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„Vereinigt Menschen und Völker”

Aus der November 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der König Salomo wird für einen der weisesten unter den Menschen angesehen. Als er den Ausspruch tat: „Eine linde Antwort stillet den Zorn”, sprach er gewiß aus eigner Erfahrung. Wohl keine seiner Worte werden so oft angeführt und doch so selten in die Tat umgesetzt wie diese. Der Grund liegt wohl darin, daß der menschlichen Annahme zufolge das Predigen viel leichter ist als die Betätigung des Gepredigten.

Der Prophet Jesaja drückt den gleichen Gedanken aus, wenn er sagt: „So kommt denn, und laßt uns miteinander rechten”. Dieses Rechten oder gegenseitige Auseinandersetzen kann aber nur dann den gewünschten Erfolg haben, wenn beide Teile freundlich und entgegenkommend sind, statt Ärger, Eigenwillen und Herrschsucht an den Tag zu legen. Dies hat sowohl auf Völker als auf einzelne Menschen Bezug. Wie viele Kriege, welche die Blätter der Weltgeschichte befleckt haben, wären vermieden worden, wenn die Weisheit des Salomo vorgeherrscht hätte — wenn die Beteiligten in der richtigen Weise miteinander „gerechtet” hätten, anstatt ihren eignen Willen durchsetzen zu wollen, der nicht das Wohl der ganzen Menschheit im Auge hat, sondern von Vorurteil und Unduldsamkeit gestützt wird, uneingedenk der Worte: „Wer durch Gewalt überwindet, hat seinen Feind nur zur Hälfte überwunden!”

Die Völker scheinen unter demselben Eindruck zu stehen wie einzelne Menschen, nämlich, daß „eine linde Antwort” Charakterschwäche bekunde. Dem ist aber nicht so. „Die Wahrheit ist immer das stärkste Argument”, erklärt ein heidnischer Philosoph. Die eiserne Hand hält nicht weniger fest, wenn sie in einem samtenen Handschuh steckt. Ein berühmter Theologe gab seinen Studenten den Rat: „Wenn Sie in eine Diskussion hineingezogen werden, so gebrauchen Sie strenge Argumente aber sanfte Worte.”

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