Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib (1. Mose 1:27)
»Das Letzte und Neue in der Schöpfungsfolge, die Erschaffung des Menschen nach dem Bilde Gottes, wird noch einmal unterstrichen und herausgehoben durch den dreimaligen Gebrauch des Schöpfungswortes ›bara‹. Dieses Wort zeigt an, dass das menschliche Leben dem direkten schöpferischen Handeln Gottes entstammt. ... Mit dieser biblischen Aussage ist keine wie auch immer abgewandelte Lehre von der Entwicklung des Menschen aus dem Reich der Tiere vereinbar. Mensch und Tier gemeinsam ist allein die Tatsache, dass beide am sechsten Schöpfungstag gemacht wurden. Der Mensch allein aber ist unmittelbar von Gott geschaffen. Er allein ist Gottes Bild und Entsprechung und seinem Schöpfer darin ähnlich, dass er frei ist gegenüber dem Rest der Schöpfung. Er ist ihr Herr, und diese Freiheit hat ihren Grund darin, dass Gottes Freiheit sich an den Menschen gebunden hat, dass Gottes freie Gnade allein im Menschen wirklich wird, dass Gott frei sein will für den Menschen. So gibt es auch für den Menschen kein ›Freisein – von‹ ohne das ›Freisein – für‹, es gibt kein Herrschen ohne den Dienst an Gott, mit dem einen verliert der Mensch notwendig das andere. Der Schöpfer schuf ein Geschöpf, das ihm entspricht, zu dem er reden kann und das ihn hört.« (WStB)
Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! (Lk 5:3,4)
»Zuletzt hörten wir [Jesus] in der Synagoge predigen; jetzt spricht er am See zu den Menschen. ... Dieser Bericht enthält so etwas wie eine Liste der Voraussetzungen für ein Wunder. 1. Augen, die sehen. Im Galiläischen Meer gab es erstaunliche Fischschwärme, die so groß waren, dass sie eine Fläche von der Größe eines Sportplatzes bedeckten. Doch waren sie bei Tage nicht in Ufernähe, dicht unter dem Wasserspiegel, sondern weit draußen, im tieferen Wasser. Jesus sah die Männer, die viele Stunden vergeblich gearbeitet hatten, und er sah, was sie für ihren Lebensunterhalt so nötig brauchten. ... Wunder über Wunder entdeckt ein Mensch, dem Gott offene Augen gegeben hat. 2. Der Geist ist es, der Leistungen hervorbringt. Da Jesus es gesagt hatte, war Petrus bereit, es nochmals zu versuchen, obwohl er erschöpft war. Das Unglück der meisten Menschen besteht darin, dass sie genau vor der letzten, unbedingt noch erforderlichen Anstrengung aufgeben. 3. Der Geist gibt nicht auf, was hoffnungslos zu sein scheint. Die Nacht war vorbei, und damit die Zeit des Fischens. Alle Begleitumstände waren ungünstig. Trotzdem sagte Petrus: Mögen die Umstände sein, wie sie wollen, wenn du es sagst, wollen wir es nochmals versuchen. Nur zu oft warten wir auf eine günstige Gelegenheit, weil der Augenblick uns ungünstig erscheint. Aber wenn wir stets warten wollen, bis die Umstände vollkommen sind, werden wir nie etwas beginnen. Wenn wir wollen, dass ein Wunder geschehe, müssen wir dem Wort Jesu folgen, wenn er uns heißt, das Unmögliche zu versuchen.« (Barclay)
Und siehe, da kam ein Mann mit Namen Jairus, der ein Vorsteher der Synagoge war, und fiel Jesus zu Füßen und bat ihn, in sein Haus zu kommen; denn er hatte eine einzige Tochter von etwa zwölf Jahren, die lag in den letzten Zügen. (Lk 8:41,42)
»Drei Dinge machten den Tod besonders schmerzlich. a) Sie war das einzige Kind ihrer Eltern. ... Das Licht im Leben ihrer Eltern war mit ihrem Tode erloschen. b) Sie war etwa zwölf Jahre alt. ... Aus dem Morgen des Lebens war unversehens der Abend ihres Lebens geworden. c) Jairus war der Oberste der Synagoge. ... Er hatte im Leben die höchste Stufe erreicht, die er in den Augen seiner Mitmenschen erreichen konnte. ... Es sah aus – wie es öfter vorkommt –, als habe ihm das Leben viele Dinge im Überfluss zuteil werden lassen, um ihm dafür sein kostbarstes Gut zu nehmen. Das ganze Pathos des Lebens, das wir nur zu gut kennen, steht hinter dieser Erzählung.
Die Klageweiber waren bereits erschienen. ... Diese Frauen waren überzeugt, dass das Kind gestorben war. Jesus dagegen behauptete, sie schlafe nur. Es ist durchaus möglich, dass Jesus vom Tod als vom Schlaf spricht. Es ist aber auch denkbar, dass Jesus dies ganz buchstäblich gemeint hat. ... Wie es sich jedoch damit auch verhalten mag, auf jeden Fall schenkte Jesus das Mädchen durch seine Macht dem Leben zurück.
Wir wollen auch den sehr praktischen Hinweis, den er gab, nicht übersehen. Jesus befahl, man solle dem Mädchen etwas zu essen geben. Ist es möglich, dass er dabei ebenso sehr an die Mutter wie an die Tochter dachte? Die Mutter muss nach der Qual des Schmerzes und dem plötzlichen freudigen Schock einem Zusammenbrauch nahe gewesen sein. ...
Doch die bei weitem interessanteste Person dieser Geschichte ist Jairus. ... Er stand der Synagoge vor. ... Den Umständen nach konnte er also Jesus nicht lieben und musste in ihm... einen Mann sehen, der das Gesetz übertrat. Doch in der Stunde der Not demütigte er sich und bat Jesus um Hilfe. ... Wie ihm auch zumute sein mochte, er ließ das Urteil der Klageweiber nicht völlig gelten; denn zusammen mit seiner Frau ging er in den Raum, in dem das Mädchen lag. Wider alles Hoffen hoffte er dennoch. ...
Hier wandelt sich das Leid des Lebens unverhofft in Freude.« (Barclay)
Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. (Joh 20:24)
»Johannes berichte am Schluss seines Evangeliums noch ein Ereignis der Ostertage, das ihm an dieser Stelle besonders wichtig erschien, weil es in die Zukunft der Gemeinde hineinweist und dem Zweck des ganzen Buches, den Glauben zu stärken, in besonderer Weise dient. ... Thomas, dessen aramäischer Name ebenso wie die griechische Namensform Didymus »Zwilling« bedeutet, ist uns aus 11,6 und 14,5 bekannt. ... Warum er am Ostertag nicht bei den anderen jüngern ist, sagt uns Johannes nicht. Es hat darum wenig Wert, Vermutungen darüber anzustellen. Johannes kommt es nur auf die Tatsache als solche an. Diese Tatsache aber, wie immer sie begründet sein mag, ist folgenreich. Jesus offenbart sich im Kreis der Seinen; wer in diesem Kreis fehlt, verliert auch den Anteil an dem Handeln Jesu.
Es zeigt sich sogleich, wie groß dieser Verlust gerade bei einem Thomas war. Wohl bringen ihm die anderen die Botschaft von dem, was sie erlebt haben. Aber das ist für Thomas unfassbar. Seine schwerblütige Natur ... sträubt sich dagegen, etwas so Herrliches und Befreiendes zu glauben. ... Ihm wird nicht einmal das Sehen Jesu genügen, auch das konnte noch eine bloße Vision sein. Mit seinem Finger und mit seiner Hand will er sich handgreiflich davon überzeugen, dass der, der seinen Mitjüngern erschien, wirklich der Jesus ist, der am Kreuz starb. Thomas hat jedenfalls erkannt, was die wirkliche Auferstehung Jesu bedeuten würde. ... Hat Jesus wirklich gesiegt? ... Es kann uns an Thomas klar werden, wie alle wohlgemeinten Theorien über Ostern, die hier nur subjektive religiöse Erlebnisse der Jünger, Visionen und ähnliches, anerkennen wollen, nichts helfen. ... Nur die Wirklichkeit eines handgreiflichen Geschehens bezeugt uns die Wirklichkeit des Sieges Gottes über Sünde, Tod und Teufel und alle Schrecklichkeiten dieser Welt, in der wir leben.
Darum wird Thomas auch weder von seinen Brüdern noch von Jesus selbst als Zweifler verstoßen. Er ist nicht Zweifler aus Wohlgefallen an Kritik und Besserwissen. Er ist Zweifler aus Not und aus heißem Verlangen nach Gewissheit. Es ist so gut, dass wir keine entrüsteten Worte der anderen über ihn hören und dass er sich selber nicht von den anderen trennt. ...
Wieder tritt Jesus in die Mitte der Seinen ... Und nun wendet sich Jesus besonders diesem Jünger zu. ... Wie in seinem ganzen irdischen Wirken geht es Jesus auch jetzt um den einzelnen in seiner besonderen Lage, Thomas empfängt von Jesus kein Scheltwort. Ihn trifft die ernste Liebe Jesu, die diesen Jünger aus der Not der Ungewissheit und des Zweifels zum lebendigen Glauben bringen will. ... Er erlaubt dem Thomas genau das, was dieser zur Bedingung seines Glaubens an Jesu Auferstehung gemacht hat. ... (Thomas) streckt seine Hand nicht aus und legt seine Finger nicht in die Nägelmale. Er braucht das nicht mehr. Der lebendige Herr hat sich ihm mächtig und beschämend erwiesen, schon in dem Augenblick, als er ihn anredet und ihm seine Worte wiederholt. ... Jesus tadelt ihn darum auch nicht. Aber er fügt allerdings ein ganz entscheidendes Wort hinzu: Selig, die nicht sahen und doch glaubten ... Jesus sieht gerade jetzt in die ganze Weite der Geschichte seiner Gemeinde hinaus und sieht ungezählte Scharen zum Glauben kommen, die nicht sahen. Es ist so, wir können es nur bestätigen.« (WStB)
Quellenangaben:
Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
WStB = Wuppertaler Studienbibel
