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Chancen und Risiken der Migration

Aus der Juli 2006-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Interview von »DW-World.de. der Website der Deutschen Welle« mit Ausstrahlung am 31.05.2006. Abdruck der gekürzten Fassung mit freundlicher Genehmigung. Mehr Nachrichten und Hintergründe aus Deutschland und Europa finden Sie auf DW-WORLD.DE

Die UN-Kommission für internationale Migration hat Chancen und Risiken der Migration untersucht. Rita Süssmuth Prof. Dr. Rita Süssmuth, Mitglied der CDU, war u.a. Bundesministerin, Bundestagspräsidentin, Vorsitzen de des Sachverständigenrates für Zuwanderung und integration. ist Mitglied der Kommission. Im interview mit DW-WORLD.DE fordert sie eine moderne Migrationspolitik.

DW-WORLD: Die UN-Weltkommission hat (am 31.05.2006) in Berlin auf der Konferenz über globale Migration ihren Migrationsbericht vorgestellt. Sie sagen: Migration ist ein internationales Phänomen, dem nur durch globale Lösungsansätze begegnet werden kann. Was sind die größten Herausforderungen für die Weltgemeinschaft?

Rita Süssmuth: Wir haben es bei den 200 Millionen registrierten Migranten überwiegend mit erzwungener Migration zu tun. Das heißt, diese Menschen haben »unfreiwillig« ihr Land verlassen, überwiegend aufgrund extremer Armut, Krieg oder wegen politischer Gewalt. Wir müssen auf Grundlage der Menschenrechte weg von der erzwungenen, hin zu mehr freiwilliger legaler Migration, um den Menschen ein menschenwürdiges und sicheres Leben zu ermöglichen.

Ein zweites Hauptproblem sind die unterschiedlichen Erwartungen — zum einen der Flüchtlinge, zum anderen der Aufnahmeländer.

Und die dritte Herauforderung: Wir haben es in bestimmten Regionen der Welt mit Überbevölkerung zu tun, in anderen Gebieten hingegen mit schrumpfender und alternder Bevölkerung — vornehmlich in Europa.

In dem Bericht machen Sie Vorschläge zur besseren Gestaltung und Steuerung der internationalen Migration. Und Sie raten dringend dazu, die positiven Effekte der Migration zu fördern. Welche genau sind das?

Die wichtigsten positiven Effekte liegen im humanen Potenzial — also in den Menschen selbst. Wir reden bei uns in Deutschland viel zu wenig darüber, was Migranten bei uns zum wirtschaftlichen Wohl beigetragen haben. Aber auch in sozialer und kultureller Hinsicht. Nehmen wir das Wirtschaftliche. Deutschland hat zwar von 1956 bis 1973 bei der Rekrutierung von Millionen Gastarbeitern Fehler gemacht, indem wir überwiegend ungelernte Arbeiter mit geringer Schulbildung ins Land geholt haben. Aber wir dürfen nicht vergessen, in welchem Maße die Migranten bei uns fehlende Arbeitskräfte ersetzt haben.

Die Kommission hat versucht, für das komplexe Problem der globalen Migration komplexe Lösungsansätze zu finden. Wie soll das überhaupt funktionieren? Lässt sich Migration steuern?

Ja, unter anderem durch bilaterale Verträge. Zum Beispiel zwischen Albanien und Italien. Da sagt man dann den Migranten: Ihr bekommt Visa für dreimalige Besuche, ihr habt einen befristeten Aufenthalt und euer Land nimmt euch zurück.

Viele afrikanische Länder beispielsweise werben ihre weggegangenen Migranten wieder zurück. Sie bieten Ihnen die doppelte Staatsbürgerschaft an oder gewähren ihnen Kredite, damit sie sich selbstständig machen können.

Und es geht vor allem auch darum, weltweit gemeinsame Regelungen für die Flüchtlingsaufnahme zu finden, so wie es sie bereits in der Europäischen Union gibt. Damit nicht, wie jetzt im Fall Spaniens, ein Land alle Lasten einer illegalen Zuwanderung zu tragen hat.

Wir schlagen vor, dass wir auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene mehr Kooperation und Koordination brauchen. Es muss noch mehr Erfahrungsaustausch geben, ...

Müssen viele Aufnahmeländer erst lernen, mit Migranten umzugehen?

Ich denke ja. Nehmen Sie unser Land, das Jahrzehnte gesagt hat: Die Migranten Kommen nur für kurze Zeit und gehen dann alle wieder nach Hause. Viele sind aber geblieben. Natürlich haben wir in allen Ländern auch zeitlich befristete Aufenthalte. Aber wenn wir dauerhaft zusammenleben, dann gilt es, sich mit der Kultur der Ankommenden und umgekehrt mit der Kultur des Aufnahmelandes vertraut zu machen.

Das multikulturelle Alltagsleben erscheint erst einmal sehr bunt in den Straßen unserer Städte. Aber wenn es wirklich darum geht, Tür an Tür miteinander zu leben, dann stellt das erhebliche Anforderungen an die Integration.

Die Migranten stehen also in der pflicht?

Die Migranten wissen ganz genau, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Das ist keine Kuschelpartie. Wer in ein anderes Land geht, der weiß um die Risiken, die hohen Belastungen und die besonderen Anstrengungen. Ich muss als Migrant immer besser sein, als die Einheimischen, damit ich dort bestehen kann.

Nachdrucke auf dieser Seite geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion des Christian Science Herold wieder.

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