In einer der riesigen Fabrikanlagen des mittleren Westens der Bereinigten Staaten geht die Triebkraft von einer Maschine aus, die ein wahres Wunder der Maschinenbaukunst ist. So sorgfältig ist sie geplant und konstruiert, und so fein ist die Anordnung ihrer Teile, daß Reibung, das Verderben aller Maschinen, fast ganz vermieden zu sein scheint. Rasch und wirkungsvoll versieht sie ihre Arbeit, und zwar so geräuschlos, daß die mächtigen Räder auf den ersten Blick stillzustehen scheinen. Und doch wird in diesem sauberen, stillen Raum eine ungeheure Kraft erzeugt, eine Kraft, ohne welche das geschäftige Treiben in den andern Teilen des Gebäudes sofort zum Stillstand kommen würde.
Beim Betrachten dieses Triumphs der Maschinentechnik wird man an die Stelle in Wissenschaft und Gesundheit erinnert, wo Mrs. Eddy von dem „mühelosen Wirken der göttlichen Energie” redet (S. 445). Es ist jene unendliche Allmacht gemeint, die „am Anfang Himmel und Erde schuf,” und deren wohltätiges Wirken sich durch das Heilen von Krankheit und Sünde still und wirksam kundtut. Wenn wir dies eingesehen haben, und wenn wir erkennen, daß in dieser Allmacht auch die kleinsten Ideen des göttlichen Gemüts „leben, weben und sind,” wie können wir dann bezweifeln, daß das Böse, dessen vermeintliche Kraft das menschliche Dasein von jeher verdunkelt hat, zuletzt überwunden werden wird, ebenso wie der Techniker den Reibungswiderstand in so hohem Grade überwunden hat?
Er, der „des Himmels Ordnungen” verstand, schaute voll Erbarmen auf das Weib, welches so lange von Satan gebunden war, und die „göttliche Energie,” die diese Fesseln vor neunzehnhundert Jahren löste, bekundet sich auch heute noch durch „müheloses Wirken,” indem sie durch die Christliche Wissenschaft die Teufel des Neides, der Eifersucht, der Bosheit und des Hasses austreibt —Übel, die ihren Opfern fast unerträgliche geistige und körperliche Qualen bereiten. Wie es dem menschlichen Sinn erscheint, geschieht nichts für den Leidenden; und doch wird ein Übel nach dem andern auf das Nichts zurückgeführt, aus dem es hervorgegangen ist. So sanft und unauffällig kommt die allmächtige Wahrheit zur Anwendung, daß der Kranke in vielen Fällen nicht weiß, wie seine Heilung zustande gekommen ist, oder wann sie ihren Anfang nahm. Er kann nur immer und immer wieder in den Worten des Blinden zur Zeit Jesu das frohe Zeugnis abgeben: „Eines weiß ich wohl, daß ich blind war und bin nun sehend.” Er ist gewiß, daß die Wahrheit die Kranken heilt, und daß des Gerechten Gebet viel vermag, wie der Apostel Jakobus sagt.
Wo das göttliche Gemüt die treibende Kraft ist, gibt es keine Reibung, keinen Kraftverlust. Ein Besucher stellte an den Obermaschinisten der genannten Fabrikanlage die Frage, wie er es erkläre, daß der ihm anvertraute Mechanismus Tag für Tag und Woche für Woche so glatt laufe. „Er bleibt im Gang, weil wir genau aufpassen,” erwiderte er. „Wir halten ihn frei von Staub und Schmutz, lassen nie einen Selbstöler leer werden und sehen darauf, daß keine Schrauben oder Bolzen sich lockern. Die Kraft ist da, und unsre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß sie freies Feld habe.” Wiederum ist es als hörten wir die sanfte Stimme des mitleidsvollen Erlösers, wie er seine verzagten Jünger mit den Worten tröstete: „Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. ... So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.” Die Kraft, die er selber angerufen hatte, als er allenthalben die Kranken mit einem Wort heilte und die Traurigen tröstete, sollte bei ihnen bleiben „alle Tage bis an der Welt Ende,” wofern sie alle Hindernisse fernhalten würden, damit diese Kraft mächtiglich wirken und alles vernichten könne, was ihr ungleich ist. Das allwissende, allmächtige, allgegenwärtige Gemüt, die göttliche Intelligenz, die selbst auf das Fallen des Sperlings achtet, ist uns in jeder Not zugänglich, ist stets bei uns.
Dieselbe liebevolle Ermahnung, dieselbe Anregung zu höherem Streben liegt in den Worten Mrs. Eddys auf Seite 495 von Wissenschaft und Gesundheit: „Laß weder Furcht noch Zweifel deinen klaren Sinn und dein ruhiges Vertrauen trüben, daß die Erkenntnis des harmonischen Lebens — wie Leben ewiglich ist — einen jeden schmerzvollen Sinn oder eine jede Annahme von dem, was Leben nicht ist, zu zerstören vermag.” Das ruhige, unerschütterliche Vertrauen auf die Allmacht des unendlich Guten schlägt die scheinbaren Scharen des Bösen zurück und überwindet sie zuletzt. Furcht und Zweifel bilden den Staub der Materialität, welcher sich leicht ansetzt und die feine Anordnung und das Gleichgewicht der göttlichen Gerechtigkeit stört. Neid und Haß sind das verzehrende Feuer, welches das Öl der Nächstenliebe eintrocknen läßt, und Bosheit ist der bösartige Kobold, der stets auf die Gelegenheit wartet, die Bande der Verwandtschaft und Freundschaft zu lockern.
Wie der Maschinist und seine Gehilfen stets dabei sind, jeden Gegner der Kraft, über die sie zu wachen haben, fernzuhalten, so muß der Christliche Wissenschafter stets auf der Hut sein vor den heimlichen Störern seines Friedens. Es erscheint so leicht, die Gedanken auf verbotenen Wegen spazieren zu führen, das Ohr dem boshaften Klatsch und die Zunge der Verbreitung desselben zu leihen, sich einer scheinbar harmlosen Gewohnheit hinzugeben und ihr dadurch immer mehr Macht einzuräumen, bis zuletzt ganz unversehens der Mechanismus wegen der Unreinigkeit, die sich angesetzt hat, und wegen des Mangels an Öl nicht mehr glatt läuft und man dann ratlos dasteht und das selbstverschuldete Unglück in Augenschein nimmt. Gewiß ist es ein weiser Rat, den uns unsre Führerin auf Seite 224 von „Miscellaneous Writings“ gibt, wenn sie sagt: „Wir müssen mit den geringsten Erwartungen aber mit der größten Geduld ins Leben treten — mit rückhaltsloser Würdigung und Anerkennung alles Schönen, Erhabenen und Guten, aber mit einem solch heiteren Gemüt, daß die Reibung der Welt unsre Gefühle nicht verletzen kann; mit einem Gleichmut, der so fest gegründet ist, daß kein Windstoß und keine zufällige Störung ihn erschüttern oder ins Wanken bringen kann; mit einer Liebe, die so umfassend ist, daß sie das Übel der ganzen Welt deckt, so gewinnend, daß sie das Bittere in ihr neutralisiert.”
Um nicht in Versuchung zu fallen, ist tägliche, stündliche, ja unaufhörliche Wachsamkeit nötig. Aber wir dürfen fröhlich und getrost sein, denn trotz all unsrer Mängel bleibt die Verheißung fest bestehen: „Der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht. ... Der Herr behüte dich vor allem Übel.”