Ein Christlicher Wissenschafter fragte einst einen anderen Christlichen Wissenschafter: „Was soll ich in dieser Geschäftsangelegenheit tun, die sich so lange hinauszieht? Soll ich einfach fortfahren, in betreff derselben jeden Tag den richtigen Gedanken zu hegen, und mich damit zufrieden geben?“ Unter gewissen Umständen könnte diese Ausdrucksweise dahin verstanden werden, daß genannte Schwierigkeit von der Annahme herrührte, als ob das menschliche Gemüt imstande sei, einen „guten Gedanken“ zu erzeugen — als ob das Hegen desselben genüge, um Abhilfe zu schaffen oder Heilung zu bewirken. Dieser Fragesteller hatte jedoch schon öfters einen Lichtblick von der Allheit des göttlichen Gemüts gehabt, und er erkannte daher das Unvermögen des menschlichen Gemüts, auf irgendeine Weise zu helfen, außer, zu Gunsten der Wahrheit zurückzutreten; und seine Frage ließ einen geheimen Irrtum erkennen.
Die Antwort folgte sofort in einem bildlichen Vergleich. Angenommen, der Christliche Wissenschafter sei ein Brunnengräber. Es liegt auf der Hand, daß, wie lange er auch bohrt oder oder gräbt, wie mühsam Arbeit und wie oberflächlich künstlerisch und wunderbar seiner Hände Werk auch ist, er doch nichts erreicht, wenn er nicht so lange gräbt, bis er auf Wasser stößt. In Brunnen, die nicht tief genug sind, sammelt sich oft durchgesickertes Wasser an, das wohl für gewisse Zwecke genügt, aber sehr oft von der Oberfläche herrührende Unreinigkeiten enthält. Klares, reines Wasser jedoch bekommt man nur von Brunnen, die die richtige Tiefe haben.
Genau so verhält es sich mit den menschlichen Problemen, die wir mit Hilfe der Christlichen Wissenschaft zu lösen suchen. Es gibt eine geistige Wahrheit, die jede menschliche Frage beantwortet, und wird sie erkannt, so beweist sie, daß die Vollkommenheit Gottes selbst da ist, wo sich ein menschliches Gefühl des Mangels und Zweifels geltend zu machen schien. Es gibt keine Macht, die die Kundwerdung der Harmonie aufhalten kann, wenn erst die göttliche Wahrheit erkannt ist, denn das ganze Problem und alle seine Faktoren wohnen dem Bewußtsein inne, und da sind Ursache und Wirkung, Gemüt und Idee weder durch Zeit, noch durch Raum, noch durch Materie voneinander getrennt. Notwendig ist jedoch, daß wir uns durch das scheinbare Hindernis hindurcharbeiten und den göttlichen Tatbestand erkennen lernen, gerade wie die Gräber oder Bohrer von Brunnen durch die Stein- oder die Lehmschicht hindurchdringen müssen, unter der das klare Wasser sich befindet. Ob dies nun in einem Augenblick oder erst nach mühsamer Arbeit geschieht, der Vorgang ist derselbe, und die Ergebnisse sind deshalb nicht weniger nützlich oder beständig, weil sie schnell erlangt worden sind.
Vom menschlichen Standpunkt aus bezeichnen Ergebnisse den Höhepunkt der Christlichen Wissenschaft, denn nur sie beweisen in den Augen der Welt die Richtigkeit der absoluten Erklärung Mrs. Eddys auf Seite 475 von Wissenschaft und Gesundheit: „Der Mensch ist geistig und vollkommen, und weil er geistig und vollkommen ist, muß er in der Christlichen Wissenschaft also verstanden werden. ... Ein sterblicher Sünder ist nicht der Gottes-Mensch.“ Keine gedankenlose Wiederholung einer Anzahl Wörter in Gestalt einer Formel, wie korrekt sie auch der Form nach sein möge, kein langes Verharren bei oberflächlichen Wahrheiten, die kaum die Kruste der Annahmen ritzen, keine selbstzufriedene Versicherung, daß wir das Gleiche getan haben, was uns letztes Jahr geheilt hat — nichts von alledem genügt, um in unserem eigenen Denken die verschiedenen Verlockungen des Bösen zu bekämpfen, denen wir stündlich unter der Maske des Guten begegnen. Nur das beständige Bestreben, jedes Problem vom Standpunkte der unendlichen Wahrheit aus zu betrachten, führt stets zu Ergebnissen; und wenn wir von diesem Standpunkt aus weiterarbeiten, so ist es nichts wunderbares, wenn die Heilung — der Beweis der unergründlichen Güte Gottes — augenblicklich ist.
Die unwiderstehliche Unmittelbarkeit des Wirkens Christi Jesu beruht allein auf dem Umstand, daß er beständig alle Dinge gedanklich zu der absoluten Wahrheit erhob. Sogar als er am Brunnen zu Sichar ausruhte und niemand da war, der geheilt werden wollte, ließ ihn die Gegenwart des samaritischen Weibes, die Wasser schöpfen wollte, den Ausspruch tun: „Gott ist Geist,“ und zwar nachdem er zu ihr gesagt hatte: „Wer dieses Wasser trinket, den wird wieder dürsten; wer aber des Wassers trinken wird, das Ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillet.“ Des Weibes Vertrauen auf materielle Hilfsmittel kam in ihrer Bemerkung zum Ausdruck, daß er kein Wasser schöpfen könne, da der Brunnen tief sei, wohingegen für ihn die materiellen Umstände einfach Einzelheiten in einer bildlichen Darstellung waren, in welcher Wasser, wie Mrs. Eddy uns sagt, „die Elemente des Gemüts versinnbildlicht“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 507), und in der die materiellen Hindernisse als illusorisch erkannt werden.
Der Charakter Christi Jesu als Erlöser beruht nicht auf der bloßen intellektuellen Schönheit der durch den eben genannten Vorfall beleuchteten Lehre; und wiewohl hier keine körperliche Heilung vorkam, so ist dieser Vorfall nichtsdestoweniger eine wissenschaftliche Erklärung der Verfahrungsart, nach der er seine Werke vollbrachte. Sodann ist im fünften Kapitel des Lukas-Evangeliums ein Vorfall berichtet, bei welchem die Ansichten des Simon Petrus in bezug auf das Fischen mit denen des Meisters verglichen werden, gerade wie die Ansichten des samaritischen Weibes in bezug auf den Brunnen mit denen des Meisters verglichen wurden, nur daß der Vergleich in dem einen Fall durch den Tatbeweis und im anderen durch die Lehre geschah. Nachdem Jesus das Volk am Ufer von Simons Boot aus gelehrt hatte, befahl er diesem: „Fahre auf die Höhe und werfet eure Netze aus, daß ihr einen Zug tut!“ Simon entgegnete, sie hätten sich die ganze Nacht vergebens abgemüht, gehorchte aber, wie er sagte, „auf dein Wort.“ Auf dem gleichen See, mit dem gleichen Netz, von dem gleichen Boot aus fingen die gleichen Männer, die in der vorigen Nacht nichts gefangen hatten, um ihrem materiellen Mangel abzuhelfen, auf den Befehl Jesu hin handelnd, eine solche Menge Fische, daß die Boote zu sinken begannen. Gehorsam war das Werkzeug, das für sie die scheinbar steinharte falsche Annahme durchdrang und jenen Überfluß offenbarte, an Fischen sowohl wie an Wasser, der nie vor dem großen Lehrer verborgen war.
Ergebnisse sind es also, die auf Erkenntnis folgen müssen; und der sterbliche Sinn muß die Tatsachen anerkennen, wenn das erwachte Bewußtsein sie wahrnimmt. Nicht als ob Werke mehr als bloße Verstandeslehre den sterblichen Menschen zu rechtfertigen vermöchten; aber klares geistiges Verständnis erzeugt unvermeidlich richtige Resultate. Daher dürfen wir sie als das Zeichen des Vorhandenseins dessen ansehen, auf dem sie beruhen, vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet. Im Maße unserer Demut, unseres Gehorsams und unserer Einsicht dürfen wir augenblicklich Heilung erwarten und erfahren sowie ein volles Maß alles Guten als Belohnung für unermüdliche Güte, unbegrenzte Geduld und Liebe. Geistig wahre Tatsachen, andachtsvolles Verständnis und augenblickliches Heilen sind die großen Schritte in der Betätigung der Christlichen Wissenschaft; sie lassen keine Verzögerung, kein Element der Zeit zu, nichts, was dem im biblischen Sinne so wichtigen Wort „jetzt“ entgegengesetzt ist.
Die Ausübung der gestaltenden und beschützenden Tätigkeiten Der Mutter-Kirche, die es der Menschheit ermöglicht, die Wahrheit über Gott und den wahren Menschen praktisch anzuwenden, macht diese Kirche zu dem einen christlichen Werkzeug auf Erden, welches das „Jetzt“ -Element des Christentums in sich schließt, das beständig auf der sofortigen Zurückweisung eines jeden Irrtums besteht. Ihre Kirchengebäude sind die Sinnbilder dieser Tätigkeiten, und als solche sind sie für einen Sinn wahrnehmbar, dem geistige Dinge als äußerst unbestimmt vorkommen. Mrs. Eddy, auf den symbolischen Charakter der Kirchen hinweisend, schreibt auf Seite 6 von „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ von „der Geschwindigkeit, der Schönheit und den Ergebnissen des Guten.“ Die Güte oder Gottähnlichkeit ist es, auf die wir uns wegen der Bereitwilligkeit und Fähigkeit, die Gesundheit, den Überfluß und die Heiligkeit des Geistes schnell wahrzunehmen, verlassen müssen. Tun wir dies, so erkennen wir auch die Fruchtlosigkeit unseres materiellen Strebens, nicht allein durch die Leiden der Armut und Krankheit, sondern, gleich den Jüngern anläßlich des oben erwähnten Fischzuges, durch den aus Gehorsam gegen den Christus geborenen Überfluß; und wenn dieser geistige Überfluß zum Ausdruck kommt, wird unsere weitere Erfahrung ebenfalls wie diejenige der Jünger, sein, von denen es heißt: „Und sie führeten die Schiffe zu Lande und verließen alles und folgeten ihm nach.“
