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Prediget das Evangelium und heilet die Kranken

Aus der Mai 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Jesus befahl seinen Nachfolgern, das Evangelium zu predigen und die Kranken zu heilen. Der letzte Teil dieses Auftrags ist ebenso bestimmt wie der erste. Jesus predigte verhältnismäßig wenig, wenn man das Wort predigen in seiner heutigen Bedeutung versteht, heilte aber sehr viel; wohingegen seit der Zeit der Urchristen sehr viel gepredigt worden ist, der Auftrag aber, die Kranken in Jesu Weise zu heilen, bis vor einigen Jahrzehnten sehr wenig Beachtung gefunden hat.

Die Vernachlässigung dieser wichtigen Christenpflicht hat man dadurch zu entschuldigen gesucht, daß man den zweiten Teil des Auftrags Jesu als nur seinen unmittelbaren Jüngern geltend hinstellte. Manche haben sogar behauptet, niemand sei je imstande gewesen, in der Weise zu heilen, wie Jesus heilte, und wenn man jemand anders diese Macht zuschreibe, so müsse das als ein Irrtum, ja geradezu als ein Frevel bezeichnet werden. Nun ist aber erstens in diesem wie in andern ähnlichen Aufträgen keine beschränkende Bestimmung zu finden, und zweitens ist es eine unbestreitbare Tatsache, daß andre durch geistige Mittel die Kranken geheilt haben. Nicht nur ist dies in den ersten drei Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung geschehen, sondern auch in unsern Tagen, durch Hunderte von Mrs. Eddys Schülern und in Tausenden von Fällen. Wenn behauptet wird, das christliche Heilen sei nur für die apostolische Zeit bestimmt gewesen, könnte man dann nicht fragen, mit welchem Recht irgend jemand außer den Aposteln sich dem Predigtamt widme? Der zweifache Auftrag Jesu war an dieselben Menschen gerichtet und in einem Satz enthalten. Und doch erklären gerade die, die sich für berufen halten, das Evangelium zu predigen, in unsern Tagen habe niemand die Macht und das Recht, die Kranken ohne materielle Mittel zu heilen.

Es ist offenbar, daß Jesus die Erfüllung dieses Auftrags als eine Christenpflicht ansah; daß er beide Teile desselben für gleich wichtig hielt und sie beide befolgt sehen wollte. Er selber ging darin mit gutem Beispiel voran. Keiner, der sich in ehrlicher Absicht an ihn wandte, wurde abgewiesen. Während er umherging und predigte, erfüllte er zugleich den zweiten Teil seiner Mission, indem er zahllose Menschen von ihren Krankheiten und Gebrechen heilte. Er half den Hohen wie den Niedrigen, den Reichen wie den Armen. So erhaben er auch war, so viel er auch als König, als Meister und Erretter angesehen wurde: nie hielt er sich für zu gut, den Armen und Bedürftigen zu dienen. Dies sollte uns allen eine Lehre sein. Wenn es Menschen gibt, die an die Macht des christlichen Heilens glauben und sie auszuüben gelernt haben, so daß sie in unsrer Zeit die Werke des Meisters tun könnten, die aber denken, wegen ihrer hohen Stellung sei es unter ihrer Würde, das Heilungswerk zu betreiben, es sei denn in ihrem eignen Kreise, so müssen sie einsehen lernen, daß es keine ehrenvollere Arbeit gibt, als das Heilen der Kranken durch geistige Mittel.

Niemand ist über diese Missionsarbeit erhaben. Wenn auch bis jetzt noch keiner im christlichen Heilen die Höhe erreicht hat, auf der Jesus stand, so sind doch bereits viele große Werke getan worden. Was am meisten not tut, ist mehr geistige Erleuchtung und mehr Opfersinn. Diese Erleuchtung kann uns kein menschlicher Lehrer beibringen. Es gibt Christliche Wissenschafter, die deshalb das Heilen unterlassen, weil sie keine Klasse durchgemacht haben. Klassenunterricht ist zum Heilen nicht unbedingt notwendig. Wohl ist es ganz gut, wenn man sich über die genauere Verfahrungsart unterrichten läßt. Schließlich kommt es aber doch hauptsächlich darauf an, ob man so „gesinnet” ist, „wie Jesus Christus auch war”; ob man eine Erkenntnis von der Allmacht Gottes und der Unwirklichkeit des Übels erlangt hat; ob Herz und Sinn dem Dienste Gottes geweiht sind. Unsre verehrte Führerin sagt: „Wenn die Sterblichen durch die Kenntnis der Christlichen Wissenschaft zu einem höheren Begriff gelangen, werden sie nicht von der Materie, sondern von dem göttlichen Prinzip, Gott, zu lernen suchen, wie sie den Christus, die Wahrheit, als die heilende und erlösende Macht demonstrieren können” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 285).

Kein christlicher Wissenschafter hat das Recht, einen Kranken deshalb abzuweisen, weil er nicht von einem Lehrer über das christliche Heilen unterrichtet worden ist. Mrs. Eddy ordinierte die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit als einzige Prediger in den christlich-wissenschaftlichen Kirchen, und diese Bücher sind zugleich die einzigen Lehrer; denn alle Unterweisung im wahren christlichen Heilen, wer sie auch erteilen möge, beruht auf der Bibel und der Darlegung ihrer Lehren in dem christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Den Wunsch eines Menschen, in der Tat und Wahrheit ein Christlicher Wissenschafter zu sein, erkennt man vor allem an seiner Bereitwilligkeit, zu irgendeiner Zeit den Kranken sowohl wie den Sündern, die sich an ihn wenden mögen, in Liebe beizustehen. „Die beste Predigt, die je gehalten worden ist”, sagt Mrs. Eddy, „ist die Wahrheit, welche durch die Zerstörung von Sünde, Krankheit und Tod betätigt und demonstriert wird” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 201).

Dies ist eine Predigt, die die Christlichen Wissenschafter überall halten müssen, wo sich auch immer die Gelegenheit bieten möge. Niemand sollte sich dieser heiligen Pflicht entziehen. Wohl gibt es solche, die auf dieses Werk besser vorbereitet sind und sich demselben mehr hingeben können als andre, oder die gar imstande sind, dieser Arbeit ihre ganze Zeit zu widmen; doch sollte jeder Christliche Wissenschafter bereit sein, durch Heilen seinen Glauben zu betätigen. Wenn es auch andre Arten der christlichen Tätigkeit gibt, so ist doch das Heilen eine fortwährende Pflicht. Was auch der Beruf sei, in welcher Umgebung man sich auch befinde: immer gibt es Gelegenheit, nicht nur durch das Heilungswerk, sondern auch in andrer Weise das Evangelium zu predigen.

Über den Begriff Predigen besteht im allgemeinen ein großes Mißverständnis. Die meisten Menschen meinen, das Predigen sei die Aufgabe regelmäßig ordinierter Geistlicher, und sie denken sich eine Predigt als einen formgerechten Vortrag. Es ist nun zu beachten, daß die Predigten des Meisters ganz besonderer Art waren. Im Evangelium des Matthäus lesen wir: „Jesus ging umher im ganzen galiläischen Lande, lehrete in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte allerlei Seuche und Krankheit im Volk.” Er predigte also von dem Reich, dem Reich Gottes, von dem Leben, der Wahrheit und der Liebe. Sodann sagte er: „Und es wird geprediget werden das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zu einem Zeugnis über alle Völker.”

Das Predigen dieses Evangeliums und keine andre Art des Predigens hatte Jesus im Sinn, als er sagte: „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur. Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind die: ... auf die Kranken werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden.” Er wollte damit sagen, daß die Wahrheit, wenn sie verständnisvoll geglaubt wird, Sünde und Krankheit heilt. Kein andres Predigen als das Predigen des Evangeliums vom Reich hat solch eine Wirkung. Dies beweist, was vorhin gesagt wurde, nämlich, daß das Predigen des Evangeliums (das richtige Predigen) und das Heilen der Kranken Hand in Hand gehen und untrennbar sind. Das Evangelium predigen heißt, die Wahrheit lehren, die frei macht — die Sünde und Krankheit heilt. Die Predigt mag auf der Kanzel, auf der Straße, im persönlichen Umgang mit andern oder im trauten Familienkreis stattfinden, nur muß sie die Wahrheit über das Reich Gottes verkünden und diese Wahrheit durch das Überwinden von Sünde, Krankheit und Tod demonstrieren. Jede christlich-wissenschaftliche Heilung von Sünde und Krankheit ist eine Predigt des Evangeliums, denn sie bringt dem menschlichen Bewußtsein die Wahrheit. In dem Maße, wie dies geschieht, wird das Reich Gottes auf Erden gegründet. Das wahre Predigen des Evangeliums kann also entweder durch das Wort oder durch die Tat geschehen.

Ein starker Grund, warum die Predigten Jesu so überzeugend wirkten, war der, daß er seiner Verkündigung der Wahrheit fortwährend die Beweise folgen ließ. Nicht allein, was er sagte, überzeugte das Volk, sondern auch, was er tat. Ohne die Beweise, daß seine Botschaft göttlichen Ursprungs war, hätten seine Predigten wohl keinen tieferen Eindruck gemacht als die Predigten unsrer Zeit, die von keinen Beweisen ihrer Wahrheit begleitet sind. Elisa erbrachte einen solchen Beweis, als er den Sohn der Witwe heilte, so daß sie zu ihm sagte: „Nun erkenne ich, daß du ein Mann Gottes bist, und des Herrn Wort in deinem Munde ist Wahrheit.” Diese wunderbare Heilung, die fast einer Totenerweckung gleichkam, wirkte überzeugender auf die Witwe als die beredtsten Worte es vermocht hätten.

Die gleiche Wirkung hatten die Heilungen Jesu. Sie waren die Veranlassung, daß das Volk ihm scharenweise zuströmte. Matthäus erzählt uns im fünften Kapitel seines Evangeliums: „Da er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg”; und daselbst hielt er die herrliche Predigt, die uns unter dem Namen Bergpredigt bekannt ist. Der Glaube und das Vertrauen der ihn umdrängenden Menge muß sowohl auf ihn wie auf das Volk selbst erhebend gewirkt haben. Sein Herz war stets von Mitleid und Liebe gegen die Menschen erfüllt. Einst sagte er zu seinen Jüngern: „Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter.” Diese Worte gelten sowohl uns wie den Jüngern. Die Menschen sündigen und leiden auch heute noch. Sie bedürfen der Hilfe, die ihnen die Christliche Wissenschaft in Aussicht stellt, und niemand sollte sich scheuen, sie ihnen darzureichen. Wahrlich, auch in unsern Tagen ist die Ernte groß, aber der Arbeiter sind wenig im Vergleich zu den Tausenden, die sich nach Befreiung aus den Banden der Sünde und des Leidens sehnen.

Kein Christlicher Wissenschafter sollte einer Bitte um Hilfe mit der Antwort begegnen: „Ich bin nicht auf die Arbeit vorbereitet; es fehlt mir an dem nötigen Verständnis.” Gerade durch das Erfüllen dieser Pflicht im Geiste der Wahrheit und Liebe wächst das Verständnis. Der Vater tut die Werke. Heute wie vor alters ist die Christus-Ermahnung zu beherzigen: „Fürchte dich nicht.” Wenn der Versuch gewissenhaft und „in Seinem Namen” gemacht wird, wird ihn die göttliche Liebe mit Erfolg krönen. Man darf das christlich-wissenschaftliche Heilen nicht als einen speziellen Beruf ansehen. Es ist die Erfüllung einer Christenpflicht, und als solche müssen es alle erklärten Christen erkennen lernen.

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