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„Wache auf”

Aus der Oktober 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Durchschnittsmensch muß sich vor allem davor hüten, in eine mentale Gleichgültigkeit oder Erschlaffung zu verfallen. Auf diese Gefahr weist die Christliche Wissenschaft fortwährend hin. Sie läßt den Ruf des Apostels Paulus ergehen: „Wache auf!” Sie ermahnt den Menschen, auf der Hut zu sein und sich stets einer regen, tätigen, ehrlichen, reinen und richtigen Denktätigkeit zu befleißigen. Sie weist ihn auf Gott und den von Ihm geschaffenen Menschen hin, auf des Menschen geistige Ausrüstung, auf seine Hilfsmittel, auf die Verpflichtungen, Probleme, Gelegenheiten und den hohen Zweck des Lebens. Sie zeigt uns den Christus-Weg, den Pfad aufwärts, auf dem wir alle wandeln müssen. Die Religionslehren haben zu viel Gewicht gelegt auf die Ermahnung: „Glaube nur!”-— auf einen blinden Glauben, der nicht nach höherer geistiger Erkenntnis strebt. Wer einen solchen Glauben hat, läßt gerne andre seine Probleme ausarbeiten, seine Vorrechte bestimmen und sein Denken besorgen. Es ist daher kein Wunder, daß es in der Christenheit so viele Menschen gibt, die geistig untätig sind und geradezu in abhängiger Abergläubigkeit leben.

Die Christliche Wissenschaft weist darauf hin, daß die Wahrheit der folgenden Worte des Apostels Johannes von einem jeden bewiesen werden kann: „Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes kommen ist und hat uns einen Sinn gegeben, daß wir erkennen den Wahrhaftigen.” Sie lehrt, daß der wirkungsvolle Glaube an sich höchst intelligent ist, selbst in schlichten und einfachen Leuten; daß er das Denken anregt, belebt und veredelt; daß er bestrebt ist, seine Behauptungen zu demonstrieren; daß er zwar eine Gabe Gottes ist, aber nur von dem erlangt werden kann, der wachsam ist, der den Mut nicht sinken läßt, wenn sich seinem rechten Streben Schwierigkeiten entgegenstellen, und der nur darauf bedacht ist, sein Lebensproblem auszuarbeiten.

Es hat jemand gesagt, daß, wenn man den Schwierigkeiten des Lebens entgehen wolle, man als Auster hätte geboren werden sollen. In diesen Worten liegt ein tiefer Sinn. Je höher die Stufe der menschlichen Existenz, desto größer der Forschungskreis, desto wichtiger die Probleme, die sich dem Denken aufdrängen, desto größer die Möglichkeit des Schmerzes und der Freude. Ein stumpfer Sinn ist mit einem engen Wirkungskreis zufrieden und verlangt dementsprechend wenige Erklärungen; er nimmt das, was er um sich her sieht, als selbstverständlich an und denkt nicht gerne über höhere Dinge nach. Die Notwendigkeit, aus diesem Zustand der mentalen Schläfrigkeit aufzuwachen, kommt in Mrs. Eddys Worten zum Ausdruck, wenn sie sagt: „Es ist wesentlich, das, was auf das Engste mit den, Glück des Seins verknüpft ist, zu verstehen, anstatt es nur anzunehmen”, denn nur „das Verständnis der Wahrheit verleiht volles Vertrauen zur Wahrheit” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 218). Dieses Verständnis kann nur durch jene innere Anschauung erlangt werden, die einen hohen Grad der mentalen Wachsamkeit voraussetzt, oder durch jene Art der Beweisführung, welche, wenn sie vom Besonderen aufs Allgemeine schließt, die Aneignung und Einteilung all der Tatsachen umfaßt, auf denen eine richtige Verallgemeinerung beruht, oder welche, wenn sie aus dem Allgemeinen das Besondere herleitet, jene Wertschätzung wahrer Voraussetzung und logischer Folgerung in sich schließt, die die wahre Stärke fortgesetzten richtigen Denkens ist.

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