Auferstehung. Jesu Vorbild kann uns helfen, wenn wir uns durch dunkle Nächte oder problembeladene Tage hindurchringen. Selbst als noch kein Sieg in Sicht war, selbst bevor das letzte Kapitel geschrieben war, konnte Jesus seinen Nachfolgern sagen: „Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden.“ Seine Auferstehung zeigt, wie die vermeintliche Niederlage des Guten in einen anhaltenden Sieg verwandelt wurde; und sie soll auch unsere eigenen Bemühungen stärken bei der Hinwendung zu Gott, dem Guten.
Die Jünger müssen Jesu Kreuzigung völlig verständnislos gegenübergestanden haben. Hatten sie nicht fast drei Jahre lang miterlebt, wie der Meister predigte, lehrte, heilte und andere Wunder vollbrachte — alles durch sein Verständnis von Gott als immergegenwärtiger Liebe? Und hatte er sich nicht bemüht, ihnen etwas von diesem Verständnis mitzuteilen? Als er gekreuzigt wurde, schien es, als ob sein ganzes Werk umsonst gewesen sei. Ihre eigenen Anstrengungen als Heiler und Lehrer kamen ihnen sinnlos vor. Außerdem mögen sie befürchtet haben, selbst auch in Gefahr zu sein.
Man kann sich leicht vorstellen, welche Wirkung Jesu Auferstehung auf die Jünger gehabt hat. Mary Baker Eddy schreibt dazu in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Seine Schüler sahen, wie diese Kraft der Wahrheit die Kranken heilte, Übel austrieb, die Toten erweckte; aber das Endziel dieses wunderbaren Werkes wurde nicht geistig erkannt, selbst nicht von seinen Schülern, bis nach der Kreuzigung, als ihr makelloser Lehrer vor ihnen stand, der Sieger über Siechtum, Sünde, Krankheit, Tod und das Grab.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 137.
Wie festgefahren die Situation auch sein mag, in der wir uns befinden, und wie sehr sich das Böse als siegreich darstellt, wir können mit den Jüngern an der Osterfreude teilhaben — der Auferstehung Christi Jesu und all dem, was sie für die Menschheit bedeutet. Die Auferstehung hilft uns, die Wirklichkeit von Gottes allmächtiger Kraft zu verstehen.
Es war Jesu Mission, uns Gottes Liebe zum Menschen und unsere Untrennbarkeit von unserem göttlichen Vater klarzumachen. Durch seine Werke zeigte Jesus, daß Gottes Macht kein abstrakter Begriff ist und nur in geringem Umfang oder in Zeiten besonderer Herausforderung verfügbar ist. Das göttliche Gute ist genau da, wo wir sind, ist stets gegenwärtig, wenn wir es brauchen. Und Jesu Auferstehung bewies, daß der Mensch geistig ist, nicht materiell — daß er allein dem göttlichen Leben untersteht und niemals dem Tod unterworfen ist.
Wenn es also zur Zeit düster in Ihrem Leben aussieht, denken Sie an die Dunkelheit, die sich über den ersten Karfreitag senkte, als das Gute vom Bösen verschlungen schien. Sie werden dann sehen, daß Sie nicht allein sind, daß schon andere vor Ihnen die Dunkelheit gekannt haben. Aber lassen Sie es nicht dabei bewenden. Denken Sie an die Verheißung von Ostern, und halten Sie Ausschau nach Gottes barmherziger Macht in Ihrem Leben. Lauschen Sie auf Seine Führung, und Sie werden feststellen, daß keine Nacht so dunkel ist, daß das Licht der Liebe nicht darin scheinen könnte. Und es gibt keine Verzweiflung, die durch das göttliche Leben nicht verwandelt werden könnte.
