Angesichts des internationalen Konfliktes, der gegenwärtig die christliche Welt unter einer Sturmflut von Unglück und Elend zu begraben droht, mag es gar manche geben, die daran zweifeln, ob die Vorschrift des Apostels Paulus: „Seid allezeit fröhlich”, ausführbar sei — ob es Menschen gebe, die unter solchen Umständen mit diesem Apostel sagen können: „Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängstigen uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht”.
Obgleich der Apostel außerordentlich schwere Erfahrungen durchmachte, wie aus dem elften Kapitel seines zweiten Briefes an die Korinther hervorgeht, so zeigt doch der Ton des Triumphes, der in allen seinen Schriften erklingt, daß er das Erbe praktisch anwandte, welches Christus Jesus seinen Nachfolgern übergab, als er sagte: „Meinen Frieden lasse ich euch”, „auf daß meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.” Wie er für sich selbst bewies, ist nichts in der Welt so bitter, daß die allgegenwärtige göttliche Liebe es nicht versüßen könnte. Wohl dem, dem durch die Christliche Wissenschaft das Geheimnis des Frohlockens enthüllt worden ist; wohl dem, der das erfreuende und stärkende Bewußtsein des Erhabenseins über menschliche Ereignisse erlangt hat — das Bewußtsein, welches dem großen Apostel zu eigen war und welches uns heute so not tut.
Wahre Freude ist nicht die Rose; sie ist der Duft der Rose. Sie besteht nie allein, sondern begleitet stets das Sichbewußtwerden der Wahrheit, die Erkenntnis der Allmacht des Guten. Um des Meisters Freude zu schmecken, müssen wir sein Gefühl der Sicherheit, der Freiheit, der Liebe zu erlangen suchen. In Zeiten wie die jetzige, wo die Ordnung der Dinge bis auf ihre Grundfeste erschüttert und jede berechtigte menschliche Hoffnung für viele vernichtet zu sein scheint, muß ein jeder, der nicht eine beweisbare Kenntnis von der Allgegenwart und Allmacht des Guten hat, dem Pessimismus anheimfallen, wo nicht gar der Verzweiflung. Nur der kann dieser Gefahr entgehen, der auf der festen „Basis des Gedankens und der Demonstration” steht (Wissenschaft und Gesundheit, S. 468), auf jener unerschütterlichen Grundlage des Friedens, den uns die Christliche Wissenschaft gibt.
Wer das siebzehnte Kapitel des Johannes-Evangeliums aufmerksam liest, dem erschließt sich die Erkenntnis, daß der Meister seine wunderbare Ruhe durch sein Sichbewußtwerden des Wesens, der Nähe und der Zugänglichkeit seines Vaters und unsres Vaters erlangt hatte. Er erkannte die Wahrheit, das Prinzip des Seins, als den Quell des Friedens. Sowohl in der Stille nächtlicher Einsamkeit wie auch in Gegenwart seiner Feinde, die mit dem Ruf „kreuzige ihn” auf ihn einstürmten, schloß er die materielle Scheinbarkeit aus seinem Denken aus, um mit den Wahrheiten des Seins Gemeinschaft zu Pflegen. Wenn wir in dieser wie in jeder andern Hinsicht seinen Fußtapfen folgen, überwinden wir mit ihm und gehen zu seiner Ruhe ein. „Berichtige die materielle Annahme durch geistiges Verständnis, und Geist wird dich neu bilden”, schreibt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 425). Dies ist der Weg in der Christlichen Wissenschaft, und nur die, welche in unsern Tagen auf demselben wandeln, können ihres „Herrn Freude” erfahren, sich dieselbe wahren und sie zum Ausdruck bringen.
Mit diesem Bewußtsein der Unwandelbarkeit aller göttlichen Dinge ausgerüstet, hatte Christus Jesus ein Gefühl der Freiheit, welches nur diejenigen erlangen, die den Begriff Macht als gleichbedeutend mit der Tätigkeit der Wahrheit und Liebe erkennen. Wer sich die materielle Ordnung als göttlich bestimmt denkt, muß zu dem Schluß kommen, daß Gott der Bombe, der Kugel und dem Bajonett Wirksamkeit verleiht. Durch solche Ansichten gerät er nach und nach in einen Zustand der Verwirrung, der sehr bedauernswert ist. Wer aber in der Christlichen Wissenschaft gelernt hat, Wirklichkeit und Macht als die Tätigkeit des Guten zu erkennen, wer zu der Erkenntnis gelangt ist, daß es im Himmel keine Kriege, keine Disharmonie gibt, und wer dies in gewissem Grade durch das Überwinden von Krankheit und Sünde beweisen kann, steht „unter dem Schirm des Höchsten”. Keine Erfahrung, kein Zustand kann ihn des Friedens und der Freude berauben, die das „Erbteil der Heiligen” ist.