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Der Jünger, „welchen Jesus liebhatte“

Aus der März 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als Christliche Wissenschafter sollte es gewiß unser Wunsch sein, so tief wie möglich in den Charakter jenes Menschen einzudringen, der sich vor allen andern die schöne Bezeichnung verdiente: Der Jünger, „welchen Jesus liebhatte.“ Wir sollten uns fragen, wie die Denkart war, die ihm das Recht zu einem solchen Titel verlieh — welcher Art der menschliche Charakter dessen war, dem Jesus seinen teuersten irdischen Schatz, seine Mutter, anvertraute.

Verfasserin dieses hat versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Beim Durchlesen der Evangelien, besonders desjenigen des Johannes, sind ihr zwei Dinge aufgefallen: die Demut und die Einfachheit, die dieser Jünger zum Ausdruck bringt. Er nennt sich nie selber in seinem Evangelium, und beim Studium desselben sowie seiner Episteln erhalten wir ein mentales Bild von der Sanftmut, der Ruhe und der allumfassenden Liebe, wie keine andern Schriften es uns geben. Und doch finden wir in diesem Bild nicht die geringste Spur von Schwäche. Sowohl aus dem Donner der Apokalypse wie auch aus dem Drama auf Golgatha, wo Johannes der einzige männliche Jünger war, der Jesus in dieser Stunde des Verlassenseins nachfolgte, ersehen wir, daß es die Frauennatur ist — die weiblichen Eigenschaften des Gemüts —, deren Fuß auf dem Kopf der Schlange ruht.

Bemerkenswert ist ferner die Einfachheit der Ausdrucksweise des Johannes. Vom metaphysischen Standpunkt aus ist das Johannes-Evangelium den andern Evangelien weit voraus. Und doch liest es sich, wie ja auch die Briefe dieses Apostels, im Vergleich zu der glänzenden Dialektik des Paulus fast wie die Rede eines kleinen Kindes. Die einfachen, herrlichen Wahrheiten werden in einfacher, herrlicher Sprache fortwährend wiederholt. Als dieser Jünger sehr alt war, so lautet die Überlieferung, ging er nur noch selten unter die Leute, und bei den wenigen Anlässen, wo er zu ihnen sprach, soll er nur die Worte wiederholt haben: „Kindlein, liebet einander.“ Große Scharen drängten sich, um ihn zu sehen und ihn predigen zu hören. Einige seiner Zuhörer ärgerten sich über seine „Einfältigkeit in Christo.“ Das fleischliche Gemüt verlangte mehr Aufsehen; die intellektuelle Denkart forderte eine kompliziertere Darlegung der Metaphysik. Deshalb soll man ihn aufgefordert haben, mehr zu sagen; aber er antwortete: „Es ist genug. Es ist das, was der Meister lehrte: Kindlein, liebet einander.“ Gewiß konnten sie nicht umhin, den Einfluß dieses von Liebe erfüllten Bewußtseins zu verspüren, und zogen dann erwärmt, gesättigt und befriedigt von dannen.

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