Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Die Philosophie der Dankbarkeit

Aus der März 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn sich die Menschen nur der stets zunehmenden Segnungen bewußwären, wären, welche Dankbarkeit mit sich bringt, sie würden diese ernstlicher pflegen. Dankbarkeit weiß empfangene Segnungen zu würdigen und führt neue herbei. In dem Gleichnis von den Pfunden stellten die andern Knechte die Richtigkeit des Verfahrens ihres Herrn in Frage, als dieser den Knecht belohnte, der sein Pfund so angelegt hatte, daß es zehn andre gewann. Er gab diesem erfolgreichen Knecht das unbenutzte Pfund, welches der unnütze Knecht zurückgegeben hatte. Die andern dachten offenbar, ihr Herr hätte nicht so handeln sollen. „Herr, hat er doch zehn Pfund,“ sagten sie. Aber der Herr antwortete: „Wer da hat, dem wird gegeben werden.“ Derselbe Gedanke wird im achten Kapitel des Lukas-Evangeliums mit folgenden Worten weiter ausgeführt: „So sehet nun drauf, wie ihr zuhöret. Denn wer da hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, von dem wird genommen, auch das er meinet zu haben.“

Dies ist die Philosophie der Dankbarkeit. Niemand kann mehr wahrhaft Gutes empfangen, solange er nicht das anerkennt, was er besitzt; mit andern Worten, er ist nicht für das zunehmende Gute empfänglich, ehe Dankbarkeit die Tür in etwas geöffnet hat. Selbstsucht verschließt dem wahren Guten die Tür und hält dadurch im Innern allerhand Unzufriedenheit und Mißvergnügen gefangen. Kein Freund kann so freundlich sein, daß er das selbstsüchtige Herz des Undankbaren, dem er Gutes erweist, zufriedenstellen könnte. Dieser nimmt die Wohltat wohl an, setzt aber jede Tat herab, die Wohlwollen bekundet, und gibt jedem liebevollen Beweggrund eine herbe Auslegung, bis dann die Dankbarkeit anfängt zu wirken. Hat sich die Dankbarkeit entwickelt, so werden kleine Freundlichkeiten zu großen Segnungen, und der Frohsinn eines andern macht das empfängliche Herz froh. Man denkt dann täglich über empfangene Wohltaten nach und dankt Gott für sein täglich Brot. Wenn dem dankbaren Kind etwas geschenkt wird, so scheinen sich Dankbarkeit und Glück zu verbinden, und der Geber wird nicht so sehr durch Dankesworte gesegnet als durch die Fähigkeit, andern Freude zu bereiten.

Anerkennung ermutigt also Wohltätigkeit; und wie die Wohltätigkeit den Wohltäter segnet, so wird durch Dankbarkeit das Wohlwollen unter den Menschen gefördert. Die Christlichen Wissenschafter haben ein besseres Verständnis von der Dankbarkeit als alle andern Menschen auf Erden, und zwar deshalb, weil ihr Gefühl der Dankbarkeit durch die ihnen von Gott erwiesene Güte erzeugt worden ist. Hat ihnen ein Praktiker geholfen, so sind sie ihm natürlich dankbar, auch hegen sie ein Gefühl des innigen Dankes gegen die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, deren Lehren die empfangene Hilfe möglich gemacht haben. Wenn nun der Helfende sowohl wie der Lehrer Gott als den Erretter und Heiler kundtut, so ist in Wirklichkeit die stets zum Ausdruck kommende Dankbarkeit ein unaufhörliches Dankgebet zum Prinzip. Und da jede frohe und dankbare Anerkennung des Prinzips einem Empfangen gleichkommt, so wird es klar, in welcher Weise dem, der da hat, gegeben wird, „daß er die Fülle habe.“

Wenn ein Mensch sagt: „Ich habe nichts, wofür ich Dank schulde,“ und er beharrt darauf, so verurteilt er sich zur Gefangenschaft in dieser Ansicht. Wie einer, der von grausamen Kerkermauern umgeben ist und sich daher nicht an den blühenden Auen und den grünen Wäldern, an dem herrlichen Sonnenaufgang und dem prächtigen Abendrot erfreuen kann, so ist auch er von jenen Freuden ausgeschlossen, die Paulus durch die Fähigkeit bekundete, als einer, der arm war, viele reich zu machen, als einer, der nichts inne hatte, alles zu haben.

Beachtenswert ist, daß Dankbarkeit Läuterung bewirkt. Wenn der Mensch, der ein Pfund empfangen hatte, von seinem Zynismus und seiner Unzufriedenheit hätte geheilt werden können, wäre er imstande gewesen, mit diesem ihm zum Gebrauch anvertrauten Gut etwas auszurichten. Weil er Arges in seinem Herzen über seinen Herrn dachte, entschuldigte er seine Untätigkeit und Trägheit. Er gab sich einer verbitterten Stimmung hin und rechtfertigte sie, wodurch natürlich das Gute, das er hatte, verborgen wurde. Es lag in der Erde vergraben, aber nicht als ein Samenkorn, das aufwächst und sich vermehrt; es war für den tatsächlichen Gebrauch, für den wirklichen Dienst tot, währenddem Liebe es verwendet, andern damit gedient hätte, und die Dankbarkeit wäre dann zum Quell der Liebe geworden. Ein jeder kann anfangen, sein Denken durch Dankbarkeit zu läutern. Er kann über seine Segnungen nachdenken und im Hinblick auf die empfangenen Wohltaten Gott danken; dann wird er immer mehr empfangen.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / März 1918

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.