Angesichts der Naturkatastrophe in Südasien gehen Helfer und Hilfssendungen, finanzielle Mittel und die Gebete von Millionen von Menschen zu den Betroffenen. Eine weltweite Solidarität vereint Menschen und Völker und Tausende von Organisationen und Unternehmen, die die konkrete Hilfe vor Ort leisten und nach Wegen Ausschau halten, wie am effektivsten geholfen werden kann.
Es wird immer deutlicher, dass finanzielle Mittel, so wichtig und unerlässlich sie natürlich sind, nicht die einzige Lösung sein können. Die eigentliche Dimension, wie geholfen werden kann und muss, geht über diesen Rahmen weit hinaus und führt zur Bedeutung unserer Gedanken, unserer Gebete.
Mary Baker Eddy stellt die Frage: »Nützt uns Beten etwas? Ja, das Verlangen, das hungernd nach Gerechtigkeit hinausgeht, wird von unserem Vater gesegnet und es kehrt nicht leer zu uns zurück. Gebet kann die Wissenschaft des Seins nicht ändern, aber es dient dazu, uns mit ihr in Übereinstimmung zu bringen.« Im Lukasevangelium 12:29,31 und 32 sagt uns Jesus Christus: »Fragt nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und macht euch keine Unruhe. Trachtet vielmehr nach Seinem Reich, so wird euch das alles zufallen. Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohl gefallen, euch das Reich zu geben.«
Dieses »Fürchtet euch nicht« gilt auch für die Ereignisse in Südasien. Wir sind alle erschüttert und täglich werden wir mit Nachrichten über die Katastrophe überschwemmt. Manchmal lassen wir uns auch überwältigen von Furcht, Entsetzen und Mitleid oder hören uns einfach die Geschehnisse nicht mehr an, weil wir meinen sie nicht mehr ertragen zu können.
Und doch: Wie können wir beten, wie können wir helfen? Wir sehnen uns nach Frieden in der Welt, aber vor allem nach Trost, Hilfe und Ermutigung für die Menschen in den gebieten. Wir sehnen uns nach Beendigung der Hungersnöte, nach Gerechtigkeit für alle Menschen auf der Welt. Und natürlich auch nach Schutz vor Naturkatastrophen. Gibt es denn überhaupt noch Sicherheit?
Ein Gedanke mag da wegweisend sein. Auch er stammt aus Wissenschaft und Gesundheit. Es heißt da: »Der echte Christliche Wissenschaftler stärkt die mentale und moralische Kraft. ...« (S. 375:18) Was heißt das für mich? Ich kann darauf achten, nicht den göttlichen Maßstab zu verlieren, indem ich in das Gejammer der Welt einstimme, indem ich kritisiere oder mich entrüste oder Schuldige suche und festlege (z.B. die globale Erderwärmung als mittelbare Ursache für das Seebeben). Kritisieren hemmt unsere Fähigkeit zu heilen, auch hilft die bloße moralische Entrüstung über das Böse (z.B. Korruption) nicht weiter, wenn es auch wichtig ist, solche Missstände zu erkennen, aufzudecken und möglichst rasch zu beseitigen.
Ständig sind wir versucht, Dinge, Situationen oder Menschen als gut oder schlecht einzuordnen. Auf dieser Ebene begegnen uns Sünde, Krankheit und Tod. Wir können aber einen höheren Standpunkt einnehmen, z.B. uns Gottes Allheit vergegenwärtigen und bekräftigen, die wir mehr und mehr durch eine Kenntnis von Christian Science erfassen. Dann können uns die Zerrbilder immer neuer Schreckensmeldungen nicht mehr beeindrucken oder lähmen. Uns mag dann nach wie vor Gutes oder Schlechtes begegnen, aber wir lassen uns dadurch nicht mehr durcheinander bringen. Wir bleiben, und das ist das Ziel, handlungsfähig – für uns wie für andere.
Ein solch erhobenes Bewusstsein führt uns zu mehr Einsicht und Scharfsichtigkeit, zu besseren und wirkungsvolleren Überlegungen und Handlungen. Dieses Bewusstsein ist also etwas, was ganz natürlich zu uns gehört, was allen Menschen zuteil geworden ist, weil alle Menschen in Wahrheit Gottes Widerspiegelung sind. Es scheint nur manchmal nicht oder nur teilweise entwickelt zu sein. So können wir wirklich Gott bitten: »Stärke die hungernden Neigungen«, die geistigen Neigungen, die M. B. Eddy in ihrer geistigen Interpretation des Gebets des Herrn anspricht, die in jedem schon vorhanden und angelegt sind und die täglich weiter ausgeprägt werden sollten. (Mehr dazu können Sie im Kapitel »Gebet« in Wissenschaft und Gesundheit lesen.)
Bei der Naturkatastrophe in Südasien wurden die unter dem Meer liegenden Erdplatten verschoben und erzeugten dadurch die großen Spanungen, die sich dann als gewaltiges Seebeben entluden. Ich sehe hier gewisse Zusammenhänge zum Denken der Einzelnen. Mir erscheint es wie ein Symbol der massenhaften Verschiebung des Vertrauens der Menschen weg von geistigen, dauerhaften Werten hin zum Vertrauen auf materielle Gesetze, zum Glauben an Glück und Wohlergehen auf rein materiellen Grundlagen. Diese materiellen Werte sind – wie auf schreckliche Weise deutlich wurde – zerstörbar. Könnte es nicht sein, dass dieses begrenzte, materiell orientierte Denken gewissermaßen die Reibung verursacht oder zumindest begünstigt hat und das Seebeben darauf hindeutet und uns zur Umkehr drängt?
Interessant ist auch, dass die Verschiebung der Erdplatten eigentlich ein natürliches Phänomen ist, welches nicht unbedingt zu Katastrophen führen muss, wenn die Menschen besser auf die schon bekannten Signale achten und nicht aus Gewinnsucht, Bequemlichkeit und mangelnder Kooperation auf Frühwarnsysteme verzichten würden.
Ein 10-jähriges Mädchen, das im Schulunterricht kurz vor Weihnachten in Geographie über die Signale eines Tsunami unterrichtet worden war, erkannte als Einzige an einem der Strände die Gefahr. Sie hatte – Gott sei Dank – eine Mutter, die ihre Warnung ernst nahm und die Hotelleitung informierte. Diese agierte schnell und richtig und evakuierte den Strand, kurz bevor die Flutwelle eintraf. Dieser Strand in Phuket war einer der wenigen Strände, wo niemand verletzt oder getötet wurde.
Bundeskanzler Schröder hat in seiner Neujahresansprache besonders betont, dass es jetzt in erster Linie nötig ist, sich über politische, ethnische oder wirtschaftliche Interessen und Lager zu erheben und nur den Menschen vor Augen zu haben, der gleiche Rechte auf der ganzen Welt hat. Wir müssen umdenken und dafür sorgen, dass es wirklich zu einer Einheit der Völker kommt und dass wir alle zusammenstehen.
Deshalb ist es natürlich nötig, humanitäre Hilfe zu geben, und jeder sollte tun, was er kann, um die Not zu lindern. Aber die gebetvolle Hilfe, die wirklich weiß, dass Gott nirgends aufhört oder fehlt und dass jeder Mensch in seinem wahren Bewusstsein davon weiß, ist die umfassende Hilfe, die der Mensch wirklich benötigt.
Dafür gibt es schon deutliche Anzeichen. Z.B. beraten Politiker, Wissenschaftler, Ökonomen, Künstler, Intellektuelle und auch Journalisten über einen globalen Marshall-Plan. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Europa vier Jahre beim wirtschaftlichen Aufbau unterstützt. Ähnlich will man heute eine weltweit ökosoziale Marktwirtschaft mit Hilfe der Industriestaaten aufbauen, die ca. 0,4% ihres Bruttosozialproduktes spenden sollen. Die dieses Projekt fordern und fördern, sind keine Spinner. Sie wissen, dass die Überwindung Armut und die Einführung weltweiter Umweltstandards allen helfen würde. Die Marshall-Plan-Initiative ist ein echtes Gemeinschaftswerk, in dem nicht nur Ziele formuliert werden, sondern auch die Instrumente zur Umsetzung und Finanzierung.
Ich bin zuversichtlich, dass die Kriege aufhören und Frieden in Ländern und Herzen einkehren wird und dass die Not durch Naturkatastrophen – wie dieses Seebeben – wenn nicht gänzlich verhindert, so doch dauerhaft gelindert werden kann, wenn wir uns alle in dem einen göttlichen Geist vereint wissen und erkennen, dass wir alle in einem Boot sitzen, das gemeinsam gesteuert und auf dem rechten Kurs gehalten werden muss.
