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Überwinden

Aus der März 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Wort „überwinden“ ist für jeden Christen von unzweifelhafter Bedeutung; aber der Schüler der Christlichen Wissenschaft schenkt ihm wohl noch ernstere Beachtung als viele andre Religionsbekenner. Höchst bemerkenswert ist folgender Ausspruch des Meisters: „Ich habe die Welt überwunden.“ Es sind dies Worte, deren metaphysische Bedeutung eingehender studiert werden sollte, als gewöhnlich geschieht; denn sie weisen dem aufrichtigen Nachfolger Christi Jesu den genauen mentalen Weg, den er einschlagen muß. Auch er muß die Welt überwinden, und um dies tun zu können, muß er genau verstehen, was der Meister mit diesem Ausspruch sagen wollte. Dem materiellen Augenschein nach besteht die Welt, in der Jesus lebte, heute ebenso wie damals. Die Hügel, Berge, Seen und Täler sind immer noch dieselben. Er versuchte nicht, die Materie mit Haubitzen und Dynamit zu vernichten; er wandte weder physische Kraft noch menschliche Willenskraft an; er verließ die Welt in dem gleichen physischen Zustand in dem er sie vorgefunden hatte — aber er überwand sie.

In welchem Sinn nun überwand Jesus die Welt, und wo fand das Überwinden statt? fragen wohl viele. Die Christliche Wissenschaft beantwortet beide dieser Fragen und läßt keinen Zweifel über die genaue Bedeutung der Worte Jesu übrig. Ein andermal sagte der Meister: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Mit andern Worten, er erkannte, daß die wahre oder unsichtbare Welt die von Gott geschaffene Welt ist, und diese geistige Erkenntnis befähigte ihn, einen beschränkten, endlichen Begriff von der Welt zu überwinden. Gerade wie jemand, der durch ein rotes oder grünes Glas blickt, die Dinge entweder rot oder grün sieht, so erhält man, je nachdem man das Weltall durch den materiellen oder den geistigen Sinn wahrnimmt, entweder einen materiellen oder einen geistigen Begriff von den Dingen. Die Christliche Wissenschaft legt die Schöpfung so aus, wie diese durch das Objektiv des Geistes wahrgenommen wird, und dadurch, daß sie an dieser Auslegung festhält und sich weigert, weiterhin irgendwelche irrige materielle Begriffe zu hegen, befähigt sie den aufrichtigen Sucher nach Wahrheit, jenen falschen Sinn zu meistern oder zu überwinden, der stets nach dem Schein urteilt.

Jesus teilte unsre menschliche Natur, indem er eine menschliche Mutter hatte; und gerade dadurch, daß er jenen menschlichen Sinn überwand, dem er sich anzupassen schien, wurde er zum Wegweiser der Menschheit. Hätte er seine geistige Selbstheit oder den Christus auch nur einen Augenblick aus den Augen verloren, so wäre er nicht imstande gewesen, den Sieg über die Materialität zu erringen. Schon vor der Vollendung dieses Sieges, der Himmelfahrt, hatte Jesus den materiellen Begriff von der Welt überwunden. Dieser mentale Aufstieg über das Endliche und Materielle muß sich in seinem Bewußtsein vollzogen haben.

Den gleichen materiellen Sinn muß die Menschheit auch heute zum Stillschweigen bringen und überwinden. Sie muß durch göttliche Anregung an dieser großen mentalen Schlacht von Armagedon teilnehmen; sie muß ausziehen, um den Goliath des Glaubens an eine Gott entgegengesetzte Macht und Intelligenz zu schlagen. Auch wir müssen erkennen und beweisen, daß unser Reich nicht von dieser Welt ist. Um dies in gottwohlgefälliger Weise tun zu können, müssen wir recht denken und reden und dem Feind entgegenziehen, fest entschlossen, alles, was im menschlichen Bewußtsein nicht vollkommen ist, zu überwinden. Es ist fraglich, ob sich der Durchschnittschrist einen Begriff von dem reichen Erbe desjenigen macht, der „überwindet.“ Die Notwendigkeit des Überwindens wird so stark betont, und solch reiche Belohnungen werden denen versprochen, die das Selbst und die Sünde besiegen, daß keiner, der Gottes Willen kennt und ihn tun möchte, über diesen Gegenstand in Unwissenheit bleiben darf. Es ist überaus wichtig, daß sich alle über diese Sache im klaren sind, und daß sie sich rühren, um ihr Verständnis in die Tat umzusetzen.

Theorie und Praxis gehen in der Christlichen Wissenschaft Hand in Hand. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Rechttun ist Christliche Wissenschaft, und nichts geringeres als Rechttun hat Anspruch auf diesen Namen“ (S. 448). Das bedeutet überwinden. Niemand, der bestrebt ist, den zehn Geboten und der Bergpredigt gemäß zu leben, kann über die Notwendigkeit des Überwindens im Zweifel sein; es bleibt ihm nichts andres übrig als zu überwinden. Unsre Führerin sagt in „No and Yes“: „Das herrliche im menschlichen Leben ist das Überwinden von Sünde, Krankheit und Tod“ (S. 33). Dies bedeutet, daß man den materiellen Begriff von der Welt im Bewußtsein überwinden und an seine Stelle „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ setzen muß, wie Johannes sie geistig schaute.

Sehr töricht ist es, sich über das Überwinden des Bösen mit dem Guten lustig zu machen, wie manche zu tun geneigt sind, wenn die Unwirklichkeit der Materie, wie sie die Christliche Wissenschaft lehrt, zur Sprache kommt. Es dürfte für die Gegner der Christlichen Wissenschaft äußerst schwierig sein, außer der Unwirklichkeit des Bösen eine Basis darzubieten, auf welcher irgendeine Erscheinungsform des Bösen überwunden werden könnte. Die Wirklichkeit oder geistige Wesenheit des Bösen zuzugeben, ist nichts andres als einen Fehler mit dem gleichwertig machen wollen, was absolut richtig ist. Dies ist in der Metaphysik ebenso unzulässig wie in der Mathematik. Ein Fehler in der Mathematik wird deshalb berichtigt oder überwunden, weil er falsch ist und mit dem Grundgesetz der Mathematik in keinerlei Beziehung steht. Wäre der Fehler wirklich, so könnte er nicht berichtigt, geschweige denn überwunden werden.

Es gibt nicht zwei Arten von Wirklichkeit, eine, die man überwinden, und eine andre, die man auf ewig ertragen muß. Nichts kann überwunden werden als eine Nachbildung, ein falscher, irriger Begriff von dem, was richtig ist — was deshalb wirklich ist, weil es richtig ist. Was bleibt von einer Krankheit übrig, wenn aller Augenschein derselben vom Körper entfernt ist? Ist sie überwunden? Nur dann ist sie im wahren Sinne überwunden, wenn der Patient seinen Glauben an die Wirklichkeit der Krankheit aufgegeben hat. Solange der Patient glaubt, daß der Mensch krank gewesen ist, daß er wieder krank werden kann, daß es eine Macht gibt, die ihn krank machen kann, oder daß es eine Wirklichkeit, genannt Krankheit, gibt — so lange ist Krankheit nie wirklich überwunden. Mit andern Worten, ein Patient ist nicht eigentlich geheilt, bis er bewiesen hat, daß sein Glaube an Krankheit kein Teil des wahren Bewußtseins des Menschen ist. Ein Patient ist nicht vom Lügen geheilt, bis er seinen Glauben an Falschheit verloren hat und sich weigert, zu lügen. Eine Lüge ist dann überwunden, wenn der individuelle Glaube an Unwahrheit zur Nichtsheit gemacht worden ist und das göttliche Prinzip des Rechten verstanden und befolgt wird.

Laßt uns voran gehen in der Arbeit des Überwindens, denn allein durch das Tor des mentalen Überwindens gelangen wir in den bewußten Besitz des reichen Erbes des Menschen — erst dann können wir „von dem Holz des Lebens,“ „von dem verborgenen Manna“ essen, die geistige Macht „über die Heiden“ ausüben, zu Pfeilern in dem Tempel Gottes werden, „den anderen Tod“ seines Stachels berauben, „mit weißen Kleidern“ angetan werden, mit andern Worten, „alles ererben.“

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