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Die Jakobsleiter

Aus der Dezember 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im achtundzwanzigsten Kapitel des ersten Buchs Mose lesen wir, wie Jakob sein Vaterhaus verließ und in eine unbekannte Welt hinauszog, gleich so vielen anderen zur heutigen Stunde, um seine menschlichen Probleme auszuarbeiten und des Menschen Möglichkeiten in seiner Eigenschaft als Kind Gottes kennen zu lernen. Er ließ die zärtliche Liebe und die wachsame Fürsorge eines irdischen Vaters und einer irdischen Mutter dahinten; aber diese hatten es glücklicherweise nicht versäumt, ihn zu lehren, daß er in der göttlichen Vaterschaft und Mutterschaft das finden könne, wovon menschliche Liebe bestenfalls bloß ein Abbild ist. Ein jeder, der die Bibel liest, kennt die Geschichte, wie sich Jakob fern von jeder menschlichen Wohnung schlafen legte und sich dabei eines Steines als Kopfkissen bediente, und wie er träumte, er sehe eine Leiter auf Erden stehe, „die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen dran auf und nieder.“ Dies war in der Tat eine wunderbare Erscheinung, und es ist ganz begreiflich, daß Jakob am Morgen ausrief: „Hie ist nichts anders denn Gottes Haus, und hie ist die Pforte des Himmels.“

Seit jenen Tagen haben geistig gesinnte Menschen manche wichtige Lehren aus dieser Geschichte von der Jakobsleiter gezogen. Viele haben eingesehen, daß sie jederzeit gewärtig sein müssen, die gleiche Erfahrung zu machen, und daß sie daher stets bereit sein sollten, die Engelsbotschaft zu empfangen. Gar zu viele haben die Lehren, die uns die Jakobsleiter bietet, zu oberflächlich betrachtet. Sie meinen, eine zeitweilige gehobene Stimmung sei etwas Herrliches, und das läßt sich gewiß nicht leugnen; aber die Erfahrungen in einer solchen Stunde der Erhebung müssen in der allereinfachsten Weise bei der Erfüllung der täglichen Pflichten in die Tat umgesetzt werden. Streng genommen hatte Jakob noch nicht angefangen, aufwärts zu steigen, als er diese Erscheinung hatte. Wenn uns aber die Wahrheit zuteil wird, müssen wir ihrer Weisung folgen, denn sonst haben wir keinen Erfolg in dem, was wir auf der menschlichen Daseinsstufe unternehmen. Mag auch eine Pflicht dem menschlichen Sinn recht geringfügig vorkommen, wir dürfen dennoch nicht vorschützen, sie sei materiell und es sei daher zu entschuldigen, wenn wir sie vernachlässigen. Nehmen wir irgendeine Arbeit, die uns zufällt, mutig in Angriff, so können wir sie als Tafel und Griffel benützen, um das große Problem des Lebens auszuarbeiten; d.h. der Beweis ist uns möglich, daß wir dem Gesetz gehorchen können, das stete Vollkommenheit fordert, da der Mensch als Gottes Idee über unbegrenzte Möglichkeiten und Fähigkeiten verfügt.

Mrs. Eddy gibt uns eine herrliche Lehre in ihrem Werk „Retrospection and Introspection“ (S. 85), wo sie von den Verfahrungsarten spricht, die in unserer Zeit zur Hebung des Menschengeschlechts unerläßlich sind. Nach ihren Äußerungen über die gegenwärtige Notwendigkeit der Schülervereine und der kirchlichen Vereinigungen sowie über „irgendwelche andere ordnungsmäßige, wirksame Methoden, die der Sache dienlich und der Menschheit ein Segen zu sein scheinen,“ sagt sie: „Seid versichert, daß Bücher und Unterweisung bloß eine Leiter bilden, die von dem Himmel der Wahrheit und Liebe herabgelassen wird und auf der die Gedanken-Engel hinauf und herabsteigen und auf ihren Schwingen des Lichtes den Christus-Geist tragen.“

Die Schüler der Christlichen Wissenschaft haben sich selber auf mancherlei Art den Wert des hier Dargelegten bewiesen. Aber vielleicht machen wir nicht oft genug Gebrauch von der Leiter, „die von dem Himmel der Wahrheit und Liebe herabgelassen wird,“ und verwerten die Engelsbotschaft nicht oft genug bei unseren Unternehmungen. Genau gesprochen, können wir erst dann auf der Leiter emporsteigen, wenn wir die Wahrheit auf vielerlei Art angewandt und uns und anderen Aufrichtigkeit und den alles wahre Streben begleitenden Fleiß bewiesen haben. Hätte Jakob die darauffolgenden Jahre damit zugebracht, anderen von dieser wunderbaren Erscheinung zu erzählen, so wäre sein Problem unberührt geblieben, und sehr wenig wäre ausgerichtet worden. Er kam zu Menschen, die sich nicht über den Götzendienst erhoben hatten und die Hausgötter besaßen, wie man sie ja auch in unseren Tagen bei so manchen findet, die sich Christen nennen. Weil aber Jakob die himmlische Erscheinung nicht mißachtete, hatte er eine weitere, eine größere in Pniel, als der sterbliche Sinn mit dem geistigen Ideal rang und sich als machtlos erwies. Diese Erfahrung bewirkte bei Jakob eine solche geistige Umwandlung, daß er sagen konnte, er habe „Gott von Angesicht gesehen.“ Gleich darauf versöhnte er sich mit seinem Bruder, und Bruderliebe trat an Stelle des Hasses und der Eifersucht vieler Jahre.

Wir dürfen nicht vergessen, daß Jakob in all den Jahren zwischen der ersten Erscheinung und der Erscheinung bei Pniel fleißig unter den Schafherden gearbeitet hatte, bis er sehr reich geworden war. Nie vergaß er aber die Erscheinung von der Leiter, stets war er darauf bedacht, sie bei der Ausarbeitung seiner menschlichen Probleme zu verwerten. In dem Maße, wie wir die geistige Bedeutung der Heiligen Schrift erlangen, erkennen wir, wie unbegrenzt die Segnungen sind, die der Gehorsam gegen die geistig erfaßte Wahrheit mit sich bringen. Jakobs Söhne im allgemeinen erlangten nur ein geringes Maß der geistigen Erkenntnis ihres Vaters. Joseph jedoch hatte die königliche Natur, die dem Jakob durch seine Umwandlung bei Pniel zuteil wurde. Diese Natur erlaubte ihm nie, sich der Sinnlichkeit oder der Gewaltherrschaft des Bösen zu unterwerfen. Bei jedem Schritt auf seinem Lebenswege blieb er Sieger. Wir können uns nicht zu oft daran erinnern, daß es unsere Aufgabe ist, all die göttlichen Botschaften, die „von dem Himmel der Wahrheit und Liebe“ auf der Leiter zu uns herabgekommen sind, werktätig zu verwerten.

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