Während ich diesen Artikel schreibe, habe ich einige meiner Freunde und Bekannten vor meinem geistigen Auge. Ich stelle sie Ihnen einmal vor: Da ist eine junge Mutter, kurz nach der Entbindung von ihrem zweiten Kind, die sich ausgelaugt fühlt, obwohl sie doch »nur« Kinder großzieht und einen Familienhaushalt führt. Eine andere Frau »in ihren besten Jahren« – ihre Kinder sind schon aus dem Haus – hat in einer staatlichen Behörde einen herausfordernden Job. Sie macht eigentlich die Arbeit für zwei und fühlt sich ständig gehetzt, um ihre Abgabetermine einzuhalten. Und ich denke an einen arbeitslosen Familienvater dreier fast erwachsener Töchter, die gerade ihren Weg ins Berufsleben zu finden versuchen. Er hat letztlich mehr Zeit, als ihm lieb ist, aber es fehlen ihm der Antrieb und die Motivation, all die vielen unscheinbaren Dinge im Haus zu tun, die er als Hausmann vielleicht gut tun könnte, oder eben Bewerbungen zu schreiben, wie es die meisten von ihm erwarten würden. Es ist eine andere Art der Erschöpfung, die näher an der Trost- und Mutlosigkeit liegt als an der Müdigkeit durch physische Ausarbeitung. Ich könnte die Liste von diesen Leuten wohl beliebig fortsetzen, die auf die eine oder andere Weise vor Herausforderungen stehen, von denen sie nicht so recht wissen, wie sie sie bewältigen sollen.
Ich denke, ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich aus eigener Erfahrung diese Gemütszustände aus dem Effeff kenne und mein Mitgefühl mit Dreien (und den vielen anderen, denen es ähnlich ergeht) deshalb wirklich von Herzen kommt. Auch ich muss mich des Öfteren zur Ordnung rufen, einerseits mich nicht gar zu arg hetzen zu lassen von dringenden oder vielleicht doch nicht so dringenden Terminen, andererseits mich zu motivieren, die verschiedensten Dinge anzupacken, die schon lange überfällig sind. Und manchmal bin ich in düsteren Momenten auch einfach nur frustreirt, weil mir nicht alles so umfassend gelingt, wie ich's gern hätte, und sich immer wieder Stapel von zu erledigenden Aufgaben auf meinem Schreibtisch aufhäufen.
Wenn es mir gelingt, einen Moment aus der mentalen Tretmühle auszubrechen, denke ich gern an den siebenten Tag der Schöpfung.
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