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Das neunte Gebot

Aus der Mai 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das neunte Gebot: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten”, stellt hohe Anforderungen an den Menschen hinsichtlich der Wahrhaftigkeit seiner Gesinnung dem Nächsten gegenüber. Ohne Wahrhaftigkeit kann kein echtes Gefühl der Liebe bestehen, und umgekehrt. Die strengen Gebote des Dekalogs wären nicht nötig, wenn alle Menschen den geistigen Höhepunkt erreicht hätten, wo ein jeder seinen Nächsten liebet wie sich selbst. Nur die Wenigsten halten diese Errungenschaft für möglich; niemand aber wird im Ernst behaupten wollen, er könne der Verpflichtung, den Ruf eines andern in Ehren zu halten, nicht zum mindesten insoweit nachkommen, daß er sich der Verleumdung gegen ihn enthält.

Wohl gibt es menschliche Gesetze, die gegen ein solches Vergehen Strafe vorschreiben, sie kommen aber im Vergleich zu dem Gesetz, das da sagt, „Du sollst nicht stehlen”, vor Gericht sehr selten zur Geltung. Diese Tatsache läßt die materialistische Richtung der Menschheit erkennen. Der Prediger Salomo erklärt: „Ein guter Ruf ist köstlicher denn großer Reichtum.” Denselben Gedanken bringt Shakespeare zum Ausdruck, wenn er einen seiner Charaktere sagen läßt:

Wer meinen Beutel stiehlt, nimmt Tand; ’s ist etwas
Und nichts; mein war es, ward das Seine nun,
Und ist der Sklav' von Tausenden gewesen.
Doch, wer den guten Namen mir entwendet,
Der raubt mir das, was ihn nicht reicher macht,
Mich aber bettelarm.

Der Gehorsam gegen das neunte Gebot bedeutet mehr als die Ausübung einer negativen Tugend. Die Liebe, die sich „freuet ... der Wahrheit”, ist erforderlich, ob nun ein Freund oder ein Feind in Betracht kommt. Diese Liebe schenkt keinem üblen Gerücht über einen Mitmenschen Gehör. Wenn wir die Worte Jesu: „[Ihr] werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen”, im Lichte der Christlichen Wissenschaft betrachten, gewinnen sie unendlich an Bedeutung. Nicht nur die Wahrheit in bezug auf uns selbst ist gemeint, sondern die allumfassende Wahrheit, die Wahrheit über Gott und den Menschen, die Wahrheit, welche überall anwendbar ist. Sie bringt „Recht und Gerechtigkeit” im Bewußtsein zur Geltung, so daß wir uns nicht mehr für die hilflosen Opfer irgendeiner Ungerechtigkeit halten. Dahin kommen wir jedoch nicht, solange wir achtlos oder mit Absicht den falschen Zeugen der sterblichen Annahme Gehör schenken, die, wie der Psalmist sagt, „Unrecht [tun] ohne Scheu.” Wer nicht allen Forderungen des Gesetzes der Gerechtigkeit nachkommt, schadet sich selbst am allermeisten und geht der Freude verlustig, die man verspürt, wenn man im Sonnenlicht der Wahrheit und Liebe lebt.

Mrs. Eddys Erklärung dieses Gebotes ist kurz und bündig. Sie lautet: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden‘; d. h. du sollst keine Lüge äußern, weder in Gedanken noch in Worten, sollst auch nicht veranlassen, daß eine Lüge gedacht wird” („Miscellaneous Writings“, S. 67). Darauf folgt die Erklärung: „Gesundheit, Glück und Länge des Lebens bedingen den Gehorsam gegen diese Gebote.” Es versteht sich von selbst, daß konsequente Christliche Wissenschafter nicht über Krankheit und Sünde reden und daß sie nicht auf Darlegungen des Irrtums horchen, es sei denn, sie kommen von Kranken und Bekümmerten, die sich auf diese Art ihrer Last zu entledigen suchen. Selbst in solchen Fällen wird der Wissenschafter entweder stillschweigend oder laut die Wahrheit des Seins behaupten; er wird dem falschen Zeugen den Eintritt in seine mentale Behausung verweigern. Indem er in der Erkenntnis der unendlichen Wahrheit wächst, lernt er erkennen, daß er sowohl über Ausländer wie über sein eignes Volk wahr und liebevoll denken muß; daß er nichts Übles reden darf, was auch die Beweisgründe der materiellen Sinne sein mögen.

Zu dieser Anschauung berechtigen uns die Worte Jesu. Stellte er nicht in einem Gleichnis einen „Samariter” als den Nächsten dessen dar, der unter die Mörder gefallen war? Dieses Gleichnis sollte uns dazu anspornen, in all unserm Denken und Handeln gerecht und wahr zu sein, sei es in bezug auf Menschen, oder auf Völker. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 238) lesen wir: „Die Gesellschaft ist ein törichter Geschworener, weil sie nur eine Seite hört. ... Die Aufgabe der Zeit ist es, die scheue Gerechtigkeit wieder herzustellen und die Tatsache über die Lüge zu stellen.” Wenn wir die Tatsache über die Lüge stellen, werden wir nie ein Unrecht rechtfertigen, oder uns von dem Irrtum täuschen lassen; denn ein Sinn, der wachsam ist und die Anforderungen der Wahrheit erkennt, ist der sicherste Schutz gegen das Übel. Die Bibel sagt: „Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft”. Wir schützen also uns und andre dadurch, daß wir nur über das nachdenken, „was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohllautet”.

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