Vor einiger Zeit veröffentlichte eine brasilianische Tageszeitung einen Artikel, in dem der Autor behauptete, dass Hass Macht habe. Wenn man im Radio oder Fernsehen die Nachrichten hört, hat man oft den Eindruck, dass diese Behauptung stimmt.
Was verstehen wir eigentlich unter Hass? Uns allen ist wohl klar, dass Hass das Gegenteil von Liebe ist. Wenn wir also nicht lieben, drücken wir einen Grad von Hass aus, der sich auf scheinbar geringfügige Weise als Gleichgültigkeit, Abneigung oder gar feindliche Gesinnung äußert. Gleichgültigkeit, eine gelinde Form des Hasses, lässt uns uninteressiert, selbstsüchtig an den Schwierigkeiten anderer „vorübergehen”.
Schwerwiegender ist schon das Kritisieren, der Glaube, es „besser zu wissen” oder besser zu sein als andere. Die Schwierigkeit, vergeben zu Können,ist oftmals damit verbunden.
Der höchste Grad des Hasses entsteht aus Neid, Eifersucht, Selbstsucht und dergleichen und er rächt sich an dem Hassenden selbst. Der Berucgt von Daniel im Alten Testament bestätigt dies. Siehe Dan 6:1–25. Ein König war durch Hinterlist von seinen Fürsten und Statthaltern beeinflusst worden, die eifersüchtig auf Daniel waren. Der König sah keinen anderen Ausweg, als Daniel in die Löwengrube werfen zu lassen. Daniel wandte sich an Gott um Hilfe und blieb unversehrt, als er eine Nacht mit den Löwen verbrachte. Der König, den die Aussicht, Daniel an die Löwen zu verlieren, sehr bedrückt hatte, ließ daraufhin Daniels Verkläger samt ihren Frauen und Kindern in die Löwengrube werfen. Diese wurden sofort angegriffen. Das eindeutig, dass Hass selbstzerstörerisch wirkt. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit: „Die einzige Macht des Bösen ist die der Selbstzerstörung. Niemals kann es auch nur ein Jota vom zerstören. Jeder zerstören. Jeder Versuch des Bösen, das Gute zu zerstören, ist ein Fehlschlag und trägt nur dazu bei, den Übeltäter endgültig zu bestrafen.”Wissenschaft und Gesundheit, S. 186.
Wir brauchen also nicht den Hasser zu „verabscheuen”, sondern wir müssen ihn lieben, indem wir seine wahre, geistige Natur als Gottes Bild und Gleichnis anerkennen. In den folgenden Zeilen aus Mrs. Eddys Gedicht „Der Mutter Abendgebet” sehen wir die geistige Grundlage dafür, andere zu lieben, selbst die, die uns vielleicht hassen:
O mach mich froh,
ob herb die Träne floß,
die um Enttäuschung,
Undank ich vergoß!
Herz, harre aus:
für Haß lieb um so mehr!
Gott ist ja gut,
Verlust ist segenschwer.Vermischte Schriften, S. 389.
In dieser kurzen Aufforderung „für Haß lieb um so mehr” stellt Mrs. Eddy zwei Neigungen der Menschheit gegenüber: hassen und lieben. Wenn wir also einen gewissen Grad von Hass ausdrücken, der sich durch Gleichgültigkeit, Abneigung, Kritisieren oder feindliche Gesinnung äußert, wenden wir uns von Gott und unserem wahren Wesen als Seinem Ebenbild ab. Mrs. Eddy benutzt in Wissenschaft und Gesundheit und ihren anderen Schriften den Begriff Liebe als ein Synonym für Gott, und da Gott der einzige Schöpfer ist, kann der Mensch in Wirklichkeit nur Liebe ausdrücken. Diese Liebe weiß nur um das Gute. Darum können und sollten wir jede lieblose Äußerung durch Liebe besiegen. Das ist nicht immer leicht, besonders wenn sich der Hass zu feindlicher Gesinnung gesteigert hat. Dann ist die einzige Lösung des Problems, mehr zu lieben, das heißt, sich immer mehr des wahren Menschen, der vollkommenen Gottesschöpfung, bewusst zu werden, bis wir jeden Pfeil des Hasses entschärft, ja ganz aus unserem Bewusstsein ausgeschaltet haben.
Der erste Schritt, um richtig lieben zu können, ist vergeben, erkennen, dass es nichts Unverzeihliches gibt. Wir brauchen nur daran zu denken, dass Christus Jesus am Kreuz Gott bitten konnte: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!” LK 23:34. Und das Wesentliche ist dabei, dass Jesus vergab — sonst hätte er seinen Vater nicht darum bitten können, ihnen zu vergeben —, ohne dass jemand ihn um Verzeihung gebeten hatte. Im Gegenteil, sie verspotteten ihn noch am Kreuz. Wie viel mehr sollten wir, die wir nicht ans Kreuz geschlagen worden sind, fähig sein zu vergeben? Wir können vergeben, ohne darauf zu warten, dass man uns um Verzeihung bittet, weil wir wissen, dass nichts Böses zu einem Kind Gottes gehört und dass es nur Kinder Gottes gibt, mag der Augenschein noch so sehr das Gegenteil behaupten.
Vergeben können, an das Gute glauben, andere lieben ist die wirkungsvollste Waffe gegen das Böse. Vor der Liebe verliert selbst der größte Hass jede scheinbare Macht.
Als Widerspiegelung Gottes, der Liebe, besitzen wir nur göttliche Eigenschaften wie Liebe, Intelligenz und Güte. Darum sollten wir uns bemühen, in unserem Bewusstsein und im Umgang mit unseren Mitmenschen immer mehr diese göttlichen Eigenschaften zum Ausdruck zu bringen.
Hier ist ein Beispiel, wie es uns hilft, so zu lieben. Ich hatte seit einiger Zeit ein körperliches Problem; und es war mir nicht gelungen, es durch mein eigenes Gebet zu überwinden. So bat ich eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft, als ich sie in der Stadt traf, für mich zu beten. Da sie mich sehr gut kannte, wusste sie von meinen Tätigkeiten. Zunächst blieb sie eine ganze Weile still. Dann wies sie mich darauf hin, dass ein Brief, den ich an den Vorstand unserer Zweigkirche geschrieben hatte, einige Mitglieder verletzt habe, weil er so lieblos gewesen sei. Danach trennten wir uns.
Wenn ich auch nicht zu erkennen vermochte, was an dem Brief verkehrt war, so hatte ich doch das ganz starke Empfinden, dass die Ausüberin aus Inspiration gesprochen hatte. Und so bat ich demütig den Vorstand, mir den Brief, der solchen Anstoß erregt hatte, zurückzugeben. Nun erkannte ich meinen Fehler: Ich hatte meinen „Nächsten” nicht als Gootes vollkommene Widerspiegelung gesehen. Doch das Aufbringen der Demut machte mich für das Licht empfänglich, das mir die göttliche Liebe sandte, damit ich meinen Fehler zu erkennen vermochte, und durch dieses Erkennen kam die Heilung. Wir können in jeder Lage Gott, Liebe, die immer gegenwärtig ist, bitten, uns erkennen zu lassen, was recht ist. Gott, Liebe, ist allmächtig. Er regiert das ganze Weltall und in diesem Universum kann nichts Böses, kein Hass existieren. Als Widerspiegelung Gottes, der Liebe, besitzen wir nur göttliche Eigenschaften wie Liebe, Weisheit und Reinheit. Unser Ziel sollte sein, diese Eigenschaften in unserem Leben immer mehr zum Ausdruck zu bringen.
Vergeben können, an das Gute glaube, andere lieben ist die wirkungsvollste Waffe gegen das Böse. Vor der Liebe verliert selbst der größte Hass jede scheinbare Macht, wie es Mrs. Eddy uns so klar in Wissenschaft und Gesundheit sagt. Sie schreibt: „Menschlicher Hass hat keine gesetzmäßige Vollmacht und kein Reich. Die Liebe thront.”Wissenschaft und Gesundheit, S. 454.
So lasst uns jeden, dem wir begegnen, lieben, das heißt in ihm das vollkommene Bild und Gleichnis Gottes sehen. Solches Bemühen wird dazu beitragen, dass alles Böse, aller Hass schneller aus unserer Erfahrung schwindet.
