Das Rad eines Automobils war in eine tiefe Wagenspur geraten, und die Bemühungen des Führers, aus dem Geleise herauszukommen, ließen den Wagen quer über die Straße gleiten. In demselben Augenblick kam von der entgegengesetzten Richtung ein Knabe auf seinem Fahrrad daher, und ehe das Automobil zum Halten gebracht werden konnte, war ein Vorder- und ein Hinterrad über den Jungen gefahren. Das Fahrrad war zertrümmert. Dem Führer wurde angst und bange, aber bevor er seinen Mut zusammenraffen und nach dem Knaben sehen konnte, stand dieser schon neben ihm und sagte: „Beunruhigen Sie sich nicht, ich bin nicht im geringsten verletzt.”
Ein Tierarzt, der in einem andern Automobil dahergefahren kam und Augenzeuge des Unfalls gewesen war, wollte der Aussage des Knaben, daß er unversehrt sei, keinen Glauben schenken. Seiner Ansicht nach konnte ein schweres Auto unmöglich über den Körper eines Kindes fahren, ohne schwere Verletzungen hervorzurufen. Er erbot sich, den Knaben und sein zerbrochenes Fahrrad nach Hause zu bringen. Dort angelangt, bestand er auf eine Untersuchung, und um ihn zu beruhigen untersuchte die Mutter den Körper des Knaben, ohne jedoch eine Spur von Verletzung zu finden.
Diese Mutter ist eine Christliche Wissenschafterin, die ihr Verständnis von der Christlichen Wissenschaft in praktischer, vernünftiger Weise anwendet und ihre Kinder lehrt, desgleichen zu tun. Sie verrichtet nicht deren Arbeit in der Wissenschaft für sie, sondern hält sie an, sie selber zu tun. Steht eines der Kinder vor einem schwierigen Problem, so ist sie bestrebt, sein Verständnis von der Wahrheit zu erweitern, anstatt es der Notwendigkeit zu entheben, die Wahrheit selber zu beweisen. Die Kinder gehen alle in die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft und werden angehalten, die Lektionspredigten ebenso regelmäßig und gründlich zu studieren wie die Schulaufgaben. Entsteht Disharmonie irgendwelcher Art, so müssen sie das Gelernte anwenden, um die Schwierigkeit zu überwinden.
Der obenerwähnte Vorfall ereignete sich an einem Samstag. Das Thema der Lektionspredigt jener Woche war: „Hat sich die Welt, einschließlich des Menschen, durch atomische Kraft entwickelt?” Sie enthielt viele Hinweise auf die Unwirklichkeit der Materie, und es hatte die Kinder große Mühe gekostet, die geistige Tatsache zu erfassen, denn die Materie kam ihnen nur allzu wirklich vor. Die Mutter hatte zugehört, wie die Kinder während der Woche zusammen die verschiedenen Punkte erörterten, und sie sagte zu der Schreiberin dieses, sie sei überzeugt, daß es die im Bewußtsein des Knaben wirkende Wahrheit gewesen sei, die ihn vor Verletzung geschützt hatte. Auf die Frage der Mutter, was er während des Unfalls gedacht habe, antwortete er: „Nun, ich vergegenwärtigte mir einfach, daß Gott unser Leben ist,” und dann fügte er hinzu, er habe sich auch die Nichtsheit der Materie zum Bewußtsein gebracht.
Während des ganzen Vorfalls war das Kind nicht nur gänzlich frei von Furcht gewesen, sondern es hatte auch Geistesgegenwart bewiesen. Der Vater ist kein Christlicher Wissenschafter, und als er sah, daß man den Sohn mit einem zerbrochenen Fahrrad nach Hause brachte, war er sehr erschrocken. Seine Furcht verwandelte sich jedoch in Erstaunen und Dankbarkeit, als er die näheren Um stände erfuhr. Er konnte die Sache nicht verstehen und wollte sie weiter erörtern. Aber auch hier wandte der Junge sein Verständnis von der Wahrheit an, indem er sagte: „Wir wollen lieber nicht weiter davon reden.”
Der Beweis dieses Knaben, daß Gott das Leben des Menschen ist, und daß ein richtiger Begriff von Substanz uns zum Schutze dient, hat sich für die Schreiberin dieses als sehr hilfreich erwiesen, und sie möchte die erhaltene Lehre mit andern teilen. Wir haben in diesem Vorfall eine Veranschaulichung des Ergebnisses der Arbeit in den Sonntagsschulen der Christlichen Wissenschaft, wo die Kinder richtig denken lernen. Wir sehen ferner, wie viel gewonnen wird, wenn die Kinder angehalten werden, die Lektionspredigten selbst zu studieren, wodurch die Entfaltung der Wahrheit im kindlichen Bewußtsein Gott überlassen wird. Wir erkennen, daß die Eltern nicht weise handeln, wenn sie versuchen, die Arbeit in der Christlichen Wissenschaft für die Kinder zu tun. Und endlich gibt uns dieser Vorfall den Beweis, daß die Behauptung, die Christliche Wissenschaft sei schwer verständlich und die Lektionspredigten könne niemand erfassen, nicht wahr ist. Hier ist ein Beispiel von einem noch nicht zwölf Jahre alten Kind, das sich ein solches Maß des Verständnisses der Christlichen Wissenschaft angegeignet hatte, daß es in einer schwierigen Lage Schutz und Rettung finden konnte. In der Tat, die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott, und umgekehrt, die Weisheit Gottes ist Torheit vor den Menschen.
Daß sogar Kinder die Allgegenwart und Macht Gottes beweisen können, sollte uns umsomehr die hohe Bedeutung der Worte des Meisters erkennen lassen: „Ich preise dich, Vater und Herr Himmels und der Erde, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbaret. Ja, Vater; denn es ist also wohlgefällig gewesen vor dir.”
