Daß sich die Ereignisse der Geschichte wiederholen, hat sich nie klarer erwiesen als durch die Haltung vieler erklärter Christen gegenüber der Christlichen Wissenschaft, deren Anhänger das Heilen von Krankheit und Sünde als einen wichtigen und natürlichen Teil ihrer Religion betrachten. Einer, der sich dieser Lehre gegenüber ablehnend verhält, sagte kürzlich: „Es ist wohl möglich, daß durch die Christliche Wissenschaft Krankheiten geheilt werden, aber niemand kann mir einreden, daß diese Resultate durch einen guten Einfluß erzielt werden.” Mit andern Worten, er war der Ansicht, daß in der Christlichen Wissenschaft das Gute (denn die Heilungen sind sicherlich etwas Gutes) durch eine böse Macht zustande komme. Es ist dies der altbekannte Vorwurf, den die Schriftgelehrten Jesus machten, als sie die Köpfe zusammensteckten und mit gedämpfter Stimme und scheelen Augen seine Heilungswerke besprachen: „Er treibt die Teufel nicht anders aus denn durch Beelzebub, der Teufel Obersten.” Und wie treffend war doch die Antwort dessen, der Schmähungen mit Segnungen vergalt: „So Ich aber die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus?”
Können die Christlichen Wissenschafter nicht die gleiche Frage an solche Tadler stellen: So wir das Böse mit Bösem austreiben, womit treibt ihr es aus? Eine freimütige und ehrliche Beantwortung dieser Frage müßte lauten, daß sie das Böse überhaupt nicht austreiben, wenigstens nicht in der Form von Krankheit. Ja sie scheinen gar nicht den Wunsch zu haben, es zu tun, sondern betrachten es allem Anschein nach als ein sündiges Vorgehen, trotzdem Jesu Befehl lautet, daß seine Nachfolger allerlei Übel austreiben müssen. Niemand wird behaupten, Krankheit sei etwas Gutes. Da sie nun etwas Böses ist, so sollte sie von den Nachfolgern des Meisters, dessen übrige Befehle alle religiösen Vereinigungen anerkennen und zu befolgen sich bemühen, ausgetrieben werden. Jesus war der Wegweiser, der vollkommene Zeuge der Allmacht, Allgegenwart und Allwissenheit Gottes, der geliebte Sohn, welcher das ihm vom Vater aufgetragene Werk gewissenhaft verrichtete und seine Nachfolger aufforderte, die Werke zu tun, die er tat.
Wenn nun die Menschen durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft, welche nichts andres ist als die zeitgemäße Darlegung des Urchristentums, eine klarere Erkenntnis der Macht der geistigen Wahrheit erlangen und durch die praktische Anwendung dieser Erkenntnis die Kranken heilen können, warum sollte dies nicht die Erfüllung der von Jesus verkündigten Verheißungen sein, und warum sollte eine Lehre, die solches bewirkt, nicht willkommen geheißen werden? Man hört hin und wieder den Einwand, die Christlichen Wissenschafter seien nicht in allen ihnen zur Behandlung anvertrauten Krankheitsfällen erfolgreich gewesen, und das ist leider wahr; aber man darf auch nicht außer acht lassen, daß selbst Jesus an gewissen Orten „nicht viel Zeichen [tat] um ihres Unglaubens willen.” Wenn man bedenkt, daß die geplagte Welt die heilende und erhebende Botschaft der Christlichen Wissenschaft erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit empfangen hat, und wenn man in Betracht zieht, mit welchem Zweifel, Spott und Hohn diese Lehre aufgenommen wurde, so muß man sich vom menschlichen Standpunkt aus nur wundern, daß sie überhaupt heilt.
Die Christliche Wissenschaft hat sich trotz all dieser Hindernisse sehr rasch verbreitet und ist für Tausende und aber Tausende ein Quell der Heilung gewesen. Dies kann gewiß als Beweis ihrer Wahrheit betrachtet werden. Wie sehr und wie lange die Wahrheit auch verleumdet wird, sie bleibt doch die Wahrheit, unberührt, unversehrt und unverändert, bis sie zuletzt zur Geltung kommt und von jedermann als wahr anerkannt wird, auch von den früheren Spöttern. Wohl mögen „die Wasserwogen im Meer ... brausen mächtiglich”— die Wogen im Meer der bösen Gedanken und Einflüsterungen, die die Stimme der Wahrheit zu übertönen trachten und den Sterblichen das Böse so wirklich zu machen suchen, daß sie das Gute vergessen —; „der Herr aber ist noch größer in der Höhe.” Die Menschheit sehnt sich nach etwas Besserem, als ihr in den vergangenen Jahrhunderten geboten wurde, und diejenigen, die sich der Christlichen Wissenschaft zuwenden (und ihre Zahl wächst sehr rasch), geben ihrem Dankgefühl dafür Ausdruck, daß es wenigstens eine Religion gibt, welche die Allheit des Guten lehrt.
Ist das nicht ein Grund zur Freude? Trägt es nicht zum Glück und zur Freiheit bei? Verkündigt es nicht die stete Gegenwart des Lichtes und somit die Machtlosigkeit der Finsternis? Die Schwierigkeit ist, daß es so viele Leute gibt, die lieber an das Böse glauben und ihm Macht einräumen wollen. Sie ziehen vor, zu glauben, daß die Finsternis wirklich sei, und hüllen sich gar in dieselbe ein. Wir haben allen Grund dankbar dafür zu sein, daß diese Verkehrtheit nur vorübergehend ist; daß das Licht, welches nicht aufhört zu scheinen, ja die unveränderliche Wahrheit, mit der Zeit auch im Herzen dieser Brüder und Schwestern aufgehen wird. Dann werden sie sich ihr mit ebenso frohem und dankerfülltem Herzen zuwenden, wie Tausende von andern Sterblichen vor ihnen getan haben, und sie wird sich als ebenso hilfsbereit und wirksam erweisen wie zur Zeit Jesu. Dann werden sie die herrliche „Freiheit der Kinder Gottes” erlangt haben. Kann man sich vorstellen, daß es unter denen, die durch die Christliche Wissenschaft Heilung gefunden haben, solche gibt, die diese Lehre einer bösen Macht zuschreiben? Können böse Werke gute Resultate haben? Könnte eine Person, die nach jahrelangem Leiden alle Hoffnung, je wieder gesund zu werden, aufgegeben hatte und dann durch die Ausübung der Christlichen Wissenschaft wiederhergestellt wurde — könnte eine solche Person je überzeugt werden, daß die Umwandlung, welche sie in den Besitz des Besten gebracht hat, was ihr je in ihrem Leben zuteil geworden ist, daß das geistige Erwachen, welches sie jahrelang vergebens gesucht und nun gefunden hat, durch einen bösen Einfluß bewirkt wurde? Ist so viel Gutes wirklich aus Bösem hervorgegangen?
Welch herrliche Entdeckung, daß das heilende Prinzip tatsächlich hier und jetzt wirksam ist, daß es von allen Menschen verstanden und angewandt werden kann! Alle, die sich ihm vertrauensvoll zuwenden, erfahren seine segenspendende Macht, werden geheilt und wiedergeboren, kurz, sie erlangen die Segnungen, die ein klareres Verständnis von der Vaterschaft Gottes mit sich bringt. Alle ernsten Nachfolger des Christus, welcher Konfession sie auch angehören mögen, müssen nach dem ungeteilten Gewand Christi trachten, denn das Heilen kann nicht von der Religion getrennt werden.
Unser Meister, der in solchem Maße eins war mit dem Vater, daß er Seine unwandelbare Liebe und unbegrenzte Güte in ihrer ganzen Größe erkannte, heilte allerlei Krankheit unter dem Volk und forderte seine Jünger auf, desgleichen zu tun, wofern sie das Gesetz Gottes erfüllen wollten. Es ist ein Trost, zu wissen, daß die Tadler früher oder später zu Freunden werden müssen, daß wir alle „Gottes Hausgenossen” sind, wie weit unsre Wege auch auseinander zu gehen scheinen, daß wir alle fortwährend durch Gottes nieversagende Liebe geheilt und gesegnet werden, ob wir es nun anerkennen oder nicht. So sehen wir denn vertrauensvoll jener glücklichen Zeit entgegen, von welcher Mrs. Eddy auf Seite 1 von „Miscellaneous Writings“ schreibt: „Die Güte offenbart ein andres Dasein und ein andres Selbst, das scheinbar überschattet war, aber durch die Entfaltung des fortschrittlichen Denkens wieder ans Licht gebracht worden ist, so daß wir die Macht der Wahrheit und Liebe, welche die Kranken heilt, erkennen können.”
... Begreifst du aber,
Wieviel andächtig schwärmen leichter als
Gut handeln ist? wie gern der schlaffste Mensch
Andächtig schwärmt, um nur, ist er zuzeiten
Sich schon der Absicht deutlich nicht bewußt,
Um nur gut handeln nicht zu dürfen?
