Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Gottes heiliger Tempel

Aus der September 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Welch ein Reichtum von Wahrheit entfaltet sich uns doch in der geistigen Auslegung der Bibel, zu der wir durch das Studium der Schriften unsrer Führerin gelangen! Die Botschaft der Christlichen Wissenschaft, die sie uns bringt, ist klar und einfach, so einfach, daß die Sterblichen in der Hoffart ihres Wesens (der Annahme von einer von Gott getrennten Existenz) sie nicht der Beachtung wert halten. Sie ist die Offenbarung des Immanuel oder „Gott mit uns”. Nicht auf den Gott der Überlieferung, den Gott in weiter Ferne werden wir hingewiesen, sondern auf den Gott unsrer Väter, den lebendigen Gott, der uns von allem Übel befreit, sobald wir uns Seiner erlösenden Gegenwart bewußt werden.

Von den zwei ersten Zeilen des Vorwortes von Wissenschaft und Gesundheit, die unzähligen Suchern nach Wahrheit zur täglichen Erleuchtung geworden sind, bis zum Schlüssel zu der Offenbarung Johannis, die uns einen neuen Himmel und eine neue Erde verspricht, ist unser Lehrbuch voll von geistigen Wahrheiten, deren Verständnis dem aufrichtigen Schüler jene geistige Erleuchtung bringt, die ihn befähigt, Krankheit und Sünde zu überwinden. Um sich geistiger Wahrheiten bewußt zu werden, muß man sie in gewissem Maße im täglichen Leben zum Ausdruck bringen. Dadurch gestalten sie sich für uns zu Wirklichkeiten; sie werden nicht nur ein Teil unsres Lebens, sondern sie sind das Leben selbst. Sagte nicht der große Lehrer: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christ, erkennen” ? Die Erkenntnis Gottes schließt die Erkenntnis des Christus, des Sohns Gottes, in sich, denn wie können wir uns Gott als Vater vorstellen, ohne die göttliche Natur im Sohne zu erkennen? Dies scheint der wichtige Punkt zu sein, an dem die Welt verständnislos vorübergegangen ist, seit der Meister der Volksmenge, die ihn umdrängte, die Botschaft des liebenden Vaters brachte. Er sagte: „Und niemand kennet den Sohn denn nur der Vater; und niemand kennet den Vater denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren”.

Dieses neu-alte Verständnis von Gott und von Seinem Ebenbilde, dem Menschen, läßt uns Jesu Botschaft an die leidende Menschheit in einem neuen Lichte sehen, und wir lernen in gewissem Maße begreifen, mit welchen Schwierigkeiten der große Lehrer zu kämpfen hatte, um einer Menge, die wohl nach Heilung verlangte, seine Lehre aber nicht verstehen konnte, die Wahrheit in faßlicher Form nahezubringen. Ein warmes Gefühl der Brüderschaft und Kameradschaft regt sich in dem jungen Wissenschafter für die alten Propheten und Lehrer der Bibel, die ihm früher so ernst und unverständlich, ja sagenhaft vorkamen. Die Bibel ist für ihn nicht länger ein verschlossenes Buch. Die strahlende Sonne der Wahrheit geht ihm auf. Vers um Vers wird von diesem Licht erleuchtet, und in einem Gefühl unendlichen Friedens findet er sich selbst und erkennt, daß er nun den Schlüssel zur Heiligen Schrift besitzt. Und siehe! die Heilige Schrift wiederum erschließt ihm den Weg zum Leben und zur Harmonie.

Bescheiden und ehrfurchtsvoll tritt der junge Schüler auf den Weg der Demonstration. Er lernt in den „Fußtapfen der Wahrheit” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 201) wandeln, dem Beispiel des Nazareners, des großen Lehrers der Wissenschaft des Seins zu folgen. Auch er findet das Kreuz, und wenn er weise ist, wird er der Mahnung unsrer Führerin gemäß dieses Kreuz mutig auf sich nehmen, denn nur durch Überwinden ist die Krone zu erlangen. Die Bibel wird ihm nun zum sicheren Wegweiser in allen Lebenslagen. Es gibt wohl kein Bibelwort, das reicher an geistiger Bedeutung ist als der Ausspruch des Propheten Habakuk: „Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, es sei vor ihm stille alle Welt.” Das Verständnis dieses Verses läßt dem Schüler immer und immer wieder die heilende Kraft der Wahrheit erfahren, im Überwinden von Furcht, Unruhe und Versuchung sowohl wie von Sünde und Krankheit. Und welch sichere Erlösung von dem Druck des sterblichen Gedankens, der Hast des menschlichen Lebens, dem Kampf der Persönlichkeiten untereinander bietet die Vergegenwärtigung der Wahrheit in diesen erleuchteten Worten des Propheten!

Hier angelangt, ergibt sich die Notwendigkeit, drei verschiedene Schritte zu tun, bevor wir zur Demonstration gelangen können: erstens, die Vergegenwärtigung von Gottes Allgegenwart; zweitens, das Erkennen des Menschen als Gottes Ebenbild, und drittens, das Zum-schweigen-bringen des Zeugnisses der materiellen Sinne in der Gegenwart Gottes in Seinem heiligen Tempel. Augenblicklich erhebt sich dann das Denken zur Betrachtung von Gottes Wesenheit und Gegenwart. Wo nun ist Gott gegenwärtig? Diese Frage führt uns zum zweiten Schritt. Gott ist überall gegenwärtig und wird von Seiner Idee, dem Menschen, wiedergespiegelt. Indem wir uns dies vergegenwärtigen, steigen wir zu einer höheren Erkenntnis des Menschen empor. Wir sehen ihn als Gottes Ebenbild. Das Gottesbewußtsein des Menschen ist der heilige Tempel. Dieser Tempel ist heilig, weil kein unreiner oder unharmonischer Gedanke jemals in denselben eindringen kann. Mit dem Verständnis dieser Tatsachen tritt der Mensch in Gemeinschaft mit Gott, und der Friede Gottes, das beseligende Seiner Gegenwart erfüllt ihn. Der dritte Schritt oder die Demonstration ergibt sich dann von selbst. Das Zeugnis der materiellen Sinne wird als der Grundlage entbehrend erkannt und daher verneint; dann verschwindet jeder Schmerz, und die Versuchung sowohl wie die Sünde ist überwunden.

„Es sei vor ihm stille alle Welt”. Alles Weltliche, jeder materielle und sterbliche Begriff von Persönlichkeit, in bezug aus uns selbst sowohl wie auf unsern Nächsten, wird durch die Gegenwart Gottes, des göttlichen Gemüts in Seinem heiligen Tempel zum Schweigen gebracht. Dann erkennen wir Ihn, wie Er uns erkennt. Im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit (S. 467) steht geschrieben: „Die Wissenschaft enthüllt, ... daß Gott nicht im Menschen ist, sondern vom Menschen wiedergespiegelt wird”. Eine Betrachtung des Wesens des Menschen im Lichte dieser Wahrheiten enthüllt uns den Menschen als die Widerspiegelung Gottes. Da Gott Geist ist, ist der Mensch, Seine Widerspiegelung, ein geistiges Wesen. Sein Gottesbewußtsein ist die Wirklichkeit seines Seins, und dieser Mensch hat nichts gemein mit dem sterblichen Begriff von Fleisch und Blut.

Dieser Gedanke eröffnet uns die Unendlichkeit; er bringt uns die ersten Strahlen der erlösenden Christuswahrheit, des Lichts, das Heller und Heller werden wird bis zum vollen Tag des Verständnisses, da „die Erde wird voll werden von Erkenntnis der Ehre des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt”. Dann werden wir erkennen, daß die wahre, geistige Schöpfung der heilige Tempel des Herrn ist, die Widerspiegelung des Gemüts, denn Gemüt kommt in allen Seinen Ideen zum Ausdruck. Wir können uns die Wahrheit unsres Seins nicht vergegenwärtigen, ohne alle Menschen in diesen geistigen Begriff vom Himmel einzuschließen. Denn beten wir nicht: „Unser Vater, der du bist im Himmel” ? Und im Ebräerbrief heißt es: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, so mit Händen gemacht ist (welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen), sondern in den Himmel selbst, um zu erscheinen vor dem Angesichte Gottes für uns”.

Es ist interessant, im alten Testament der Versinnbildlichung des wahren Tempels zu folgen. Im zweiten Buch Mose wird von der Stiftshütte erzählt, die Moses den Kindern Israel erbaute, damit sie einen Ort hätten, an dem sie Gott anbeten konnten; denn sie waren noch nicht genug geläutert, um Gott von Angesicht zu Angesicht sehen zu können. Und wie sorgfältig wurde das Allerheiligste, in dem die Bundeslade zwischen zwei Cherubim stand und wo der Hohepriester mit Gott Einkehr hielt, vor Eindringlingen bewahrt. Moses aber sprach mit Gott auf der Höhe des Berges und erhielt die Gebote der Wahrheit, und wußte nicht „daß die Haut seines Angesichts glänzte, davon daß er mit ihm geredet hatte.” Dieser Glorienschein, der sichtbare Glanz, versinnbildlicht die göttliche Gegenwart.

Wir gelangen an diesen heiligen Ort, in das Reich Gottes inwendig im Menschen, in dem Maße, wie wir die Reinheit des Herzens erlangen, die die Welt überwindet. „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen!” Im achtundzwanzigsten Kapitel des ersten Buchs Mose lesen wir von einem andern dieser alten Propheten, der sich einst während der Nacht „an einem Ort” aufhielt, sein Haupt auf einen Stein dieses Ortes legte und schlief. Als er aus seinem Schlaf erwachte, sagte er: „Gewißlich ist der Herr an diesem Ort, und ich wußte es nicht. Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hie ist nichts anders denn Gottes Haus, und hie ist die Pforte des Himmels”. So ungewohnt war es dem Jakob, mit Gott in Seinem heiligen Tempel zu verkehren, daß er mit einem Gefühl der Angst aus dem Traum sterblicher Existenz erwachte. Und doch ist ein solches Erwachen durchaus eine freudige Erfahrung. Wir müssen lernen, stille zu sein, die materiellen Sinne zum Schweigen zu bringen und dann auf das Erscheinen des Herrn in Seinem heiligen Tempel zu warten, denn die Verheißung lautet, daß, wenn er erscheinen wird, „wir ihm gleich sein werden; denn wir werden ihn sehen wie er ist”.

Ist nicht gerade dies der Punkt, der so ganz übersehen worden ist, bis der vollkommene Mensch, Gottes Widerspiegelung, durch die Christliche Wissenschaft geoffenbart wurde? Umsonst haben die Sterblichen von Alters her Gott außer Seinem heiligen Tempel gesucht. Aber wenn auch dieser Tempel dem sterblichen Auge verhüllt ist: Gott und Seine Kinder kennen ihn. Er ist das Reich Gottes inwendig im Menschen. Jesus ermahnte uns, nach diesem Gottesreich zu trachten und lehrte uns beten: „Unser Vater, der du bist im Himmel”. Wie sonderbar, daß wir nicht von jeher wußten, wo Gott zu finden ist!

Wir haben stets von dem „Schutz des Allerhöchsten” gesprochen und uns über die Verheißungen gewundert, die denen, die unter diesem Schutz stehen, zugesichert werden. Aber durch die Christliche Wissenschaft fangen wir an zu verstehen, was es heißt, „verborgen mit Christo in Gott” zu sein. Auch lernen wir, daß nur, wenn der sterbliche Sinn überwunden ist, wir zum wahren Leben erwachen können. Wir versuchen es nicht länger, den Zutritt zur heiligen Stätte zu erzwingen oder das Reich Gottes mit Gewalt an uns zu reißen. Bei jedem weiteren Erscheinen des Christus, der Wahrheit, in unserm Bewußtsein sagen wir: „Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, es sei vor ihm stille alle Welt”.


Im Leben, wie im Märchen, darf man sich nicht umsehen, wenn man sicher durch die Schrecknisse des Weges gelangen will. Sieh’ gerade aus oder nach oben, und die Schemen weichen, du gehst ungefährdet durch.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / September 1913

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.