Dem Christlichen Wissenschafter gereicht die Erkenntnis zur stetigen Freude, daß es eine Zuflucht „unter dem Schirm des Höchsten” gibt, wo er auf immer in Frieden weilen kann, was sich auch anscheinend ereignen mag, denn in Gottes Reich ist Zwist und Hader unbekannt. Streit zwischen Völkern ist etwas ebenso Abnormes und Unnatürliches wie Streit zwischen einzelnen Menschen. Geht man der Sache auf den Grund, so findet man, daß er in beiden Fällen seine Ursache in dem Glauben an ein von Gott getrenntes Gemüt hat.
Dieses Gemüt, das Paulus als den „fleischlichen Sinn” und die Christliche Wissenschaft als das „sterbliche Gemüt” bezeichnet, hat seit Anfang der Geschichte der Menschheit seine eignen Pläne durchzusetzen gesucht und will sich daher nicht dem Willen des Vaters fügen. Es möchte gerne herrschen und beherrschen, und in seinem Streben nach Stellung und Macht sucht es alles niederzutreten, was ihm in den Weg kommt. Der Christliche Wissenschafter gerät nicht in Aufregung, wenn er dieses irrige Gemüt sich aufbäumen und dem Zorn hingeben sieht, denn er weiß, daß dessen Zeit kurz bemessen ist. Tatsächlich entspricht diese Zeit nur der Zeitdauer, deren die Welt bedarf, um aufzuwachen und die völlige Machtlosigkeit und Unwirklichkeit dessen zu erkennen, was ganz und gar nicht der Ausdruck des wahren Gemüts ist, sondern nur ein Anspruch oder eine Annahme von Leben und Bewußtsein in der Materie, denn Gott ist Gemüt, und dieses Gemüt, das durch den Menschen zum Ausdruck kommt, ist das einzige Gemüt, das wirklich tätig ist oder denkt.
In diesem göttlichen Gemüt gibt es kein Bewußtsein des Übels. Das göttliche Gemüt kennt keinen Haß, keine Rache, keinen Mord. Daher weiß der ideale oder wirkliche Mensch, der vollkommene und vollständige Ausdruck des göttlichen Gemüts, nichts von Haß, Rache und Mord. Er kennt nur, was das Gemüt kennt. Da dieser Mensch Gottes Widerspiegelung ist, der einzige Mensch, den die Christliche Wissenschaft als wirklich anerkennt, so folgt, daß ein Gemüt, das da spricht: „Ich hasse, ich will Rache üben, ich will meinen Bruder umbringen”, gar nicht Gemüt ist, sondern nur ein falscher Begriff von Gemüt, der weder einen Schöpfer, ein Prinzip, noch Ursache, Wahrheit oder Substanz hat.
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