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Liebesdienst

Aus der November 1916-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Da „die Liebe des Gesetzes Erfüllung” ist, so besteht der höchste Dienst, den der Mensch leisten kann, in der Veranschaulichung seiner Einheit mit Gott, im Erbringen praktischer Beweise seiner Beziehung zur göttlichen Liebe. Nur dadurch wird die Einheit Gottes und des Menschen für die Menschheit zur praktischen Wahrheit und greifbaren Wirklichkeit. Gott bekundet sich Seinen Kindern, und die Christliche Wissenschaft macht uns die Art und Weise dieser Bekundung klar. Sie führt uns zu der Erkenntnis, daß die Liebe nur durch liebevolle Gedanken und Taten und nicht durch deren Gegensatz zum Ausdruck kommt, und da das höchste erreichbare Ziel geistige Vollkommenheit ist, so wird der höchstmögliche Dienst der sein, der das Gesetz der Vollkommenheit erfüllt, nämlich das Gesetz der Liebe. Wenn der geliebte Jünger Johannes heute unter uns wäre, würde er wahrscheinlich auch an uns die Worte richten, die er während seines Wirkens auf Erden fortwährend an seine Schüler gerichtet haben soll: „Kindlein, liebet einander.”

Wenn alle Wissenschafter gleich dem großen Apostel erkennen würden, daß es weder in Zeit noch in Ewigkeit einen menschlichen Ersatz für die Beweisung der göttlichen Liebe gibt, so wäre das Gedeihen unsrer Sache unendlich größer. Wer die Liebe aus den Augen verliert, verliert auch das Heilen aus den Augen; und ohne Heilen fehlt der Kirche Christi die rechte Grundlage. Ohne christliches Heilen gibt es keine christliche Einheit, keine Brüderschaft, keine genaue oder wissenschaftliche Kenntnis, keine rechte geistige Tätigkeit. Wir können der Menschheit keinen großen Dienst leisten, wenn wir die Liebe, die wir bekennen, nicht praktisch betätigen. Ein rühriger Arbeiter im Weinberge des Vaters ist nur derjenige, der die Tür seines Bewußtseins weit zum Empfang der aus der unendlichen Liebe hervorgehenden Christus-Idee öffnet. Er strebt ernstlich danach, allen Haß durch Liebe zu überwinden. Dies erfordert stete Wachsamkeit. Keine falschen Gedanken dürfen ins Bewußtsein dringen und das Christusbild trüben. Eine leichte Aufgabe ist das nicht, aber es ist ein Werk der Liebe und bildet den höchsten Dienst.

Jahrhunderte sind vergangen, seit die denkwürdigen Worte gesprochen wurden: „Wer nicht liebhat, der kennet Gott nicht; denn Gott ist Liebe;” und doch haben bis jetzt nur wenige ihre wissenschaftliche Bedeutung erfaßt. Ebenso wahr ist, daß wer nicht liebhat, den Menschen nicht kennt, denn der Mensch ist der Ausdruck der göttlichen Liebe. Die Christliche Wissenschaft lehrt: „Liebe Gott und halte Seine Gebote: denn das ist der ganze Mensch in Seinem Bild und Gleichnis” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 340). Hiermit ist unzweifelhaft der Begriff geistiger Tätigkeit gegeben, denn ohne eine solche Tätigkeit wäre eine bewußte Liebe zu Gott oder die Erkenntnis Gottes undenkbar. Bewußtsein bringt stets Leben und Tätigkeit zum Ausdruck. Da der Mensch der Ausdruck des unendlichen Gemüts oder der göttlichen Liebe ist, so entspricht er der Tätigkeit des Gemüts, die auf immer das Wesen Gottes zum Ausdruck bringt. Er ist nicht ein gleichgültiges, unbestimmbares, farbloses, im unsichtbaren Äther schwebendes Bild, sondern die stets bewußte, stets tätige Kundwerdung der stets gegenwärtigen Liebe. Nur durch, geistige Erkenntnis erschließt sich uns das Wesen dieses auf ewig von der Liebe untrennbaren Menschen sowie die eigentliche Bedeutung von Dienst und Gehorsam.

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