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Lobgesänge in der Nacht

Aus der Mai 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Christian Science Monitor


Hiob spricht an einer Stelle vom himmlischen Vater als von Gott, seinem Schöpfer, „der Lobgesänge gibt in der Nacht”. Bekanntlich hat man oft während der Nacht einen sehr übertriebenen Begriff von seinen Kümmernissen. Die Dinge sehen bei Nacht viel schlimmer aus als am Morgen, wo dann das Licht die Furcht zu verscheuchen scheint. Wenn sich das Herz während der Nacht über die Güte Gottes freuen kann, so ist dies ein Zeichen, daß Dankbarkeit das Dasein angenehmer gemacht hat. Lobgesänge in der Nacht heben das Denken zu Gott empor und schließen die bedrückenden Gefühle aus.

Sinnbildlich aufgefaßt hat der Lobgesang in der Nacht eine tiefe Bedeutung für uns. In den Stunden mentaler Dunkelheit, wenn Furcht, Kummer und Entmutigung uns zu überwältigen scheinen, Hilft uns ein Lobgesang im Herzen leichter über die rauhen Stellen hinweg. Die also zum Ausdruck kommenden Gefühle sind ganz andrer Art als die eines Menschen, der sich über äußeren Erfolg oder über sinnliche Genüsse freut. Wer angesichts großer Schwierigkeiten für erhaltene Segnungen dankbar sein kann, gleicht dem Rotkelchen, das im Regen singt, dem Schneeglöckchen, das unter dem Frühlingsschnee wächst. Er hat den Geist der Prophezeiung, des Glaubens, des Vertrauens auf die Macht des Guten. Er schaut mutig über die heutige Augenscheinlichkeit hinaus und sieht die Verheißungen des morgenden Tages. Der Lobgesang in der Nacht ist wahrlich eine Gottesgabe. Er hebt den Geist zu Gott empor.

Es ist nicht immer leicht, unerschrocken zu bleiben, nicht immer möglich, den Tag, oder die Woche, oder das Jahr hindurch die Versuchung zur Entmutigung sofort zurückzuweisen. Bei dem gegenwärtigen Stand der menschlichen Angelegenheiten gibt es Arbeit zu tun, einen Berg zu ersteigen. Unser Leben ist ein Problem, welches dadurch gelöst wird, daß man die Tätigkeit des göttlichen Prinzips in allen Einzelheiten zur Geltung kommen läßt. Wie die Dinge erscheinen, sind sie weit davon entfernt, vollkommen zu sein. Damit sich das tägliche Leben vollkommen gestalte, muß das göttliche Gemüt samt seinen Ideen immer mehr das menschliche Denken samt seinen Vorstellungen ersetzen.

Es ist kein Wunder, daß bei einem solch großen Werk die Suggestionen des Übels die Kräfte der Arbeiter schwächen möchten, kein Wunder, daß es „Nächte” gibt auf unsrer Reise von den materiellen Annahmen zum geistigen Verständnis. Ein jeder, der nach dem höchsten Recht strebt, macht zuweilen entmutigende Erfahrungen. Sie nehmen aber in dem Maße ab, wie die Erkenntnis der Macht und Gegenwart des Guten wächst, bis die Ansprüche des Übels zuletzt keine Furcht mehr erregen.

Hier bringt nun die Christliche Wissenschaft dem menschlichen Bewußtsein Lobgesänge zu jeder Zeit, sei der Weg für den Augenblick dunkel, oder hell. Ihre Grundlehre, daß Gott gut ist und daß Er die alleinige Macht ist, ermutigt uns in den dunkelsten Stunden. Was auch immer in einer schwierigen Lage die Scheinbarkeit sein möge: wir können uns bewußt werden, daß das, was uns beunruhigt, grundlos ist, und daß die Wirksamkeit der göttlichen Liebe alles Leid vernichten und uns erretten wird. Wenn wir dies erkannt haben, werden wir auch inmitten des Leids nicht ohne ein Gefühl der Freude sein. Trübsal ohne Gott, und Trübsal verbunden mit einer wenn auch nur geringen Erkenntnis von Gott, die den Menschen trägt und stärkt, sind zwei verschiedene Dinge. Im ersten Fall hält man Trübsal für eine Wirklichkeit; im zweiten Fall sieht man sie als etwas, was in Anbetracht der Allgegenwart des göttlichen Gemüts unwirklich ist und dessen Unwirklichkeit bewiesen werden muß. Trübsal soll uns also dazu antreiben, uns der göttlichen Liebe immer mehr zu nähern. Gewiß bewirkt alle Trübsal früher oder später, daß man den Lobgesang in der Nacht hört, denn Prüfungen und Sorgen können nicht lange andauern, ohne daß Gott die Bitte um Hilfe erhört.

Du, der du denkst, du habest noch nie einen Lobgesang in der Nacht gehört: hast du je ernstlich gehorcht? Hast du die empfangenen Segnungen anerkannt, Dankbarkeit gepflegt, andre zu beglücken gesucht, mögest du auch selbst nicht glücklich gewesen sein? Hast du wirklich geglaubt, daß Gott die unendliche Güte ist, daß das Vertrauen belohnt und das Gebet erhört wird? Als du dich um Hilfe an Gott wandtest, hast du geglaubt, daß Er dir Helfen werde? Ist dies der Fall, dann bist du in den dunkelsten Stunden getröstet worden. Wenn du ein hinreichendes Verständnis von der Gegenwart und Macht Gottes erlangt hast, wird die Dunkelheit dem Lichte weichen. Die Christliche Wissenschaft kommt dir entgegen und macht es dir möglich, einen Lobgesang anzustimmen. Sie nimmt dem Christentum nichts und gibt ihm nichts, sondern sie entfaltet die Wissenschaft des Christentums und macht das Gesetz Gottes, wie Christus Jesus es lehrte und ausübte, der Menschheit verständlich und zugänglich. Diese Lehre offenbart, daß der nach dem Bilde Gottes geschaffene Mensch geistig, ewig, unsterblich ist und stets Macht hat über Sünde, Krankheit und Tod. Sie zeigt, daß das Übel, daß Materie und Sterblichkeit Fälschungen sind, die als solche erkannt und vernichtet werden müssen. Sie lehrt, daß die ganze Lebensfrage eine Frage des Denkens ist. Sie unterweist uns, wie wir göttliche Gedanken denken und dadurch die unheilbringenden sündhaften, materiellen Gedanken austreiben können.

Wer die höchste Art des Christentums fleißig pflegt, hört stets Lobgesänge — in der Nacht wie am Tage. Für den, der sich treu an das hält, was er über die göttliche Liebe gelernt hat, wird es nie eine Zeit geben, wo er diese Lobgesänge nicht hört. Vielleicht ist er zuweilen ebensosehr entmutigt, als er es war, ehe er die Lobgesänge hörte, und das Gefühl der Furcht oder des Schmerzes mag ihm sehr überwältigend erscheinen. Er hat sich eben noch nicht von allem Menschlichen losgesagt. Eins steht ihm aber immer offen: er kann auf die Stimme Gottes horchen, die ihm die Zusicherung gibt, daß das Gute die Obergewalt hat und zuletzt siegen wird, wenn er das eigne Ich, wenn er Furcht, Gewinnsucht und Eigenwillen dahinten läßt und gemäß seiner höchsten Erkenntnis vom Guten lebt. Liebt er das Gute mehr als das Böse, so wird er stets nach dem Guten trachten und demselben gehorsam sein, bis er den Grad der Erkenntnis Gottes erreicht hat, der keine Nacht zuläßt.

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