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Glückseligkeit

Aus der November 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Ruhe und das stille Glück, das auf den Gesichtern der Anhänger der Christlichen Wissenschaft leuchtet, bleibt nicht ohne Eindruck auf den unbeteiligten Beobachter. Fast überall spricht man darüber und fragt nach dem Grunde. Vor kurzem kam ein Geschäftsmann zu einem Christlichen Wissenschafter und sagte:

„Ich verstehe diese neue Lehre nicht, muß jedoch gestehen, daß ihr Christlichen Wissenschafter mit eurem Optimismus einzig dasteht. Wir übrigen Sterblichen tragen schwer an den Mühen und Sorgen des täglichen Lebens, die ihr längst abgelegt zu haben scheint. Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden durch die Veränderung, die mit einem meiner Freunde vorgegangen ist. In der Kirche hatte derselbe gehört, wie ein Bekannter seine Heilung durch die Christliche Wissenschaft bezeugte, was ihn veranlaßte, sich näher mit dem Studium dieser Lehre zu befassen. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit wurde aus ihm einer der glücklichsten, fröhlichsten, gesundesten Menschen, die ich kenne. Er war kaum wiederzuerkennen im Vergleich mit seinem früheren melancholischen Wesen. Ich zähle Heiterkeit und Frohsinn zu den höchsten Gütern des Lebens und möchte wirklich das Geheimnis und die wunderwirkende Kraft, die dieser Lehre zu Grunde liegt, kennen lernen.”

„Nun”, sagte der Christliche Wissenschafter, „wenn Ihnen das einen so tiefen Eindruck gemacht hat, warum versuchen Sie nicht selbst herauszufinden, was Ihren Freund so froh und freudig macht. Haben Sie jemals mit ihm darüber gesprochen? Haben Sie ihn um Aufklärung gebeten?”

„Gewiß, wir haben diesen Gegenstand oft berührt, und er besteht darauf, daß sein Verständnis von den Lehren der Christlichen Wissenschaft das Wunder bewirkt habe. Das alles klingt ungewöhnlich, und doch muß ich ihm glauben, denn sein Wort gilt mir wie sein Bürgschaftsschein.”

„Mir scheint”, sagte der Christliche Wissenschafter, „daß Sie selbst nicht so glücklich und zufrieden sind, wie Sie es gerne sein möchten. Glauben Sie, daß Sie in Wirklichkeit halb so glücklich sind wie Ihr einstmals so trübsinniger Freund?”

„Ich glaube kaum, so ungern ich es zugestehe”, war die rasche Antwort.

„Nun denn, warum versuchen Sie nicht in die Fußtapfen Ihres Freundes zu treten. Warum folgen Sie nicht seinem Beispiel indem Sie, auf das Zeugnis eines Freundes hin sich ernstlich und ehrlich selbst an das Studium der Christlichen Wissenschaft machen? Schriften über die Christliche Wissenschaft sind überall zu haben; warum verschaffen Sie sich nicht welche und lesen sie gründlich durch? Glauben Sie nicht, daß Sie dadurch ebenso glücklich und frei werden könnten wie Ihr Freund. Warum machen Sie nicht einen ernsten Versuch?”

Doch da kamen die Ausreden! „Sehen Sie”, sagte er, „ich bin eben so sehr beschäftigt. Während der Wochentage widme ich mich dem Geschäft, was meine ganze Zeit in Anspruch nimmt. Abends gehe ich gewöhnlich mit meiner Frau aus, entweder ins Theater, in irgendeinen Verein, zum Tanz, oder wir empfangen Freunde in unserm eignen Heim. Sonntags bin ich dann so übermüdet, daß ich absolut zu nichts gut bin, höchstens zu einer ruhigen Automobilfahrt aufs Land. Außerdem erscheint mir die Christliche Wissenschaft etwas schwer verständlich, und ich glaube nicht, daß ich Zeit erübrigen könnte, mich eingehend mit ihr zu beschäftigen. Doch werde ich nächstens einmal einer Mittwoch-abend-Versammlung oder einem Sonntags-Gottesdienst beiwohnen; das wird mich etwas auf das Studium der Christlichen Wissenschaft vorbereiten.”

Der Geschäftsmann ging, und der Christliche Wissenschafter verfiel ins Nachdenken. Er sah klar, was seinem Freund not tat, nämlich ein gründliches Erwachen aus einer völlig materialistischen Denkungsart, eine Anregung zum Streben nach höheren Dingen. Er hatte erklärt, daß er Glückseligkeit zu den höchsten Gütern des Lebens zähle; daß dieses Gut von einem seiner Freunde, in dessen Wort er volles Vertrauen setzte, gefunden worden sei; daß nach seiner Überzeugung die Christliche Wissenschaft den Umschwung zum Guten in seinem Freunde bewirkt habe. Doch auf die Frage hin, warum er nicht selbst den Weg zu diesem Schatze suche, entschuldigte er sich damit, daß er zu sehr von weltlichen Dingen in Anspruch genommen sei. Sein eignes Zugeständnis in bezug auf die neugestaltende Kraft der Christlichen Wissenschaft und seine darauffolgenden nichtigen Ausreden hatten ihn offenbar verlegen gemacht. Er hatte wenigstens teilweise erkannt, daß er ganz in der Materie verstrickt und ihren Verlockungen und Freuden ergeben war; daß er gleichgültig war gegen die Forderungen des einen Geistes, Gottes, der so viel Gutes, so viel Freude bereit hält für alle, die ernstlich darnach streben, die Ermahnung der Heiligen Schrift zu befolgen: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan”.

Die Geschichte der Menschheit hat viele ähnliche Beispiele aufzuweisen. Im vierzehnten Kapitel des Lukasevangeliums finden wir ein Gleichnis, das uns deutlich zeigt, wie schwer es manchmal ist, die Menschen zu bewegen sich dem zuzuwenden, was in Wirklichkeit das Beste für sie ist und sie am meisten fördern kann. Wir lesen da: „Es war ein Mensch, der machte ein groß Abendmahl, und lud viele dazu. Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist alles bereit! Und sie fingen an alle nach einander sich zu entschuldigen”. Der erste sagte, er habe „einen Acker gekauft”, und er müsse ihn nun besehen. Ein andrer erklärte, er könne die Einladung nicht annehmen, weil er „fünf Joch Ochsen” gekauft habe, die er beschauen müsse. Ein dritter hatte, wie unser Geschäftsmann, „ein Weib genommen”, das seine Zeit in Anspruch nahm. Es wird uns nicht erzählt, daß der Gastgeber etwa Anstalten getroffen hätte, sein Mahl zu verschieben, damit seine Freunde anwesend sein könnten. Er machte nicht einmal den Versuch sie umzustimmen, sondern ließ sie ruhig weiter gehen auf dem Wege ihrer materiellen Interessen, der ihnen so wichtig schien und auf dem sie ihr Glück zu finden glaubten. Mit andern Worten: er fand sie nicht willens „Alles zu prüfen und das Gute zu behalten”— das, was geistig ist und weit außer dem Bereiche sogenannter materieller Einflüsse liegt.

Wer war es nun, dem schließlich das bereitete Gastmahl zugute kam? Waren andre da, die bloß gerufen zu werden brauchten, um die Einladung dankbar anzunehmen. Gewiß! Obgleich diese einer sogenannten niedrigen Gesellschaftsklasse angehörten, waren sie doch der guten Gelegenheit würdiger, als die vornehmen Geladenen. Der Ruf des Apostels: „Sehet, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils”, ging nicht ungehört an ihnen vorüber; sie waren bereit.

Ja, die „Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden” waren es, die sich so bereitwillig und dankbar einfanden — diejenigen, die der angebliche grausame Gott der Materie beraubt und betrogen hatte (derselbe Gott, der ihre so geschäftigen Brüder irre führte)— diejenigen die in „Straßen und Gassen”, an „Hecken und Zäunen” schmachteten, und die in Wirklichkeit alles geprüft hatten und dadurch willig gemacht worden waren, das Gute anzunehmen und es zu behalten.

Die geistige Auslegung des vorliegenden Gleichnisses zeigt, daß diese Enttäuschten und Müden wirklich bereit waren, allen weltlichen Dingen zu entsagen, um ein demonstrierbares Verständnis von dem vollkommenen Vater, dem einen Gemüt und von dem Menschen als des Geistes Widerspiegelung und Ebenbild zu gewinnen; ein Verständnis, welches allmählig das Himmelreich im Bewußtsein gründen und die Menschheit befreien wird von den Ansprüchen der sogenannten Materie, so daß sie der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes teilhaftig werden können.

Heute ist es die Christliche Wissenschaft, die zum großen Abendmahl ruft, zum Fest alles Guten, das für die Menschheit bereitet ist. Alle die sich einfinden, in ehrlichem und aufrichtigem Verlangen nach dem Reiche Gottes und Seiner Gerechtigkeit, alle, die wirklich willens sind, ihre materiellen Interessen aufzugeben, können Seiner unendlichen Fülle teilhaftig werden, können satt werden. Viele, viele Menschen, die arm, verkrüppelt, lahm oder blind waren, sind heute bei diesem Fest, und ohne Zögern und freudig bekennen sie sich zu der erfrischenden, erneuernden und erlösenden Macht der Wahrheit.

Mögen wir alle, die wir uns Vertreter der Wahrheit nennen, diese Lehre beherzigen. Nichts sollte uns hindern, unsre Pflicht voll und ganz zu tun, insoweit wir sie erkannt haben. Wir müssen stets und überall bereit sein, das Wort Gottes, des Lebens und der Liebe zu hören und ihm zu gehorchen. Wir müssen alle Ausreden vermeiden, denn sie tragen nur dazu bei, unsern Gehorsam und unsre Pflichttreue zu ersticken, wodurch unser Fortschritt auf dem Wege zur Wahrheit gehindert wird. Keine Gelegenheit zu heilen, zu helfen und zu segnen sollten wir unbenutzt vorübergehen lassen.

Wenn wir dann die wunderbare Macht, Majestät und Kraft Gottes erkennen, die in und durch uns wirkt, werden wir uns unendlich freuen, daß eine Frau gelebt hat, die rein und selbstlos genug war, die scheinbar undurchdringlichen Nebel des groben Materialismus zu durchbrechen, und die dadurch einer nach Erlösung ringenden, armen Welt, ein sicheres, wissenschaftlich demonstrierbares Verständnis von Gott und seinem Christus gegeben hat — ein Verständnis, das trotz seiner göttlichen Basis, Seiner Erhabenheit und Macht durchaus individuell ist und deshalb hinsichtlich seiner Anwendbarkeit und Wirksamkeit von der Pflichttreue, Ehrlichkeit und Ausdauer der Christlichen Wissenschafter abhängt.

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