Es ist eine allgemein anerkannte Tatsache, dass das, was wir erleben, sehr stark geprägt ist von dem, was wir denken. Dafür gibt es viele Beispiele und Belege.
So kann z.B. Alleinsein als unerträgliche Einsamkeit oder aber als wohltuende Ungestörtheit empfunden werden, je nach Gemütslage. Oder jemand freut sich auf einen bevorstehenden Langstreckenflug, während ein anderer möglicherweise aus lauter Angst vorm Fliegen schon viele Nächte vorher nicht mehr schlafen kann. Und je nachdem, mit welchen Gefühlen jemand das Flugzeug besteigt, wird er den Flug als wunderschön genießen oder aber als ganz furchtbar erleben. Oder denken wir an einen Regentag. Einer hat sich auf einen schönen Ausflug gefreut und weiß nun gar nicht so recht, was er tun soll, weshalb er einen Regentag als eine trübe, langweilige, nicht enden wollende Angelegenheit empfinden kann. Ein anderer dagegen genießt vielleicht das Rauschen der Regentropfen in den Blättern der Baumkrone vor seinem Fenster und freut sich, dass er endlich mal in Ruhe das Buch lesen kann, das schon so lange auf seinem Schreibtisch liegt.
Was wir erleben ist stark geprägt von dem, was wir denken.
Sicherlich wird auch ein Landwirt oder ein Gärtner anders über einen Regentag denken als ein Schulkind, das gerade heute ins Freibad gehen wollte. Ein schönes Beispiel zum Thema Regen habe ich kürzlich erlebt: weil der Regen nun gar nicht nachlassen wollte, beschloss ich, zu meinem Termin nicht den Bus zu nehmen, sondern ein Taxi zu rufen. Mit einem breiten Grinsen und mit fröhlicher Stimme fragte mich der Taxifahrer: »Ist das nicht ein wunderbares Wetter?« — Er freute sich über einen umsatzstarken Tag! Ich musste unwillkürlich mit ihm lachen und habe dieses Lachen den ganzen Tag über nicht verloren. Jeder, der mir an diesem Tag etwas von »miesem Wetter« vorjammerte, bekam diese kleine Geschichte zu hören.
Einer empfindet einen Regentag als eine trübe, langweilige Angelegenheit, ein anderer genießt vielleicht das Rauschen der Regentropfen.
Viele Menschen werden sicherlich der Aussage »Wie wir über einen Vorgang denken, beeinflusst ganz erheblich, wie wir ihn erleben« zustimmen können. Ich glaube allerdings, dass unser Denken sogar den Vorgang an sich, seinen Verlauf oder Ausgang beeinflusst. Seitdem ich das erkannt habe, bin ich besonders vorsichtig mit meinen Gedanken. Und je bedrohlicher oder unangenehmer eine Situation zu sein scheint, um so mehr achte ich auf meine Gedanken. Ich bin überzeugt davon, dass »richtiges« Denken das Leben harmonischer gestaltet.
Ich habe irgendwo einmal gelesen: »Achte auf die Qualität deiner Gedanken, denn sie bestimmen das Glück deines Lebens.« Ich denke, da ist was dran.
Vor einigen Jahren war ich während eines Fahrradurlaubs mit Freunden schwer gestürzt. Noch im Fallen war mir die Aussage von Mary Baker Eddy »In Gottes Reich gibt es keine Unfälle« in den Sinn gekommen. Und ehe etwas anderes in mein Denken hineinkommen und sich dort ausbreiten konnte, hielt ich ganz intensiv an diesem Gedanken fest.
Mein Mann half mir sofort auf die Beine, und als unsere Freunde zu uns kamen, sahen sie zwar meine zerrissene hose und auch das blutende Bein, aber wir beruhigten sie und baten sie, die geplante Fahrt fortzusetzen, während wir beide zum Hotel zurückkehren wollten — zum gemeinsamen Abendessen würde ich dann wieder fit sein. Im Hotel angekommen, stellte ich dann fest, dass ich eine ziemlich große Schürfwunde hatte, so groß, dass keines meiner Pflaster ausreichte, um sie abzudecken. Bis zum Abendessen saß ich auf dem Bett und betete, das heißt, ich dachte weiter über die oben genannte Aussage nach, und zwar so lange, bis ich sie völlig verstanden hatte. Nämlich, dass es in der göttlichen Vollkommenheit tatsächlich keine Disharmonie geben kann — also auch keinen Unfall und somit auch keine aus einem Unfall resultierenden Verletzungen oder Schäden. Und als dann die Zeit zum Essengehen gekommen war, war die Wunde bereits so weit zugeheilt, dass mein größtes Pflaster genau ausreichte, um den Rest abzudecken. Am nächsten Tag stieg ich wieder auf mein übrigens völlig unbeschädigtes Fahrrad und bereits am übernächsten Tag benötigte ich kein Pflaster mehr.
»Achte auf die Qualität deiner Gedanken, denn sie bestimmen das Glück deines Lebens.«
Einige Jahre später, als wir mit denselben Freunden wieder einen gemeinsamen Fahrradurlaub verbrachten, stürzte unser Freund schwer. Sofort war seine gesamte fünfköpfige Familie um ihn herum. Einer holte sofort das Verbandszeug aus der Satteltasche, der nächste begann die Wunde zu reinigen und die anderen steuerten gute Ratschläge bei. Ich hielt mich bewusst ein wenig abseits, um zu beten, in diesem Fall, um meinen Freund als das vollkommene und unversehrte Kind Gottes zu sehen, und zwar gänzlich unbeeindruckt von dem, was sich dem Augenschein da zeigte und was sich dem Denken aufdrängen wollte. Unser Freund erhob sich nach einiger Zeit vom Straßenrand und setzte die Fahrt auf seinem Rad bis zur Pension fort. Dort wurde er weiter von seiner Familie und nun auch von unserer Vermieterin fürsorglich mit allen verfügbaren medizinischen Mitteln versorgt. Beim gemeinsamen Abendessen wurden dann noch sehr ausgiebig und erschöpfend alle möglichen Verletzungen und deren Folgen diskutiert. Am nächsten Tag reisten unsere Freunde ab — einen Tag früher als geplant. Später erfuhr ich, dass er zu Hause einen Arzt aufsuchen musste und noch wochenlang in Behandlung war.
Wenn mein Freund diesen Bericht lesen würde, würde er sicherlich sagen: »Das war aber etwas ganz anderes! Mein Sturz war aber viel schlimmer als deiner! Das kannst du doch nicht miteinander vergleichen!«
Vielleicht hätte er damit Recht. Vielleicht aber auch nicht. Wer weiß das wirklich?