Der junge Bundestagsabgeordnete hebt beschwörend die Hände. Deutsche Leitkultur? Die gebe es doch gar nicht, wettert der Mann am Rednerpult: »Oder glauben Sie ernsthaft, dass Sie die Kultur junger, agnostischer Menschen in der Großstadt — ich selber bin bekennender Christ — mit der Dorfkultur vergleichen können?«
Moment mal! Was hat der gerade gesagt? Otto Fricke-ein bekennender Christ? Nein, dieser Rastlose entspricht nicht dem Klischee eines Hyperfrommen, der sich vor lauter Glaubensgewissheit innerlich zur Ruhe gesetzt hätte. Woher dann diese Bekennerfreude, lange vordem Wahlkampf 2005? Frickes Antwort überrascht durch ihre Selbstverständlichkeit: »Mir ist es in meinem Leben immer gut gegangen, ich bin dafür unheimlich dankbar. Ich bin mir sicher, dass jemand seine schützende Hand über mich gehalten hat.«
Solche Töne waren im Bundestag lange nicht zu hören. Doch jetzt rumort es im Hintergrund, eine neue Generation drängt nach vorn. Diese Jüngeren sprechen wieder über die eigene Religion, berufen sich auf christliche Werte-oder betonen einfach nur, dass sie gläubig seien. Kürschners Volkshandbuch heißt das rot-weiß gestreifte Bundestagsnachschlagewerk mit Bildern und Lebensdaten aller Abgeordneten.
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