Und sie entsetzten sich alle, so dass sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist das? Eine neue Lehre in Vollmacht! Er gebietet auch den unreinen Geistern und sie gehorchen ihm! (Mk 1:27)
»Hatten schon die Worte Jesu die Menschen in der Synagoge in Staunen versetzt, so waren sie wie vom Blitz getroffen von seinen Taten. In der Synagoge befand sich ein Mensch, der von einem unsauberen Geist besessen war. Der Mann, der Verwirrung unter den Menschen anstiftete, wurde von Jesus geheilt. Überall im Neuen Testament begegnen uns Menschen, die von unsauberen, bösen Dämonen oder Teufeln besessen sind. ... Die Juden glaubten wie alle Menschen der Antike an Dämonen und Teufel. ...
Ob wir dies alles glauben oder nicht, ob es wahr ist oder nicht, spielt hier eine untergeordnete Rolle; wesentlich geht es hier darum, dass die Menschen zur Zeit der Entsehung des Neuen Testaments daran glaubten. Wir gebrauchen allenfalls noch den Ausdruck: Armer Teufel!, bei dem es sich um ein Überbleibsel jenes Glaubens handelt. Wer sich für besessen hielt, war sich seiner selbst und eines anderen Wesens bewusst, das ihn innerlich bedrängte und beherrschte Daraus erklärt sich auch, weshalb die Besessenen in Palästina so oft schrien, wenn sie Jesus begegneten. Sie wussten, dass viele glaubten, Jesus sei der Messias, und ebenso wussten sie, dass die Herrschaft der Dämonen ein Ende hatte, wenn der Messias kam. Wer sich nun für besessen hielt, sprach als Dämon, wenn er in die Nähe Jesu kam. Viele Geisterbeschwörer behaupteten, sie könnten die bösen Geister austreiben. ... Ein wesentlicher Unterschied bestand freilich darin, dass jüdische und heidnische Geisterbeschwörer gewöhnlich kunstvolle Beschwörungsformeln und Zaubersprüche aussprachen und magische Riten vollzogen, während Jesus die Geister mit einem einem kurzen, klaren Wort austrieb, aus dem seine Vollmacht sprach. Etwas Derartiges hatte bis dahin noch niemand erlebt. Die Kraft ging nicht von Zauberformeln, von Geisterbeschwörungen oder einem bestimmten Ritual aus, sondern von Jesus selbst. Das versetzte die Menschen in Staunen.« (Barclay)
Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus (1. Tim 2:5)
»1. Es ist ein Gott. ... Immer wieder haben Missionare berichtet, dass zum Tröstlichsten, was die Heiden dem Christentum verdanken, die Gewissheit gehört: es gibt nur einen Gott. Menschen, die zuvor nie wissen konnten, ob sie nicht einen ihrer Götter beleidigt hatten, indem sie es an der gebührenden Ehrerbietung ihm gegenüber hatten fehlen lassen, und die sich infolgedessen dauernd fürchteten, empfinden ein ungeheures Gefühl der Erleichterung und Befreiung, wenn sie entdecken, dass es nur einen Gott gibt, und zwar einen, der Vater heißt und der die Liebe ist.
2. Es ist ein Mittler. Selbst die Juden meinten, dass es viele Mittler zwischen Gott und den Menschen gebe. So galten bei ihnen die Engel als Mittler. ... Die Griechen vertraten stets die Ansicht, dass es alle möglichen Mittler gebe. ... Weder nach jüdischen noch nach griechischen Denkvorstellungen besaß der Mensch unmittelbaren Zugang zu Gott, wohingegen die Christen durch Jesus Christus direkten Zugang zu Gott haben, ohne dass etwas den Weg zu ihm versperrt. Dass es nur diesen einen Mittler gibt, der die Verbindung zwischen Gott und den Menschen schafft und erhält, fällt vielen, u.a. auch den Hindus, anfangs schwer zu glauben. Doch nur, wo ein einziger Gott und ein einziger Mittler ist, kann es so etwas wie Brüderlichkeit unter den Menschen geben. Viele Götter und Mittler bedeuten, das diese um die Anerkennung und Liebe der Menschen miteinander wetteifern; dann aber wird der Glaube zu etwas, was die Menschen trennt, statt sie zu vereinigen. Die Menschen sind Brüder, weil ein Gott ist und ein Mittler.« (Barclay)
»Weil in Jesus Christus Gott und Mensch vereint sind, ist er zum Mittler geworden zwischen Gott und Mensch. Als der wahre Mensch, der wirkliche Mensch, als der zweite Adam ist er der Stellvertreter der adamitischen Menschheit vor Gott geworden. Die Wortfolge »Christus Jesus« aber macht deutlich, dass er von Gott gekommen ist zur Sühnung der Sünden der ganzen Welt. Er ist der Messias, der als Mensch Jesus hieß.« (WStB)
Denn das Gesetz hat nur einen Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das Wesen der Güter selbst. Deshalb kann es die, die opfern, nicht für immer vollkommen machen, da man alle Jahre die gleichen Opfer bringen muss. (Hebr 10:1)
»Der Verfasser des Hebräerbriefes empfand die ganze Opferfrömmigkeit nur als Schatten dessen, was wahrer Gottesdienst sein sollte. Sache des Glaubens war es, den Menschen eine innige, vertraute Beziehung zu Gott, freien Zugang zu Gott ermöglichen. Das aber konnte mit Hilfe der Sühnopfer nicht geschehen, durch die die Menschen höchstens sporadisch und auch dann nur von ferne mit Gott in Berührung kamen. Um deutlich zu machen, was er meint, benutzt der Verfasser zwei Ausdrücke. Er sagt, diese Dinge seien nur ein Schatten, ... das heißt ein verschwommenes Spiegelbild, ein bloßer Umriss. Unwirklich und ohne Substanz. Er sagt, sie hätten nicht das Wesen der Güter selbst, es handele sich dabei nicht um da eikon, eine vollkommene Verkörperung, eine detaillierte Wiedergabe des eigentlichen Wesens. Das Wort eikon heißt Porträt, und wenn es damals die Fotografie schon gegeben hätte, wäre sie mit diesem Wort bezeichnet worden. Der Verfasser sagt hier also: »Ohne Christus könnt ihr nicht über den Schatten Gottes hinausgelangen.« Für diese Behauptung führt er Beweise an. Jahr für Jahr werden immer wieder, vor allem am Großen Versöhnungstage, Opfer gebracht. Wenn jedoch etwas Wirksames getan wird, braucht es nicht wiederholt zu werden, weil ja die beabsichtigte Wirkung erzielt worden ist. Die Tatsache, dass die Opfer täglich und Jahr für Jahr wiederholt würden, sei ein schlüssiger Beweis dafür, dass sie die Seelen der Menschen nicht zu reinigen vermöchten, dass sie den Menschen keinen ungehinderten Zugang zu Gott ermöglichen.« (Barclay)
Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; (1. Kor 15:51)
»1. Paulus betont, dass wir in unserem jetzigen, irdischen Zustand das Reich Gottes nicht ererben können. Auch wenn er hinreicht, um uns mit dem täglichen Leben zurechtkommen zu lassen, so ist dies doch keineswegs im Blick auf das künftige Leben der Fall. Wer zu einem guten morgendlichen Frühlauf fähig ist, ist damit noch längst nicht imstande, bei den Olympischen Spielen zu bestehen; ... Stets bedarf es eines Weitergehens, eines Wandels, wenn wir eine höhere Stufe des Lebens erreichen wollen. Als erstes sagt Paulus daher: wer das Reich Gottes erben will, der muss sich zunächst einmal ändern; muss ein anderer werden.
2. Weiter erklärt Paulus, dass dieser überwältigende Wandel, den auch noch viele Lebende erfahren werden, bei allen eintreten wird, zur Zeit der letzten Posaune. Dies ist nicht nur im Sinne des herkömmlichen Zeitbegriffes zu verstehen, sondern auch als ein Geschehen in Richtung auf unsere Auferstehung zur Unverweslichkeit hin, die die echte Begegnung mit Christus bewirkt.
3. Triumphierend fährt Paulus daher fort, niemand brauche eine solche Verwandlung zu fürchten. Diese Aussage ist etwas unerhört Bedeutungsvolles. Sind die Menschen doch zu allen Zeiten von Todesfurcht heimgesucht worden; selbst die bedeutendsten Geister sind davon nicht verschont geblieben. Jemand hat einmal gesagt, kein Mensch könne normalerweise ohne ernstliche Besorgnis und Widerwilligkeit sterben; ... Teils beruht [diese Todesfurcht] auf der Angst vor dem Unbekannten, noch mehr wenn auch oft nicht eingestanden auf dem Bewusstsein unserer Sündhaftigkeit. ... Woher aber kommt das Bewusstsein der Sündhaftigkeit? Es beruht auf der verborgenen Annahme, dass wir alle unter dem Gesetz Gottes stehen. Solange wir jedoch in Gott nur das Gesetz der Gerechtigkeit erblicken, müssen wir uns zwangsläufig als Schuldige vor den Schranken Gottes vorkommen, ohne Hoffnung auf Freispruch. Indessen – Jesus Christus ist gekommen, um eben dies aufzuheben!« (Barclay)
Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel! (Klgl 3:41)
»Nichts geht dem Menschen so schwer über die Lippen wie das Zugeständnis seiner Schuld. Wir haben ein natürliches Bedürfnis, rein dazustehen. Wer eines Versehens oder Versagens geziehen wird, versucht sich in der Regel zu rechtfertigen. Er findet Gründe, die sein Handeln erklären, ihn ent-schuldigen, ihm die Schuld abnehmen. ...
Diesen Trend zur »Selbstdistanzierung«, also sein eigenes Tun zu leugnen, finden wir schon »von Anfang an«. Der Bericht vom Sündenfall in 1M03 weist die gleichen typischen Verhaltensweisen auf, die uns auch heute begegnen. ...
Als Gott den Menschen zur Rechenschaft zog, als alles Leugnen nicht mehr half (der Fall war zu eindeutig! 1M03,11), stritt er seine Verantwortung ab. Adam beschuldigte Eva (und indirekt Gott!) und Eva beschuldigte die Schlange (1M03,12f). Es war der verzweifelte Versuch, das zerbrochene Vertrauensverhältnis zwischen Gott und Mensch zu kitten. Der Mensch versuchte zu halten, was nicht mehr zu halten war. Wenn er nicht verantwortlich war, konnte er ja so weiterleben, als ob nichts geschehen wäre.
Dieser Grundirrtum ist zutiefst menschlich. Aber Gott hat den Menschen so nicht erschaffen und auch nicht so gewollt. »Lasset uns Menschen machen nach unserem Bilde« (1M01,26) ...
Der heilsame Weg zurück zur ursprünglichen Einheit des Vertrauens, wie sie die Paradieserzählung voraussetzt, geht also nicht über die Selbstrechtfertigung. Jeder Versuch, die eigene Verantwortlichkeit zu bestreiten, führt nur in neue Belastungen und Irrwege. ...
Es ist höchste Zeit, das Selbstmitleid aufzugeben, die vergangenen Wege als verkehrt zu erkennen und die Konsequenzen zu ziehen aus all dem Leid. Es gilt umzukehren zu Jahwe, sich ihm im Gebet auszuliefern, und dies nicht nur mit der äußerlichen Geste der Hände, sondern von ganzem Herzen zu tun.« (WStB)
Quellenangaben
Barclay = William Barclay,
Auslegung des Neuen Testoments
WStB = Wuppertaler Studienbibel