Selbst wenn der Anfänger im Studium der Christlichen Wissenschaft von der Wahrheit dieser Lehre völlig überzeugt ist, ist er sich doch in manchen Fällen hinsichtlich ihrer richtigen Anwendung nicht im klaren. Es will ihm scheinen, als habe er nicht die nötige Kenntnis, um mit der Arbeit zu beginnen — als wisse er das Wenige, was er erfaßt hat, nicht anzuwenden. So frägt er wohl: „Wie soll ich zu Werke gehen? Was soll ich tun? Wie kann ich die geistige Wahrheit der Christlichen Wissenschaft auf die Probleme des täglichen Lebens anwenden, von denen doch die meisten recht materieller Art sind und vollständig in das Gebiet weltlicher Dinge gehören?”
Nun handelt es sich aber nicht darum, möglichst viel Glauben an die Christliche Wissenschaft zu haben, sondern den vorhandenen Glauben an die Wahrheit ihrer Lehre praktisch anzuwenden. Wir wollen einmal so fragen: Wie wendet man das an, was man von der Chemie, Mechanik oder Musik versteht? Wie verwertet man seine Kenntnis von der Multiplikation? Doch einfach, indem man bei jeder Gelegenheit praktischen Gebrauch von dem Gelernten macht. Es ist gewiß keine so schwierige Sache, erworbene Kenntnisse praktisch anzuwenden, oder sich auf fest Geglaubtes zu stützen. Entdeckt jemand, daß er sich irgendwie geirrt hat, so regelt er sein Denken und sein Verhalten nach der entdeckten oder festgestellten Tatsache. Sonderbar ist nichts hieran, es sei denn der Umstand, daß er sich so lange hat täuschen lassen. Die menschliche Erfahrung bietet bemerkenswerte Beispiele, wo durch Aufklärung das Denken sich sogleich zu einer verbesserten Anschauung oder einem höheren Maßstab bekannt hat, wenn auch der Irrtum in der universellen Annahme fest begründet war. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft bereitet sich anfangs leicht selber Schwierigkeiten, indem er außerhalb seines eignen Bewußtseins nach dem Sitz oder Ursprung seiner Not sucht. Nur durch die Erkenntnis, daß der Besserungsprozeß oder das Ausarbeiten seiner Seligkeit völlig innerhalb seiner selbst stattfinden muß, gelangt er zu größerer Klarheit und einem verständnisvolleren Erfassen der Sachlage.
Ein jeder sollte sich klar zu machen suchen, was die Christliche Wissenschaft eigentlich bezweckt und worin das Bedürfnis besteht, dem sie entsprungen ist. Wie schon der Name besagt, ist die Christliche Wissenschaft die beweisbare Erkenntnis des Christus; nicht die Erkenntnis einer Person, sondern eines göttlichen Prinzips, die Erkenntnis der erlösenden Wahrheit, des Heilands und „großen Arztes” der Menschheit. Aus Mangel an solcher Erkenntnis, aus Mangel an der Erkenntnis dessen, was Jesus wußte, hat sich die Welt der Gewaltherrschaft einer vermeintlichen bösen Macht unterworfen. Aus demselben Grunde werden Sünde, Krankheit und Tod mit ihren beklagenswerten Begleiterscheinungen auch heute noch der Menschheit zur Erfahrung. Die Christliche Wissenschaft hilft dieser Not ab. Sie bietet uns jene Kenntnis der Wahrheit, die, wie der Meister erklärte, die Menschheit frei macht. Sie lehrt die Freiheit der Gotteserkenntnis. Die Christliche Wissenschaft führt also zur Erkenntnis, und ihre Wirksamkeit sowie ihre Anwendung liegt im Erkennen — im Erkennen der ganzen Wahrheit über Gott, im Erkennen der Unendlichkeit und Allmacht des Guten. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft beginnt diese Wahrheit zu erkennen, und was er erkannt hat, eignet sich jederzeit zur Anwendung auf die sich bietenden Probleme.
Es ist nicht schwer zu sehen, daß nur das Bewußtsein des Guten das Übel, in dem die Menschheit versunken zu sein scheint, vernichten und eine Erneuerung der menschlichen Natur herbeiführen kann. Dieser zur Erkenntnis Gottes nötige Aufschwung und die nötige Läuterung des Denkens muß durch die Vergeistigung des Denkens erfolgen; denn alles materielle Wissen während der Zeiträume, in denen die Materie angenommenermaßen existiert hat, hat die Sterblichen nicht befähigt, das Übel zu überwinden, und diese Fähigkeit wird es nie verleihen können, sollte auch die Sinnenvorstellung noch undenkliche Zeiten währen. Es ist der Materie nicht gegeben und es liegt nicht in ihrer Macht, dem Menschen eine Kenntnis von Gott zu verleihen, denn Materie ist nur ein auf Unkenntnis von dem Wesen Gottes, des Geistes, beruhender Begriff. Dieser Begriff ist als Irrtum anzusehen. Die Materie ist daher kein Werkzeug der Wahrheit, keine Hilfe für das Menschengeschlecht. Da die Christliche Wissenschaft die Wissenschaft des Gemüts ist, wendet sich der Christliche Wissenschafter bei der Anwendung derselben völlig von der Materie ab und richtet seinen Blick aus das göttliche Gemüt, welches die eine Ursächlichkeit, der Sitz alles wahren Bewußtseins, aller Gesetzmäßigkeit, aller Substanz und Macht ist.
Seit dem Erscheinen der Christlichen Wissenschaft macht sich die Erkenntnis allmählich Platz, daß alles, was in den Bereich des menschlichen Bewußtseins tritt, ein mentaler Zustand ist. Was die Menschheit als Ganzes denkt, macht die menschliche Erfahrung als Ganzes aus, und was der Einzelne denkt oder was sein Denken umfaßt, bildet die persönliche Erfahrung. Im menschlichen Bewußtsein kommt es deshalb zu Verkehrtheiten, weil dieses Bewußtsein von vornherein verkehrt ist, und es wird in diesem Bewußtsein dauernd zu Verkehrtheiten kommen, bis die Richtigstellung oder Regelung des Denkens erfolgt ist. Diese allgemeine Besserung kann aber nur durch Besserung des Einzelnen zustande kommen; mit andern Worten, die Menschheit wird durch die Erlösung ihrer einzelnen Glieder erlöst. Und so fühlt die Menschheit den läuternden Einfluß der Christlichen Wissenschaft durch das Bewußtsein der Christlichen Wissenschafter, durch das bei den Einzelnen herrschende richtige Denken, durch ihre persönliche Erkenntnis von der Wahrheit und deren wirksamen Anwendung. Diese richtige mentale Tätigkeit hat zunächst größere Harmonie in der unmittelbaren Umgebung zur Folge. Sie reicht bis in alle Ecken und Winkel des Bewußtseins. Nur so kann dieser bessere Zustand erreicht werden, denn obschon es einer Art des Irrtums gelingen mag, die andre eine Zeitlang zu verbergen, so kann doch nur eine positive Kenntnis der Wahrheit den Irrtum berichtigen oder beseitigen.
Die Art, wie ein Mensch denkt, ist daher offenbar die Art, wie er sich gegen einen unharmonischen Zustand behandelt; d. h. er wendet in mentaler Weise das auf sich an, was er für das Richtige hält, und das Ergebnis wird bestimmt durch die Wahrheit bzw. den Irrtum, den sein Denken verkörpert. Nicht die Worte, in die er seine Gedanken kleidet, sind hierbei von wesentlicher Bedeutung, sondern das Maß der Wahrheit, deren Träger diese Gedanken sind. Nun hört man zuweilen die Bemerkung: „Ich weiß nicht, wie man in der Christlichen Wissenschaft Beistand erteilt.” Und doch denkt der Betreffende tagtäglich, weiß aber nicht, daß sein Denken eine fortgesetzte Tätigkeit ist, und daß richtiges Denken mentalen Beistand bedeutet.
Mrs. Eddy sagt: „Wenn sich die Strahlen der unendlichen Wahrheit im Brennpunkt der Ideen sammeln, dann bringen sie augenblicklich Licht, wohingegen tausend Jahre menschlicher Lehren, Hypothesen und vager Mutmaßungen solchen Glanz nicht ausstrahlen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 504). Wenn das Denken wissenschaftlich-christlich ist, wenn es sich auf die absolute Allheit Gottes und die sich daraus ergebende Machtlosigkeit und Nichtsheit alles andern, angenommenermaßen neben Ihm Bestehenden gründet, so kommt es einer christlich-wissenschaftlichen Behandlung gleich. Kurz, die einzige Art, die Christliche Wissenschaft im eignen Bewußtsein wirksam zu machen, besteht darin, Wahrheit, die reine Wahrheit, zu denken. Ein vorurteilsfreies Studium der Evangelien nötigt uns zu dem Schluß, daß dies der Christus-Weg ist.
Hieraus ist ersichtlich, daß die sogenannte Willenskraft nicht zur christlich- wissenschaftlichen Betätigung gehört, denn es bedarf keines Zwanges, so zu denken, wie man glaubt. Alle einem Sterblichen zu Gebote stehende Willenskraft könnte ihn nicht glauben machen, was er nicht für wahr hält; insofern die Wahrheit aber erkannt wird, erfüllt sie das Bewußtsein und beherrscht das Denken, ohne daß dazu eine Anstrengung erforderlich wäre. Es ist klar, daß man keine Willenskraft nötig hat, um sich zu überzeugen, daß eins und eins zwei ist; ebensowenig bedarf man ihrer, um zu glauben, daß Gott gut ist oder daß das unendliche Gute über allen Ansprüchen des Übels erhaben ist. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft tut eigentlich nichts andres, als daß er aus seinem Denken alles entfernt, was seiner Verwirklichung der Allheit Gottes hinderlich ist; d. h. er schaltet seine Vorstellung von einer andern Macht oder Wesenheit aus. In dem Maße, wie dies geschieht, nimmt sein Denken naturgemäß nur die richtige Vorstellung von den Dingen auf und schließt somit das Übel als unwirklich aus.
„Die Forderungen Gottes wenden sich nur an die Gedanken”, schreibt Mrs. Eddy auf Seite 182 von Wissenschaft und Gesundheit. Unser Meister brachte dieselbe Wahrheit zum Ausdruck, als er erklärte, daß die, die Gott anbeten, dies „im Geist und in der Wahrheit” tun müßten, d. h. in mentaler Weise. Im eignen Denken oder Bewußtsein, ohne Zuhilfenahme sinnbildlicher Darstellungen, ohne Ritual oder Worte, betet der Einzelne Gott an, oder verhält er sich Ihm gegenüber gleichgültig. Durch das Wesen oder die Beschaffenheit des eignen Denkens, durch die Wahrheit oder den Irrtum, dessen Träger dieses Denken ist, wirkt der Mensch entweder segenbringend oder schädlich auf seinen Nächsten. Falsch oder schlecht über jemand zu denken ist eine falsch ausgeübte Denktätigkeit, mit einem Wort: Malpraxis. Gute Gedanken denken bedeutet Gottes Gedanken denken, und dies ist das einzig richtige Besserungsmittel für schlechte Gedanken; es ist die Betätigung der erlangten Erkenntnis auf christlich-wissenschaftlichem Gebiet. Wenn wir als wahr anerkennen, was dem Menschen als Gottes Ebenbild und Gleichnis nicht angehört, so denken wir keine wahren oder gottähnlichen Gedanken und malpraktizieren daher im Verhältnis zu dieser Mißkenntnis. Wenn wir glauben, daß wir in Wahrheit Kinder Gottes sind, so bedeutet dies, daß wir demgemäß denken und nichts Übles in bezug auf uns zugeben oder erklären; daß wir uns den Ansprüchen von Krankheit, Armut, Unglück und ähnlichen Irrtümern nicht unterwerfen. Wenn wir glauben, daß allein das Gute wirklich ist, werden wir diese Tatsache in all ihren Beziehungen zu unsern Angelegenheiten behaupten, werden alles in Abrede stellen, was der Herrschaft Gottes entgegengesetzt zu sein scheint.
Da sich die Christliche Wissenschaft allein auf Wahrheit gründet, auf die absolute Vollkommenheit Gottes und Seiner Schöpfung, so folgt daraus, daß die Ausübung der Christlichen Wissenschaft bei gleichzeitiger Zulassung des Gegensatzes oder Gegenteils von diesem vollkommenen Prinzip und dieser vollkommenen Idee unmöglich ist. Es ist dies ebenso undenkbar wie der Glaube, das eins und eins zwei und zugleich drei ausmachen könne. Was ließe sich wohl unter solchen Bedingungen in der Mathematik erreichen? Wenn Gott den Menschen so erschaffen hätte, daß er der Sünde fähig und der Krankheit sowie dem Tode unterworfen wäre, so würde Er den Menschen nicht als Sein Ebenbild, als die Widerspiegelung Seines eignen Wesens, bezeichnet haben. Es ist also klar, daß, wenn wir an die Existenz und Macht der Sünde und Krankheit und an die Sterblichkeit des Menschen glauben, wir nicht Gottes Gedanken denken, sondern das Gegenteil davon. Der Sterbliche ist dazu erzogen worden, zu denken, der Mensch und das Weltall ständen unter der Herrschaft und dem Gesetz einer bösen Macht. Zu seiner Erlösung ist erforderlich, daß er den entgegengesetzten Gesichtspunkt sich zu eigen mache, um alle Dinge sehen zu können, wie sie sind, d. h. wie Gott sie geschaffen hat und sie sieht. Er muß den Gesichtspunkt erlangen, von dem aus er wirklich Gutes denkt, anstatt nur über Gott oder über seine Vorstellung von Gott nachzusinnen. Die Christliche Wissenschaft gewährt diesen neuen Ausblick und bringt daher eine bessere Art und einen höheren Maßstab des Denkens mit sich, der wiederum bessere Erfahrungen zur Folge hat.
Indem der Schüler der Christlichen Wissenschaft seine frühere Anschauung umkehrt und die Bedeutung dieser Lehre ersaßt, betrachtet er das göttliche Gemüt und nicht die Materie als den Ursprung des Menschen. Er erkennt, daß der Mensch aus dem Guten hervorgeht, nicht aus dem Bösen, daß er untrennbar mit seinem göttlichen Ursprung oder Prinzip verbunden ist und daher immerwährend alles Gute — Gesundheit und ewiges Leben wiederspiegelt. Gott ist nun für ihn der einzige Schöpfer, und er macht sich somit frei von dem Glauben an menschliche Entstehung, sowie von der Annahme, daß des Menschen Dasein, sein Wesen, seine Anlagen, sein Temperament usw. einen geringeren Ursprung hätten als Gott selbst. Er denkt sich Gott oder das göttliche Prinzip als die Quelle seiner Gesundheit, seiner Versorgung, Kraft und Intelligenz, und sein Denken wird daher nicht durch Vorstellungen von Krankheit, Armut, Furcht oder Mißerfolg in Anspruch genommen. Durch die Christliche Wissenschaft lernt er erkennen, daß das göttliche Prinzip die Substanz und Intelligenz des Menschen und des Weltalls, die einzig herrschende Macht ist. Er sieht ein, daß er nicht nur zu besonderen Zeiten, sondern immerwährend so denken muß, und er tut dies ohne ein Gefühl der Anstrengung. Als Ergebnis hat er weniger Furcht, Sorge, Unglück, Disharmonie, ein geringeres Maß von allem, was der sterblichen Annahme zufolge das Erdendasein so unerträglich macht, und mehr von den Dingen, die zum Himmelreich gehören.
„Aber”, so fragt vielleicht jemand, „wie kann ich angesichts der gegenteiligen Geschehnisse so denken? Wo sind denn die Berührungspunkte zwischen mir und dem, was die Christliche Wissenschaft über den Menschen lehrt? Wie kann ich zwischen beiden eine Verbindung herstellen, wo doch die Sinne das Gegenteil von dieser Lehre bezeugen?” Dies vermag man durch Vertrauen auf die unsterbliche Wirklichkeit, durch den Glauben, den der Apostel als „eine Zuversicht dessen, was man hofft, eine Überzeugung der Dinge, die man nicht siehet” bezeichnet (Zürcher Bibel), sowie durch Anwendung dieses Glaubens nach den Regeln der Christlichen Wissenschaft. Was in bezug aus den Menschen wahr ist, muß auch in bezug aus mich, muß in bezug auf dich, lieber Leser, wahr sein, wenn es überhaupt wahr ist. Also geistige Zuversicht und nicht materielles Sehen besähigt uns, jenseits des äußerlich Wahrnehmbaren nach Wahrheit zu suchen. Wenn auch der materielle Sinn den Menschen als unharmonisch und unvollkommen, als arm, erbärmlich, blind oder hilflos darstellt, so kann doch ein solches Zeugnis in den Augen dessen keine Gültigkeit haben, der da weiß, daß der materielle Sinn ein Lügner ist. Glaubte Jesus dem Sinnenzeugnis? Wie kann der Ausspruch des Übels irgend jemand täuschen, der in seinem Herzen überzeugt ist, daß Gott unendlich, daß Er alles ist?
Da niemand zugleich Gott und dem Mammon, dem Geist und der Materie, dem Guten und dem Bösen, der Wahrheit und dem Irrtum dienen kann, so müssen wir alle früher oder später zwischen diesen Gegensätzen wählen; und warum sollten wir nicht heute das Gute und Unsterbliche als die Wirklichkeit anerkennen und dieser Erkenntnis in unserm Denken treu bleiben? Wenn wir aufrichtig glauben, daß Gott allmächtig ist, werden wir naturgemäß auf diese Allmacht vertrauen und uns auf sie stützen. Dieses Denken, zur zweiten Natur geworden, diese Treue gegen das Christus-Ideal ist die Anwendung der Christlichen Wissenschaft. Der wohltuende Einfluß eines solchen Gedankenzu- standes ist keine besondere Bevorzugung göttlicherseits, sondern das unparteiliche Entgegenkommen, das dem menschlichen Verständnis seitens des göttlichen Prinzips zuteil wird — der Segen der Wahrheit über diejenigen, die wahr denken.
Es ist eine einfache und befriedigende Folgerung, daß, wenn Gott allein den Menschen geschaffen hat, der Mensch gottgleich ist. Wenn also Gott allein des Menschen Ursprung ist, dann muß das wahre Selbst nur des Guten sich bewußt sein, kann nur Gutes wiederspiegeln, in Übereinstimmung mit der wissenschaftlichen Definition von Gott als Liebe, Leben, Wahrheit, Geist. Es ist ebenso praktisch, ja praktischer, in dieser Weise zu denken, als zu denken, Gott sei zwar gut, der Mensch aber, Sein geistiger Sprößling, sei böse. Wer der Annahme nach ein Sünder ist, versuche einmal allen Ernstes, den Gedanken festzuhalten, daß der Mensch allein Gottes Kind ist. Er wird das Böse allmählich meiden, es wird für ihn allen Reiz verlieren und in entsprechendem Maße aufhören, in seinem Leben in die Erscheinung zu treten. Wer da glaubt, er sei krank, muß sich ebenfalls als Kind Gottes erkennen lernen, und er wird anfangen, sich von dem Gedanken der Krankheit loszumachen. Die Schatten der Krankheit schwinden dann, und er kommt allmählich zu der Erkenntnis, daß Leben und Gesundheit allein in Gott ruhen. Dies ist, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die „Entwirrung der Verwicklungen des Lebens”, von denen in Wissenschaft und Gesundheit (S. 240) die Rede ist, und es führt zur Erkenntnis vom harmonischen und unsterblichen Sein.
Glauben an die eigne Überzeugung haben, heißt, ihr treu sein. Glauben an die Christliche Wissenschaft haben, bedeutet, im Denken und in der Lebensführung, im Geschäft und in sonstigen Beziehungen dem höchsten Verständnis von dieser Lehre treu sein. Wenn wir zuversichtlich glauben, daß Gott, wie die Christliche Wissenschaft lehrt, unsre Gesundheit ist, werden wir mit diesem vorherrschenden Gedanken vorwärtsschreiten, ohne der Krankheit Zugeständnisse zu machen oder ihre Ansprüche irgendwie anzuerkennen. Glauben wir, daß das göttliche Prinzip die Quelle unsrer Versorgung ist, dann dürfen wir diese Versorgung nicht beschränken, oder dem Mangel und Mißerfolg das Wort reden. Vertrauen wir darauf, daß Gott, das Gute, das einzige Gemüt oder die einzige Intelligenz ist, dann werden wir es nicht dulden, daß ein böser Gedanke uns Gesellschaft leiste. Denken wir uns Gott als unendliche Liebe, dann wird uns die Versuchung, über jemand schlecht, oder doch lieblos zu denken, nichts anhaben können. Erkennen wir, daß Gott Seinem Wesen nach gut ist, dann werden wir auch erkennen, daß unsre Aufgabe darin besteht, das Gute widerzuspiegeln. Wenn wir unserm Geschäft in diesem Sinne nachgehen, haben wir die Gewißheit, daß des Vaters Wille in uns erfüllt wird. Diese bewußte Erkenntnis, dieses vollständige Sichverlassen auf Gott, das göttliche Prinzip, im Gegensatz zu einer lauen Anerkennung der Lehre Christi Jesu, ist die Betätigung der Christlichen Wissenschaft. Sie ist natürlich, einfach, wirksam, liegt im Bereich eines jeden und kann von der ganzen Menschheit verstanden werden.
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