Blick in die Vergangenheit
»Und alle deine Kinder werden von dem Herrn gelehrt; und großen Frieden haben deine Kinder.« Jesaja 54:13 (Nach der King-James-Bibel)
»Schubst diese Kinder nicht beiseite. Stellt euch niemals zwischen sie und mich. Diese Kinder sind der Mittelpunkt des Lebens im Reich Gottes.« Christus Jesus, Markus 10:14 (Nach der »Message«-Bibel Zitiert nach THE MESSAGE. Copyright C von Eugene H. Peterson, 1993, 1994, 1995. Nachdruck mit Genehmigung von NavPress Publishing Group.
Der Titel lautete: »Was wir für die Kinder tun können.« In einer Mitteilung im Christian Science Journal vom Oktober 1895 bat Mary Baker Eddy »gesinnungstreue Christliche Wissenschaftler, die die Bibel lesen und »Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift« als ihr Lehrbuch verwenden, unverzüglich eine Sonntagsschule für Kinder einzurichten«. Christian Science Journal, Oktober 1895, S. 268.
Es war eine eindringliche, aus nur zwei Absätzen bestehende Mitteilung – die Aufforderung, einen organisatorischen Schritt zu unternehmen, aufgrund eines von höherer Stelle empfangenen Befehls. Fast ein Jahr zuvor hatte das erste Kirchengebäude der Christian Science Bewegung in Bostons Back Bay seine Pforten geöffnet. Und M. B. Eddy erkannte, dass die Kirchentüren – und die Herzen der Mitglie der – sich viel weiter öffnen mussten, als es das konventionelle Denken für nötig hielt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Christian Science Sonntagsschulen vornehmlich von Erwachsenen besucht. Jetzt sah Eddy die Notwendigkeit, dass erwachsene Christliche Wissenschaftler die spirituelle Erziehung von Kindern in Angriff nehmen. Zuerst konnten Kinder die Sonntagsschule bis zum Alter von 15 Jahren besuchen. 1908 wurde das Alter auf 20 Jahre heraufgesetzt.
Pflichtfach Bibel und Wissenschaft und Gesundheit
Diese Sonntagsschule unterschied sich von anderen darin, dass sie nicht nur von der Bibel Gebrauch machte, sondern auch von dem Buch, das als der »Schlüssel zur Heiligen Schrift« gedacht war. Letzten Endes sollte der Unterricht erreichen, dass die Schüler auf Gott als göttliche Intelligenz und als Arzt vertrauten, und natürlich sah die Autorin die in Wissenschaft und Gesundheit offenbarte Botschaft als den direkten Weg zum Lernen an. Nur ein Jahr vor ihrer Mitteilung im Journal hatte sie an ihre Vertraute und Gehilfin Julia Bartlett geschrieben: »Was für eine wundervolle Sonntagsschule Sie doch haben. Wissenchaft und Gesundheit ist ein ausgezeichneter Lehrer.« L07730, Mary Baker Eddy an Julia S. Bartlett, 28. Januar, 1894, Mary Baker Eddy Sammlung, Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit. Und an einen anderen Schüler in New York: »Haben Sie, mein Lieber, eine Ahnung davon, was Wissenschaft & Gesundheit usw. in unseren Kirchen vollbringt? Auch wenn kein Mensch auf der Kanzel stünde, so würden doch die in der Sonntagsschule verwendeten Schriftstellen die Kirchen auf ein festes Fundament stellen.« L02356, Mary Baker Eddy an Carol Norton, 30. Januar 1894, Mary Baker Eddy Sammlung.
Diese »Schriftstellen« waren wöchentliche Bibellektionen, die für den Unterricht und die Gespräche in der Sonntagsschule verwendet wurden. Diese im Christian Science Vierteljahresheft veröffentlichten »Lektionspredigten« bestehen aus Stellen in der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit. Im April 1895 ordnete M. B. Eddy an, dass sie in den Christian Science Gottesdiensten die Sonntagspredigt bilden sollen. Nur sechs Monate später entschied sie, dass die Sonntagsschulen sich ausschließlich jungen Menschen widmen sollen.
Zurück zur Zukunft
Um 1881 versammelten sich Christliche Wissenschaftler und neue Leser von Mary Baker Eddys grundlegendem Werk über geistiges Heilen, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, zum ersten Mal zum Unterricht in einer Christian Science Sonntagsschule. M. B. Eddys Ehemann Asa Gilbert Eddy stellte die Klassen zusammen, die damals fast alle aus Erwachsenen bestanden, und fungierte als Lehrer. Aber die Inspiration für einen systematischen Religionsunterricht für Kinder und Teenager reicht wohl in die Zeit von M. B. Eddys Jugendjahren in New Hampshire zurück.
Mary und ihre fünf Geschwister gingen in verschiedenen protestantischen Kirchen zur Sonntagsschule. »Es war ein großes Glück für mich, dass ich oft von einigen ehrwürdigen erfahrenen Geistlichen unterrichtet wurde, ...« schrieb sie 1901 und nannte die Namen von Pastoren der baptistischen, kongregationalistischen und methodistischen Kirche in Pembroke, Concord und Bow. »Solche Geistliche wie auch die Bibel, besonders das Erste Gebot und der einundneunzigste Psalm, die Bergpredigt und die Offenbarung des Johannes, schulten mein Denken viele Jahre lang, ja, den ganzen Weg hinauf, bis es für die Wissenschaft des Christentums vorbereitet war und sie empfangen konnte.« Vier Botschaften an die Mutterkirche, S. 64-65.
»Und die Bibel...«
Es gehörte zum Tagesablauf in der Baker-Familie, dass ihr Vater täglich aus der Bibel vorlas und die Gebete sprach und abends das Gebet des Herrn gebetet wurde. Das Wort Gottes in der »unbarmherzigen Theologie« Rückblick und Einblick, S. 13. ihres Vaters diente ihr als Lebensregel. Ihre Mutter legte mehr Nachdruck auf die Verheißung von Gottes tröstender, praktischer Fürsorge. Mary selbst liebte die Bibel als ein inspirierendes Buch. Sie lernte Psalmen und lange Passagen aus den Evangelien im Neuen Testament auswendig, so wie Jugendliche heute die Texte von Pop-Songs lernen.
Doch wie Kinder zu allen Zeiten, so stellte auch Mary in ihrer Sonntagsschule Fragen – sie befragte die Geistlichen über die alten hebräischen Propheten und über Jesus und bekam Antworten von ihnen. Sie stellte auch Lehren in Frage, die sie nicht mit gutem Gewissen annehmen konnte, wie etwa die Lehre von der Prädestination. Ihre rein instinktiv sokratische Methode – das Lernen durch Frage und Antwort – sollte das ganze Unterrichtssystem in Christian Science kennzeichnen. Wie ihr Buch Wissenschaft und Gesundheit mit dem aus Fragen und Antworten bestehenden Kapitel »Zusammenfassung« und ihre Verwendung dieses Kapitels als Vorlage für den Klassenunterricht – einen Intensivkurs im spirituellen Heilen – zeigt, ging es ihr beim Lernen darum, grundlegende Fragen zu stellen. Und es ging um den inneren Dialog beim Beten. Die Sonntagsschule war und ist das Kernstück des systematischen Unterrichts über Gott und das Leben.
Mary Baker Eddy besaß von Kind auf einen Wissensdurst, der nie nachließ. Sie vergaß nie, welche Freude es ihr bereitet hatte, von Lehrern unterrichtet zu werden, die Gott und Gottes erlösende Botschaft liebten. Ihr ganzes, neun Jahrzehnte umspannendes Leben hindurch betrachtete sie sich selbst als eine Lernende. Und im mittleren Alter, nachdem sie ihre geistige Entdeckung gemacht hatte, die sie dann Christian Science nannte, zweifelte sie nie daran, dass zukünftige Generationen nach denselben Ideen – nach den geistigen Daseinsgesetzen – forschen würden, die sie in Wissenschaft und Gesundheit darlegte.
Im Vorwort zu diesem Buch schreibt sie: »Obwohl sich die Autorin heute über manchen Fortschritt freut, steht sie immer noch als bereitwilliger Jünger an der Himmelspforte und wartet auf das Gemüt Christi.« Wissenschaft und Gesundheit, S. ix. Obwohl M. B. Eddy 1875, als das Buch erschien, gerade erst angefangen hatte, das christliche Heilen zu lehren, verstand sie sich bereits als eine spirituelle Bahnbrecherin: »Ein Buch führt neue Gedanken ein, aber es kann nicht bewirken, dass sie schnell verstanden werden. Es ist die Aufgabe des unerschütterlichen Pioniers, die hohe Eiche zu fällen und den rauhen Granit zu behauen. Zukünftige Zeiten müssen verkünden, was der Pionier vollbracht hat.« Ebd., S. vii. – Sie gelangte zu neuen Erkenntnissen über das Wesen Gottes, über Spiritualität und die Beziehung des Menschen zu Gott und über Gesetze der Gesundheit und des Heilens, die in der Bibel enthalten sind, aber jahrhundertelang weitgehend unentdeckt blieben. Sie gelangte zu Antworten über grundlegende Fragen des menschlichen Daseins: Wer bin ich? Was ist Gott? Was ist mein Zweck im Universum? Wo finde ich Gesundheit und Glück? Wie kann ich anderen dazu verhelfen?
Ein Ort zur Selbstentfaltung
Die Sonntagsschule eignet sich als ein Forum, wo die großen und kleinen Lebensfragen besprochen und wo sachliche, offene Gespräche zwischen Schülern und Lehrern über Gottes stete Gegenwart und Hilfe geführt werden. Es ist ein Ort der Identitätsfindung und eine offene Tür für die Kinder der ganzen Umgebung. Die Christian Science Sonntagsschule kam nicht durch Verklärung auf einem Berggipfel zustande. Sie entsprang einem Leben und Herzen, das sich dem Ziel widmete, anderen Menschen zu eigenen Lösungen zu verhelfen. Zu solchen Menschen zählte auch Lyman Durgin.
Wie viele andere Jugendliche in den 1830er Jahren, verdiente sich Lyman Durgin seinen Lebensunterhalt damit, dass er auf einem Bauernhof als Hilfskraft arbeitete. Seine Mutter starb, als er noch klein war, und mit seiner Stiefmutter kam er nicht gut aus. Daher lebte er seit seinem zwölften Lebensjahr bei der benachbarten Baker-Familie. Zu der Zeit war die 17-jährige Mary Baker, die der kongregationalistischen Kirche als Teenager beigetreten war, Sonntagsschullehrerin der jüngsten Klasse. Lyman hielt sich von der Sonntagsschule fern. Mary fiel das auf und sie muss bemerkt haben, dass er nicht gut lesen und daher Bibelverse nur schwer auswendig lernen konnte, was damals als peinlich empfunden wurde. Mary nahm sich seiner an und gab ihm in den folgenden vier Jahren Nachhilfeunterricht.
Schon bald konnte Lyman in der Sonntagsschule Bibelverse aufsagen und in einem kleinen Neuen Testament lesen, das Mary ihm geschenkt hatte. Noch viele Jahre später schätzte er dieses Geschenk und das Selbstvertrauen, das er gewonnen hatte. Jewel Spangler Smaus, Mary Baker Eddy: The Golden Days [Mary Baker Eddy: Die goldenen Tage], (Boston: Die Christian Science Verlagsgesellschaft, 1966), S. 89-90.
Ausserhalb der Mauern lernen
Für Mary Baker fand die Sonntagsschule nicht nur innerhalb der weißen Holzwände der Kirche statt. Für sie als Lehrerin und Schülerin erstreckte sich die Sonntagsschule auch auf das Zuhause und den Nachhilfeunterricht für den verwaisten Bauernjungen, der nicht lesen konnte. Hätte sie Lyman als jemanden angesehen, der für Gottes erlösende Botschaft »noch nicht empfänglich« war, dann wäre er wohl ein verschlossener Mensch und eine ungelernte Arbeitskraft geblieben. Doch so wurde ihm die Bibel zu einem Lehrbuch anstatt zu einem Hindernis oder einem religiösen Relikt. Das Ausmaß an Schulbildung ist nicht immer ein sicheres Anzeichen für Lernfähigkeit. M.B.Eddys erster Schüler im Christian Science Heilen sollte ein Arbeiter in einer Schuhfabrik sein. Im Vorwort zu Wissenschaft und Gesundheit erklärt sie, dass sie ihr Buch »den ehrlichen Suchern nach Wahrheit« Wissenschaft und Gesundheit, S. 12. widmet. Und das spiegelt sich auch in diesen Erfahrungen wider, bei denen die Sonntagsschule Teil des täglichen Lebens war. M.B.Eddy sah in jedem wissbegierigen Sucher einen potenziellen Leser und umgekehrt.
Als Mary Baker zwölf Jahre alt war, meldete sie bei ihrem Pfarrer zum ersten Mal Zweifel an der Prädestinationslehre an. Daher überrascht es nicht, dass sie später das Mindestalter für Mitgliedschaft in der Kirche Christi, Wissenschaftler, auf zwölf Jahre festsetzte. Da die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit eine zentrale Rolle im Leben der Mitglieder spielen, erwartete sie ganz klar, dass 12-jährige (und jüngere) Sonntagsschüler in der Lage sein würden, diese beiden Bücher zu lesen und die darin enthaltenen Ideen zu verstehen und anzuwenden.
Es gibt kurze Abschnitte in Wissenschaft und Gesundheit, die jüngere Leser und Sonntagsschüler besonders ansprechen, darunter die »wissenschaftliche Erklärung des Seins« Siehe ebd., S. 468. und die geistige Auslegung des Gebets des Herrn Siehe ebd., S. 16-17. und des 23. Psalms Siehe ebd., S. 578.. An einer Stelle in ihrem Buch, die mit Kindern zu tun hat, erwähnt die Autorin ein kleines Mädchen, das sich von einer Verletzung mit dem einfachen, aber tiefen Gebet heilt: »Es gibt keine Empfindung in der Materie« Ebd., S. 237. was eine Variante von M.B.Eddys »Erklärung des Seins« darstellt. Wie so oft in der Sonntagsschule wurde hier der Schüler zum Lehrer.
Das Erzählen von Geschichten ist eine wirkungsvolle neu-alte Unterrichtsmethode in der Sonntagsschule, und Geschichten, Schilderungen und in der ersten Person geschriebene Heilungsberichte sind auch überall in Wissenschaft und Gesundheit eingeflochten. Die Autorin beginnt das Kapitel »Die Praxis von Christian Science« mit der Geschichte der reumütigen Frau, die Jesu Füße wäscht, als er bei einem Pharisäer zu Abend isst. Und natürlich wurde vieles in der Bibel als mündliche Überlieferung gelehrt, lange bevor es geschriebene und gedruckte Texte gab.
Ein Mitarbeiter von M. B. Eddy hörte sie einmal sagen: »Ich würde einem Kind die Bibel nahebringen, indem ich es dieses Buch lieben lehre, und dann wird es von selbst die Bibel nehmen und zu seiner eigenen Unterhaltung darin lesen. Ich würde ihm die Bibel auch in Form von Geschichten erzählen, denn dadurch wird sie sich ihm einprägen und es wird Interesse daran finden, sie selber nachzuschlagen.« Aus den Erinnerungen von George H.Kinter, 5. Mai 1907, Mary Baker Eddy Sammlung.
Alle in diesem Artikel erwähnten historischen Dokumente können in der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit eingesehen und gelesen werden. Website: www.marybakereddylibrary.org
Alle historischen Bilder, wenn nicht anders angegeben, abgedruckt mit Genehmigung der Mary Baker Eddy Sammiung und/oder vom Archiv der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit.
»Die Sicht eines Aussenstehenden«
Im Journal vom Januar 1886 (S. 185) schrieb ein Besucher der Christian Science Sonntagsschule, zu der damals sowohl Erwachsene als auch Kinder gehörten, Folgendes aus der Sicht eines Außenstehenden:
» ...Die Sonntagsschule begann kurz vor vierzehn Uhr. Die Anwesenden waren zum größten Teil Erwachsene und im Ganzen waren 113 Personen anwesend, von denen elf Sonntagsschulbeamte und-lehrer waren. Alle waren ernsthaft bei der Sache. Mr. Murphy, der Sonntagsschulvorsteher, kündigte das Kirchenlied an, das die Kinder sangen. ... Das Gebet des Herrn wurde gemeinsam mit fester und deutlicher Stimme gesprochen. Ein Kapitel wurde gelesen. Es wurde jedoch keine Aufgabe erteilt, und die Kinder gingen für ihren Unterricht ins Vorzimmer, während die Erwachsenen sich in Klassen zusammenfanden.
Man bat mich höflich, in einer Klasse Platz zu nehmen, und ich saß ganz vorne bei denen unter der Leitung von Edward A. Bailey, einem jungen Herrn, der vor kurzem aus Maine gekommen war. Sie befassten sich mit dem zweiten Kapitel des vierten Evangeliums, gewöhnlich das Evangelium des Johannes genannt, und da wiederum mit der Austreibung der Händler aus dem Tempel ... Die Damen wie auch Herren äußerten ihre Ansichten freimütig und zeigten großes Interesse an dem Thema. Die Fragen von Fremden wurden liebenswürdig beantwortet. Diese Klasse und auch die anderen waren noch in ihre Arbeit vertieft, als die Glocke läutete und die Klassen für das Singen eines Kirchenlieds zum Abschluss des Unterrichts zusammenrief.
... Es gab das Responsorium der Episkopalen; das stille Gebet der Quäker; die Tradition der Swedenborgier, nur das Gebet des Herrn in öffentlichen Gottesdiensten zu sprechen; das Kirchenlied »Oh to be nothing« von Moody und Sankey; und die freien Plätze, die an eine Gebetsstunde erinnerten. Ja, es gab vieles, was an Beschreibungen von Versammlungen der ersten Christen erinnerte...«
Warum nicht auch eine Sonntagsschule für Erwachsene?
Calvin Frye, Mary Baker Eddys Sekretär, antwortet auf eine Anfrage im Jahr 1896, warum kein Sonntagsschulunterricht mehr für Erwachsene abgehalten wurde:
Auf Ihre Frage wegen des Unterrichts für Erwachsene während des Sonntagsschulunterrichts für Kinder teile ich Ihnen mit, dass Mrs. Eddy nicht möchte, dass ihre Schüler Erwachsene unterrichten, denn sie findet, dass der reguläre Gottesdienst genügt, wenn die Erwachsenen den Anweisungen der Bibellektionen, die während des Gottesdienstes gelesen werden, sorgfältig folgen. L10393, Calvin A. Frye an John P. Filbert, 15. Juli 1896, Mary Baker Eddy Sammlung, Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit.
Zwei Dankesbriefe
1890 sammelten Sonntagsschüler Geld zur Ausstattung von »Mutters Zimmer« im Mutterkirchengebäude. Ihre Freigebigkeit und ihr Unternehmungsgeist berührte Mary Baker Eddys Herz als Mutter wie als Führerin zutiefst. In einem Dankesbrief an Maurine Campbell, die »Herbergsmutter« der Sonntagsschüler, schrieb sie:
»An die Kinder in der Sonntagsschule ...
Wisst ihr, wie sehr ich euch lieb habe? Wisst ihr, dass Gott euch liebt? Wisst ihr, dass alles Liebliche Wohlwollen verdient?
Es macht euch auch klug beim Planen guter Werke – es lässt euch eifrig Gutes tun und gibt euch selbstlose Motive; das ist das Beste daran.
Denkt nur, diese Edelsteine im kindlichen Charakter gehören zu den Grundsteinen der Kirche Christi, Wissenschaftler, in Boston; denkt nur, ich werde vielleicht einmal in diese Kirche gehen, mir die starken Mauern anschauen und daran denken, wie viele Puppenkleider, wie viele Tüten mit Popcorn, wie viel Süßigkeiten es brauchte, wie viel Schnee geschaufelt, Brennholz herbeigetragen wurde, ja, wie viel unermüdliche Arbeit die lieben Kinder bereitwillig geleistet haben, um die erste Christian Science Kirche in Massachusetts bauen zu helfen ...« L05781 Mary Baker Eddy an Maurine Campbell, 16. April 1891, Mary Baker Eddy Sammlung, Mary Baker Eddy Bibliothek zum Fortschritt der Menschheit.
1904 schrieb M.B.Eddy auch einen Brief an die Kinder in Fünfter Kirche Christi, Wissenschaftler, Chicago, und dankte ihnen für Spenden zum Bau der Kirche in Concord, New Hampshire:
»Ihr in der Sonntagsschule habt eine wunderbare Spende für unsere Sache in Concord geschickt. Ich liebe euch und Christus liebt euch, und das ist das Beste von allem.
Ihr liebt Gott, denn Er ist Liebe, und das macht euch glücklich und gut. In unserem Zeitalter werdet ihr die Fahnenträger von Christian Science sein und tapfer den großen Marsch in den Himmel anführen, die Kranken heilen, die Trauernden trösten und die Erde mit eurer Güte und eurer Liebe glücklich machen.« L05633 Mary Baker Eddy an die Kinder Fünfter Kirche Christi, Wissenschaftler, Chicago, Illinois, 4. März 1904, Mary Baker Eddy Sammlung.
»Die gesamte Erziehung der Kinder sollte darauf hinzielen, Gehorsam gegen das moralische und geistige Gesetz zur Gewohnheit zu machen; mit diesem Gesetz kann das Kind dem Glauben an so genannte physische Gesetze, ein Glaube, der Krankheit hervorbringt, entgegentreten und ihn meistern.«
Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 62.
Bedeutung und Geschichte der Sonntagsschule
Der Werdegang der Sonntagsschule in christlichen Kirchen ist von reichem spirituellem Segen begleitet. Dieser Abriss ihrer Entwicklung basiert auf der zwölfteiligen Artikelserie von Rosalie E. Dunbar »Die Geschichte der Sonntagsschule«, die 2000 und 2001 in unregelmäßigen Abständen im Christian Science Journal erschien.
Kinderliebe zieht sich wie ein roter Faden durch den spirituellen Unterricht, angefangen bei den ersten jüdischen Lehrern bis zur Gegenwart. Schon um 350 v.Chr. erhielten Kinder in einfachen Familien ein Mindestmaß an spirituellem Unterricht. Jesus hieß junge Leute willkommen, wenn sie kamen, um ihm beim Lehren zuzuhören. Da war zum Beispiel das oft zitierte Kind, dessen kleiner Vorrat an Fischen und Brot von Jesus gesegnet wurde und dann 5000 Menschen speiste. Siehe Joh 6:5-13; Und Paulus schrieb an Timotheus: »Niemand verachte dich wegen deiner Jugend.« 1. Tim 4:12.
Ungeachtet dieser Beispiele gab es für die Menschen viel zu lernen, um herauszufinden, wie Kinder lernen, und das gilt auch heute noch. Es war schon ein großer Fortschritt, als Martin Luther nach 1500 seinen Kleinen Katechismus schrieb, in dem u.a. die Zehn Gebote und das Gebet des Herrn in Form von Frage und Antwort abgehandelt werden. Andere Kirchen entwickelten ihre eigenen Unterrichtsmethoden. Kinder und Erwachsene der unteren Schichten waren zumeist Analphabeten und daher oft vom Unterricht ausgeschlossen.
Was wir heute unter Sonntagsschule verstehen, hatte seinen Ursprung im Leseund Religionsunterricht, der an Sonntagen stattfand, denn das war der einzige arbeitsfreie Tag, den Fabrikarbeiter hatten, unter ihnen viele Kinder. In den 1780er Jahren sah Robert Raikes, ein Drucker und Zeitungsverleger im englischen Gloucester, ihr Elend und ihr schlechtes Betragen am Sonntag. Aber statt sie gering zu schätzen, widmete er sich der Aufgabe, ihnen die erlösende Botschaft der Bibel näher zu bringen. Er stellte Frauen ein, die Kindern im Alter von sechs bis vierzehn Jahren das Lesen und grundlegende spirituelle Begriffe der anglikanischen Kirche beibrachten. Andere Philanthropen taten Ähnliches, doch als Zeitungsverleger besaß Raikes die finanziellen Mittel und Möglichkeiten, für seine Ideen zu werben, und konnte darum viele Erfolge verzeichnen.
Diese humanitäre Bewegung beschränkte sich nicht auf England. 1791 wurde in Philadelphia, Pennsylvania, der erste interkonfessionelle Sonntagsschulverband gegründet. Wenn auch weite Gebiete keine Lehrer und Pfarrer hatten, so wurden doch viele Sonntagsschulen von Wanderpredigern ins Leben gerufen. Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Stephen Paxon, einer der rührigsten unter diesen Predigern, über tausend Sonntagsschulen im mittleren Westen der USA, wobei er über 150.000 Kilometer zu Pferd zurücklegte.
An Orten, wo es keine Sonntagsschule gab oder als Ergänzung zum Religionsunterricht, benutzten Familien das Lesebuch von McGuffey, das anschauliche religiöse und moralische Lektionen enthielt. Die am 13. Juli 1803 in London gegründete Sunday School Union lieferte vielen Kirchen Lehrmaterial, auch denen in den Kolonien und förderte den Religionsunterricht auch in anderen europäischen Staaten.
1872 einigte sich die interkonfessionelle American Sunday School Union auf eine einheitliche Bibellektion für Sonntagsschulen; sie wurde als die »International Saries« bekannt und wird auch heute noch veröffentlicht. Die ersten Christian Science Bibellektionen gründeten sich auf diese Serie.
Sicher verfolgte Mary Baker Eddy den weltweiten Trend, Kindern Religionsunterricht zu erteilen. Aber sie war auch überzeugt, dass echtes Lernen mehr darstellt, als nur Bibelverse auswendig zu lernen und aufzusagen, so wichtig ihr eine gute Kenntnis der Bibel auch war. Ihr eigenes Leben veranschaulichte, dass die geistige und nicht die wörtliche Bedeutung der Bibel das Denken und Handeln der Menschen verändert und ihr Leben umwandelt, und das schloss für sie selbstverständlich auch die Kinder ein.
Weltweit vollbrachten die Sonntagsschulen viel Gutes, doch im Ersten Weltkrieg wurden sie einer harten Prüfung unterzogen. Abgesehen von den Auswirkungen auf die Kriegsteilnehmer, warfen die hohen Verluste an menschlichem Leben, besonders in Europa, Fragen auf, die viele Sonntagsschullehrer Mühe hatten zu beantworten. Rein theologische Erklärungen reichten nicht aus, um im Gefolge des Krieges auf Furcht und auf Zweifel an Gottes Macht einzungehen. Im Zweiten Weltkrieg stellten sich die gleichen Probleme, besonders was den Holocaust betraf. Wie auch heute, waren damals gute Lehrer vonnöten, wenn Schüler Gottes Liebe und deren Wirkungen in ihrem Leben verstehen sollten.
Trotz dieser Glaubenszweifel haben Lehrer, Pastoren und Eltern jungen Menschen weiter Religionsunterricht erteilt. Die Lektionen haben im Laufe der Jahre andere Gestalt angenommen, doch Liebe zu Gott, zu Jesus und zur Bibel bleibt eine aussagekräftige Botschaft, wenn sie mit Überzeugung und Verständnis gelehrt wird.
Heute haben Sonntagsschulen der verschiedensten Konfessionen oft Websites, die von und für ihre jungen Leute gestaltet werden und die auch von digitaler Videotechnologie Gebrauch machen, um Bibelgeschichten zu erzählen. Bibellektionen können auch von konfessionellen und ökumenischen Lieferfirmen gekauft werden. Manche finden immer noch die herkömmlichen Lehrmethoden am besten. Ihnen allen ist jedoch die Liebe zu Kindern und zu Gott gemein, und das verbindet sie mit den ersten Anfängen des Religionsunterrichts.
