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In den neunziger Jahren aufwachsen

Von Motorrädern zur Metaphysik

Aus der April 1995-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ich Lernte Die Christliche Wissenschaft kennen, als ich in meiner Jugend einmal auf einer entlegenen Insel Urlaub machte. Meine Gastgeber hatten vier hübsche Töchter, und eine von ihnen fragte mich, ob ich zum Strand mitkommen möchte. Dort wollte die Familie im Schatten einiger Bäume eine wöchentliche Lektion zum Thema „Wahrheit“ lesen, und zwar aus der Bibel und dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Ich hatte keine Ahnung, worum es dabei ging, aber die Einladung konnte ich einfach nicht ablehnen!

Einige Monate später fing ich eine Schlosserlehre an. In diese Zeit fiel auch der Kauf eines gebrauchten Motorrads. Außerdem begann ich die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft zu besuchen. Ich war ein eifriger Schüler. Zwar versuchte ich damals noch nicht, das Gelernte anzuwenden, aber ich war doch sehr beeindruckt.

Mein Motorrad mußte überholt werden. Daher holte ich mir von meinem Arbeitgeber die Erlaubnis, nach Feierabend in der Werkstatt an dem Motorrad zu arbeiten. Ich verbrachte viele Stunden an den Wochenenden und abends damit, das Motorrad instand zu setzen. Die Arbeit machte mir sehr viel Spaß. Ich hatte vorher schon einige Motorräder gehabt, aber es waren ältere und leistungsschwächere gewesen. Das hier war viel moderner und hatte einen stärkeren Motor. Bei der Arbeit bis spät in die Nacht beflügelte mich der freudige Gedanke an die kommenden Fahrerlebnisse mit meinen Freunden.

Ich wollte vor dem Urlaub mit der Arbeit an der Maschine fertig werden. Deshalb arbeitete ich einige Nächte bis drei Uhr morgens daran. Anschließend mußte ich das Motorrad noch gut dreieinhalb Kilometer nach Hause schieben. Um halb sieben stand ich dann wieder auf, las einen Teil der Lektionspredigt aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft und war um Viertel vor acht wieder an meinem Arbeitsplatz.

Der Höhepunkt kam an einem Freitagabend. Am Sonnabend sollte mein Urlaub beginnen. Es war halb drei Uhr morgens, und ich brauchte nur noch den Getriebedeckel einzubauen und etwas Farbe auf ein Teil aufzutragen, das ich versehentlich zerkratzt hatte. Ich war sehr müde, aber auch sehr gespannt auf das Ergebnis meiner wochenlangen hingebungsvollen Bemühungen.

Als ich den Getriebedeckel aufsetzen wollte, entdeckte ich zu meinem großen Entsetzen, daß ein gehärtetes Drucklager fehlte. Verzweifelt suchte ich überall und stellte alles auf den Kopf; aber alles Suchen war vergeblich. Das Drucklager blieb verschwunden.

Ich wußte mir nicht mehr zu helfen. Ich kannte die Abmessungen des Drucklagers nicht, und da es sich um ein recht kompliziertes Teil handelte, hätte ich es auch nicht anfertigen können. Die nächste Werksvertretung war etwa 600 km entfernt, und von dort noch rechtzeitig vor dem Urlaub ein Ersatzteil zu bekommen — das konnte man gleich vergessen!

So saß ich auf dem Fußboden und weinte bittere Tränen der Enttäuschung, des Zorns, der Ohnmacht und wohl auch der Übermüdung.

Das dauerte etwa zehn Minuten. Dann dachte ich plötzlich: „Das, was du da in der Christlichen Wissenschaft lernst, geht davon aus, daß man mit Gebet jedes Problem lösen kann. Warum versuchst du nicht, einiges von dem, was du gelernt hast, anzuwenden, um deine mißliche Lage zu überwinden?“

Das war eine Herausforderung für mich, denn bis dahin hatte ich nur freudig gelernt. Wie schön war es, zu hoffen, daß das Gehörte wahr ist. Wie schön war es, Glauben zu haben und darauf zu vertrauen, daß es wahr ist. Es war auch schön, die Liebe, das Vertrauen und den Glauben all der Christlichen Wissenschafter zu spüren, die ich kennengelernt hatte. Jedoch hatte ich bisher nicht vor der Notwendigkeit gestanden, das alles für mich zu beweisen. Jetzt war es soweit, jetzt kam es darauf an!

Allein, deprimiert und auf dem Betonfußboden hockend, begann ich auf ganz einfache Art, so gut ich es eben konnte, über die Geschichten in der Bibel nachzudenken. Zumindest saß ich ja nicht in einer Löwengrube, wo ich beten mußte, damit ich nicht gefressen würde.

Meine etwas holprigen Gedanken entwickelten sich etwa so: Im Johannesevangelium hatte ich gelesen: „Alle Dinge sind durch dasselbe [das Wort Gottes] gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.“ Joh 1:3. „Nun, Gott“, sagte ich laut, „wenn Du alle Dinge geschaffen hast, dann schließt das mich, mein Motorrad und auch das Drucklager mit ein! Und als Du das Universum geschaffen hast und dabei warst, den Mond an seinen Platz zu setzen, ist er Dir bestimmt nicht abhanden gekommen!“

Ich mußte mit einem Mal richtig lachen, als ich mir vorstellte, wie Gott eifrig nach dem verlorenen Mond sucht, den Er neben der Erde in die richtige Position bringen will. Weiter überlegte ich: Wenn es wahr ist, daß ich Gottes Bild und Gleichnis bin, und wenn Gott den Mond nicht verlieren konnte, als er ihn brauchte, dann kann auch ich mein Drucklager nicht verlieren, wenn ich es brauche. In der Christlichen Wissenschaft lernen wir natürlich, daß Gott unendlicher Geist ist und daß die Materie niemals Teil Seiner Schöpfung ist. Aber schon die einfache Anerkennung von Gottes umfassender Fürsorge für alles Gute war wie ein Licht für mich. Ich erhob mich vom Fußboden. Ich war nicht mehr deprimiert, sondern bereit, meinen Urlaub demütig ohne mein Motorrad anzutreten. Ich dachte zufrieden, daß ein intelligenter Gott die Herrschaft über alles hat.

Es war inzwischen ungefähr drei Uhr morgens, aber ich entschloß mich, noch die kleine Lackierarbeit fertigzumachen. Das tat ich, und dann ging ich mir die Hände waschen, bevor ich das Motorrad nach Hause schieben wollte. Als ich auf dem Weg zum Waschraum am Werkstatteingang vorbeikam, machte draußen jemand einen fürchterlichen Lärm. Er hämmerte gegen die Tür.

Ich öffnete, und da stand der Werkmeister des Betriebes. Als er mich sah, sagte er: „Richard, um Himmels willen, mach, daß du nach Hause kommst. Du hast schon viel zu lange gearbeitet, und du mußt doch ausgeruht sein, damit du deinen Urlaub antreten kannst!“ Da er wußte, daß ich an meinem Motorrad gearbeitet hatte, fügte er hinzu: „Was macht die Maschine? Du solltest eigentlich fertig damit sein!“

„Tja,“ sagte ich, „ich werde nicht fertig, denn mir fehlt. ..“ Ehe ich ausreden konnte, unterbrach er mich und fragte: „Doch nicht etwa ein Drucklager für die Getriebewelle? Wenn es das ist — das habe ich vor zwei Tagen vor der Werkstattür gefunden! Es ist bei mir zu Hause in der Tasche meines Arbeitsanzuges.“

Können Sie sich meine Gedanken in diesem Augenblick vorstellen? Ich hätte vor Freude an die Decke springen und aus vollem Herzen tausend Halleluja singen können. Ich konnte nur staunen über das, was geschehen war. Aber ich sollte noch mehr von diesem „Engel“ in der Gestalt des Werkmeisters erfahren, als er nämlich fortfuhr: „Ich weiß gar nicht, warum ich heute nacht hier an der Werkstatt vorbeigekommen bin. Ich war bei einer Feier auf dem Lande und muß irgendwie falsch abgebogen sein, denn diese Strecke ist dreizehn Kilometer länger als der direkte Weg. Also komm, Richard, ich nehm’ dich mit nach Hause, hol’ das Teil und bring’ dich zurück.“

Ich war zwar keinem brennenden Busch begegnet und auch nicht mit Blindheit geschlagen worden, aber dieses Erlebnis hatte für mich die gleiche Bedeutung. Die Wirklichkeit der Wahrheit offenbarte sich mir in diesem geistigen Erwachen auf so greifbare und nachdrückliche Weise, daß dies „der Fels“ wurde, auf dem sich seither mein Leben aufgebaut hat.

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