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Der Posaunenruf

Aus der Januar 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„So die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Streit rüsten?“ Also lautet die kräftige Frage des Apostels Paulus an die Korinther.

Man könnte annehmen, daß Paulus als römischer Bürger redete, indem er seine Redefigur dem allerwärts sich bekundenden römischen Armeewesen entlehnte. In seinem Brief an die Römer jedoch erklärt er mit folgenden Worten seine Treue gegen sein Volk: „Ich bin auch ein Israeliter von dem Samen Abrahams, aus dem Geschlecht Benjamin.“ Wie oft müssen in seiner Kindheit die Erzählungen aus der Geschichte seines Volkes ihn ergriffen haben. Er glaubte wohl zuweilen, die Posaunentöne des Ehud und des Gideon zu hören, als sie das Volk gegen die Moabiter und die Midianiter zu Felde riefen; den Posaunenruf des Königs Saul, oder des Joab, Davids Feldhauptmann, oder des Seba, des Sohns Bichris, des Rebellen. Man lese die Geschichten von Sinai bis zur Offenbarung, und man wird „des klangvollen Metalles kriegerische Töne“ hören, wie Milton sich ausdrückt. Auf Sinai war es „der Posaune Ton,“ der „immer stärker“ wurde, so daß das Volk im Lager zitterte; und die Offenbarung beginnt damit, daß Johannes „eine große Stimme als einer Posaune“ hörte und im weiteren spricht er von sieben Engeln mit Posaunen, die das Urteil Gottes verkündigen. Kein Wunder, daß die Propheten und die Unterweiser in geistigen Dingen die Posaune im bildlichen Sinn gebrauchen. Hesekiel beschreibt Israels trostlosen Zustand mit den Worten: „Laßt sie die Posaune nur blasen und alles zurüsten, es wird doch niemand in den Krieg ziehen.“

Hesekiels Gleichnis vom Wächter ist von besonderem Interesse, indem es den Gegenstand der Verantwortlichkeit sorgfältig dartut. Wir lesen im 33. Kapitel (Vers 2): „Wenn ... das Volk im Lande nähme einen Mann unter ihnen und macheten ihn zu ihrem Wächter, und er sähe das Schwert kommen über das Land und bliese die Drommete und warnete das Volk,— wer nun der Drommete Hall hörte und wollte sich nicht warnen lassen, ... desselben Blut sei auf seinem Kopf. ... Wer sich aber warnen läßt, der wird sein Leben davonbringen.“ Sodann wird dem „Wächter ... über das Haus Israel“ gesagt, wenn er den Gottlosen nicht warne „vor seinem Wesen,“ werde er der verantwortliche Teil sein; wenn er aber den Gottlosen vor seinem Wesen warne, „daß er sich davon bekehre,“ und der Irrende dennoch nicht umkehrt, so sei er nicht verantwortlich. Gehorsam wahrt somit dem Wächter seine Stellung und befähigt ihn, seine Pflicht in der rechten Weise zu erfüllen, und zwar ohne an bösen Folgen leiden zu müssen.

Welcher Soldat kümmert sich darum, wer die Posaune oder die Trompete bläst, solange das Signal deutlich gegeben wird und solange er weiß, daß er und seine Kameraden demselben folgen müssen? Hier haben wir das herrliche Wesen aller wahren metaphysischen Arbeit. Sie ist absolut richtig, aber durchaus unpersönlich. Wenn eine Heilung stattfindet, so bedeutet das nicht, daß der Vertreter selber etwas getan hat, sondern daß er befähigt war, den Trompetenruf zur rechten Tätigkeit ertönen zu lassen, und daß der Patient Folge geleistet hat. Diejenigen, die horchen, vernehmen in Wirklichkeit das Signal und gehorchen dem Signal, das vom göttlichen Gemüt ausgeht. Denken wir z. B. an den kräftigen Aufruf des Apostels Petrus an den von Geburt an lahmen Menschen, der täglich an der Tür des Tempels saß: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf und wandele!“ Kein Wunder, daß die Wirkung augenblicklich war; er „sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, wandelte und sprang und lobete Gott.“

Der Arbeiter, der nur den eignen Vorteil im Auge hat, oder der Autor, dessen Feder selbstsüchtigen Zwecken dient, gleicht dem Sänger, der nur auf persönliche Auszeichnung bedacht ist. Dieser schafft sich durch seine persönliche Haltung eine Zuhörerschaft von Richtern, von denen einige seine Stimme und Vortragsweise bewundern, die andern sie aber abfällig beurteilen. Sie kämpfen um seine Person. Der metaphysische Arbeiter oder Autor hingegen verkündet Wahrheit, ebenso wie der wahre Musiker Harmonie zum Ausdruck bringt. Sein einziger Gedanke und sein einziger Wunsch ist der, die Wahrheit des Seins, die Vollkommenheit und Vollständigkeit Gottes und Seiner Idee darzutun. Hat er sich durch ernstes Forschen und durch Demonstrieren hierauf vorbereitet, so wird die Trompete keinen undeutlichen Ton geben, sondern einen klaren Aufruf zum Sieg über jegliche Form des Irrtums ertönen lassen. Und die Hörer vereinigen sich dann in allgemeiner Aufmerksamkeit, wodurch ein jeder von ihnen am Guten Anteil gewinnt, im Maße seiner entwickelten Fähigkeit empfängt und für das Empfangene dankbar ist. Man denke sich eine große Treppe. Auf der ersten Stufe befinden sich die Anfänger im Studium der Christlichen Wissenschaft; weiter oben diejenigen, die diese Lehre für sich selber bewiesen haben; dann kommen solche, die sie für andre bewiesen haben, bis die ganze Bewegung vertreten ist. Die metaphysische Botschaft erreicht sie alle, wie der laute, wohlklingende Ton einer Trompete, und sie freuen sich. Dabei denken sie nicht an den Trompeter, sondern an die Harmonie und Reinheit der Botschaft.

Jeder Christliche Wissenschafter, wo er auch sei, ist gleichsam ein Wächter über das Haus Israel und muß sich als solcher seiner Aufgabe klar bewußt sein. Wenn er dem Prinzip gehorcht, wird ihm die nötige Erleuchtung zuteil werden, so daß er weiß, wann er den Warnungsruf ertönen lassen muß. Und gelingt es ihm, so weise und so liebevoll zu werden, wie Jesus war, dann wird man auch von ihm sagen, daß er redet „als einer, der Gewalt hat, und nicht wie die Schriftgelehrten“ (Zürcher Bibel). Die Trompete wird klar und bestimmt ertönen. Die Erfolglosigkeit mancher Botschafter erklärt sich dadurch, daß ihnen hauptsächlich an persönlichem Empfang, an Ehre und Auszeichnung gelegen ist, und weit weniger an der Botschaft des Königs und deren Überbringung. Das Prinzip ist der große „König auf dem ganzen Erdboden,“ und die Boten des Prinzips sind dadurch, daß sie Gott nahe sind, so reichlich belohnt, daß ihnen irgendwelche materielle oder persönliche Auszeichnung seitens der Menschen gerinfügig und nicht wünschenswert erscheint.

Mrs. Eddys Botschaft an die erste Jahresversammlung der Kirche in Concord (Miscellany, S. 155) kann in diesem Zusammenhang einem jeden von uns zur geistigen Erleuchtung dienen. Unsre Führerin sagt da unter anderm: „Möge sie [die Kirche] den frühen Trompetenruf hören, mit dem zwanzigsten Jahrhundert Schritt halten, die Dinge dahinten lassen, die dahinten sind, die gemeinen Lorbeeren der Selbstverherrlichung ablegen, sich dem Vormarsch der Wahrheit anschließen und mit Freudigkeit und in Gesundheit und Heiligkeit den Lauf vollenden, der ihr verordnet ist, bis sie endlich, in der Heimat angekommen, die vollkommene Erfüllung ihres Glaubens, ihres Hoffens und ihres Gebetes erreicht hat.“

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