Weise ist fürwahr der Mensch, der eingesehen hat, wie wichtig es ist, mit Ohren zu hören, die für die Harmonien des göttlichen Gemüts empfänglich sind. Nur ein solcher darf behaupten, mit offenen Ohren zu hören oder seinen neuen Namen in der Christlichen Wissenschaft gelernt zu haben. Der rechte Hörer ist der rechte Täter, denn rechtes Handeln ist nichts weiter als das Ergebnis des Horchens auf die leise innere Stimme, die stets durch göttliche Ideen zum Ausdruck kommt. Und wenn wir diese Ideen beherbergen, schützen sie uns vor den falschen Einflüsterungen des sterblichen Gemüts, das jede Kundwerdung des unendlichen Gemüts unterdrücken und dadurch den sterblichen Menschen vernichten möchte.
Der unachtsame Hörer ist nichts weiter als ein Werkzeug des Bösen, denn er horcht bereitwillig auf zwei Stimmen, auf die falsche und auf die wahre. Dadurch errichtet er ein Haus, das mit ihm selber uneins ist, ein Haus, das auf dem Sand des falschen Sinnes steht, welcher das Böse gut und das Gute bös nennt. Ein solcher hat vielleicht die Absicht, recht zu tun, und wenn solche Absichten ehrlich sind, so sind sie Gebete, die zuletzt einen christlichen Metaphysiker aus ihm machen — aber erst dann, wenn er den ehrlichen Wunsch hat, auf der sicheren Grundlage des Einsseins mit Gott zu bauen. Das Haupterfordernis hierbei ist jene Klarheit des Denkens, die die Erkenntnis der Gotteskindschaft möglich macht. Dies führt zu der unerschütterlichen Überzeugung, daß es allen Suchern nach Wahrheit möglich ist, diese Erkenntnis zu erlangen und dadurch einen ununterbrochenen Kreis des rechten Denkens zu schaffen. Sie hören auf, Werkzeuge zu sein, durch welche sich die mentale Malpraxis fortpflanzen könnte. Bestimmte Schritte in dieser Richtung würden in einem Menschen jenes Ichgefühl vernichten, das ihn veranlaßt, sich das Unglück anderer zunutze zu machen und in einer Atmosphäre des Egoismus und der Selbstüberhebung zu leben, wobei er denkt, alles und jedermann sei verkehrt und er allein sei im Recht. Wer seine Gottessohnschaft nicht beansprucht, läßt sich leicht von jedem Wind der abfälligen Kritik hin und her treiben. Er tadelt sowohl Personen als Organisationen und horcht auf das, was den Charakter anderer sowie alle konstruktive Tätigkeit untergraben würde, wenn es allgemein Glauben fände.
Wenn wir eine genaue Selbstprüfung vornehmen, um festzustellen, welcher Art unsere Handlungsweise ist, macht sich dann nicht die scheinbar berechtigte Entschuldigung geltend, daß man das Böse sehen müsse, um es wegzusehen, und daß es nötig sei, den Irrtum zu entlarven? Allerdings lehrt Mrs. Eddy solches. Denken wir aber zugleich an ihre Ermahnung, „ein Wohlwollen“ zu beweisen, „das umfassend genug ist, um die Übel der ganzen Welt zu decken“ (Miscellaneous Writings, S. 224)? Wie nötig ist es also, daß wir uns fragen, ob wir stets dieser Ermahnung folgen, ob wir getreulich Wache halten, damit „die kleinen Füchse,“ die in unbewachten Augenblicken eindringen und „die Reben schädigen,“ uns nicht dazu verleiten, ihr Werk zu unterstützen, indem wir jene scheinbar bedeutungslosen Suggestionen weitergeben, die in dem Bewußtsein eine falsche Vorstellung von einer Person oder einer Tätigkeit erzeugen. In bezug auf diejenigen, die wir lieben, erkennen wir viel leichter die Wahrheit als den Irrtum; aber wie oft hegen wir in unbewachten Augenblicken unrechte Gefühle gegen solche, die uns gleichgültig sind! Wenn dann die Aufgabe an uns herantritt, für letztere die Lüge wegzusehen, wird uns das wegen unserer Unwachsamkeit doppelt schwer.
Um also, das ist klar zu ersehen, ein wissenschaftlicher Hörer zu werden, muß man das eigene Ich soweit beiseite setzen, daß man wenigstens einigermaßen dem wirksamen Beispiel des Wegweisers folgen kann. Er war unerschütterlich in seinem Gehorsam gegen die Stimme der Wahrheit; er horchte auch nicht einen Augenblick auf die Behauptung des sterblichen Gemüts, daß es einen Menschen erschaffen habe oder erschaffen könne, der für die Suggestionen des Irrtums empfänglich ist. Am schärfsten wurde seine Sohnschaft auf die Probe gestellt, als man ihn „in das Richthaus“ führte und ihn aus Spott gegen die vorherrschende Meinung, daß er behauptet habe, „der Juden König“ zu sein, einen Purpurmantel anzog und eine Dornenkrone aufsetzte. Er wurde in jeder Hinsicht geprüft, hielt aber getreulich Wache über das ihm von Gott anvertraute Gut. Seine jahrelange Erfahrung machte diese Probe leicht. Er stieg höher in der Erkenntnis seiner Herrschaft als Sohn Gottes und wies jedem wahren Hörer, der nach ihm kam, den richtigen Weg. Unsere verehrte Führerin war unerschütterlich in ihrem Gehorsam gegen die Forderungen der Wahrheit. Nie versäumte sie es, der wartenden aber schwerhörigen Welt auf das zweite Kommen des Christus hinzuweisen, wie es in der Christlichen Wissenschaft offenbart wird. Die Welt ist diesen beiden Zeugen der steten Gegenwart Gottes zu großem Dank verpflichtet und wird es stets sein. Der Wahrheitssucher kann sich nicht getreu genug an jenen sicheren Führer, jene Gabe aller Gaben, an das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft halten, denn in diesem Werk hat uns Mrs. Eddy alle Regeln gegeben, die zum rechten Horchen nötig sind.
Dieser wichtigen Anforderung kommt der wahre Metaphysiker dadurch nach, daß er die geistige Bedeutung des Buchstabens mit andachtsvollem Herzen anwendet und demonstriert. Ferner muß er äußerst wachsam sein, damit er auf der Laufbahn nicht zaudere und stehen bleibe. Zähe Ausdauer ist nötig, um einen Panzer zu erwerben, der für jeden Angriff des Feindes undurchdringlich ist. Wenn man den Geboten Gottes gehorcht: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben,“ und: „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst,“ dann macht sich das menschliche Bewußtsein los von der Suggestion, daß Leben in der Materie sei, erhebt sich immer mehr in das Licht des geistigen Sinnes, widersteht mit der Kraft der Unsterblichkeit den verheerenden Stürmen des Irrtums und lernt dabei erkennen, daß alles Liebe ist. Und „wider solche ist das Gesetz nicht.“