Vor kurzem las ich in einem Schulfoyer ein von Kindern gestaltetes Plakat, das den Begriff »faustlos« darstellte:
F wie feinfühlig
A wie angstfrei
U wie unabhängig
S wie sanft
T wie tätig
L wie locker
O wie optimistisch
S wie selbstlos
Damit wurde auf ein Projekt der Schule aufmerksam gemacht, bei dem es um Prävention von Gewalt geht. »Sprechen statt prügeln«, fordert der Arzt Prof. Dr. Manfred Cierpka, der dieses Projekt hier in Deutschland ins Leben gerufen hat. Dabei soll Kindern geholfen werden, Gewalt vorzubeugen bzw. sich anders zu verhalten als bisher gewohnt.
Das Thema Gewalt begegnet uns direkt oder indirekt in vielen Facetten.
Wie schön, dachte ich, da kann ich mich genauso angesprochen fühlen. Denn die genannten Eigenschaften wurden allen Menschen durch Gottes Liebe bereits mitgegeben. Darum können wir sie alle, ob groß, ob klein, jederzeit und überall nutzen. Zum Beispiel kann ich jeden Tag neu stärkende »Zutaten« zusammenstellen für den Vorsatz, einen Angriff — und das kann ein verbaler Angriff genauso wie ein tätlicher Angriff sein — nicht mit einem Gegenangriff zu beantworten. Überlegen Sie einmal, wie lhre Faustlos-Liste aussehen könnte.
Das Thema Gewalt begegnet uns direkt oder indirekt in vielen Facetten. Folgendes Beispiel hat mich inspiriert und ermutigt:
Ein Mann sitzt am Stadttor und sieht zwei Fremde kommen. Er weiß nicht, dass es Engel sind. Mit einer liebevollen und furchtlosen Offenheit bietet er den beiden »Fremden« Gastlichkeit an. Plötzlich ertönt draußen lautes Geschrei, denn einige Stadtbewohner haben ebenfalls mitbekommen, dass Fremde gekommen sind und möchten »ihr Spiel mit ihnen treiben«. Der Mann bittet sie aufzuhören, doch sie werden immer aggressiver und schrecken auch nicht vor Gewalt zurück. Da ziehen ihn die Enael ins Haus und verriegeln die Tür. Draußen wird es schließlich still. Irmgard Weth, Neukirchener Kinder-Bibel, Neukirchen-Vluyn 1988
Wie erkenne ich erst einmal meine Stärken?
Dieses Beispiel entnahm ich einem uralten Buch, der Bibel, voll von Berichten, die von Neid und Machtanspruch, aber auch Miteinander und Hilfsbereitschaft sowie von Gottes Kraft und Macht handeln. Sie regen mich immer wieder an, Parallelen zu meinem Leben zu suchen und geeignete Lösungswege zu finden. Bei diesem Beispiel sind für mich drei Aspekte wichtig:
1. Täter
Die Geschichte von Lot, seiner Familie und dem Untergang von Sodom geht natürlich noch weiter. Doch in der Situation der Bedrohung war es dieser Schutz der Engel, der mich so berührt hat. Natürlich kann man sich auch fragen, warum die Leute aus der Stadt »ihr Spiel treiben« wollten. Waren sie auf der Suche nach Bestätigung vor den anderen? Wollten sie sich gegenseitig etwas beweisen?
»Die Stärken stärken!«, rät der Persönlichkeitstrainer Jörg Löhr als Erfolgsstrategie. Doch wie erkenne ich erst einmal meine Stärken?
Mir persönlich ist das Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy dabei eine große Hilfe und Inspiration. Darin wird der Mensch beispielsweise so beschrieben: »Die Heilige Schrift teilt uns mit, dass der Mensch zum Bild und Gleichnis Gottes gemacht ist. ... Er ist die zusammengesetzte Idee Gottes, die alle richtigen Ideen einschließt; ...« Wissenschaft und Gesundheit, S. 475 Beruhigend und auffordernd finde ich, dass hier niemand ausgeschlossen ist, sondern von jedem als Idee Gottes gesprochen wird!
Im »Gebet des Herrn« beten wir als Gottes Kinder: Unser Vater, der du bist im Himmel. Heißt das nicht, dass wir alle zu einer Familie, einer großen weltumfassenden Familie, gehören? Dieser Gedanke der Einheit führt zu einem weiteren Aspekt der Geschichte von Lot und der Rettung durch Engel.
2. Opfer?
Lots Furchtlosigkeit und offene Hilfsbereitschaft wurden durch das Einschreiten der Engel erwidert. Man kann auch sagen: die Liebe, die Lot den beiden Fremden entgegenbrachte, machte ihn selbst bei dem Angriff der gewaltbereiten Stadtbewohner unverwundbar. Lot wurde davor bewahrt, zurückzuschlagen oder in Furcht zu erstarren. Er fühlte sich nicht in einer Opferrolle. Lot war bereits so von Liebe erfüllt, dass der Angriff an ihm abprallte.
Eddy spricht aus Erfahrung, wenn sie uns die Anleitung gibt: »Überwinde Böses mit Gutem.«
Eddy war Expertin auf diesem Gebiet. Als Frau im 19. Jahrhundert, mit Aufgaben als Autorin, Verlagsgründerin, Vortragende, Lehrerin und über allem Heilerin, ist sie in ihrem Leben immer wieder angegriffen worden — durch Blicke, gemeine Äußerungen oder Handlungen, die ihre schaden sollten. Sie spricht also aus Erfahrung, wenn sie uns die folgende Anleitung mit auf den Weg gibt: »Zu allen Zeiten und unter allen Umständen überwinde Böses mit Gutem. Erkenne dich selbst und Gott wird dir Weisheit und Gelegenheit für einen Sieg über das Böse geben. Bist du mit der vollständigen Rüstung der Liebe bekleidet, kann menschlicher Hass dich nicht erreichen. Das Band einer höheren Menschlichkeit wird alle Interessen in der einen Göttlichkeit vereinen.« ebd. S. 571
Damit wir dieses Band zu fassen bekommen, stehen uns — wie bei Lot — Helfer zur Verfügung.
3. Helfer!
Die Engel waren im Auftrag Gottes unterwegs gewesen, um Lot eine wichtige Nachricht zu überbringen. Gleichzeitig standen sie ihm in einer bedrohlichen Situation zur Seite. Eddy definiert Engel folgendermaßen: »Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Intuitionen, rein und vollkommen; die Inspiration von Güte, Reinheit und Unsterblichkeit, die allem Bösen, aller Sinnlichkeit und Sterblichkeit entgegenwirkt.« ebd. S. 581
Um uns mit Gottes Gedanken zu vereinigen, beten wir. Dabei bekräftigen wir unsere Beziehung zum Göttlichen, unserem Schöpfer, dem Vater-Mutter Gott. Durch dieses Band des Gebets werden in uns alle guten Eigenschaften aktiv, die wir für friedliche Beziehungen benötigen. Gebet wirkt. Gebet ist eine Kraft, die uns durch das Bewusstsein des Einsseins mit Gott stärkt. Als Antwort gibt uns Gott die richtigen Ideen, die weit entfernt von menschlichem Willen oder menschlicher Meinung liegen. Wir fühlen uns nicht ohnmächtig, sondern mutig. Gebet führt mit der Gewissheit, dass Gottes Engel bereits in Aktion sind, zu den richtigen Gedanken und Handlungen, um mit dem Thema Gewalt faustlos und furchtlos umzugehen.
