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Die Kinder in ihrer Beziehung zur Freiheit

Aus der August 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Man hört in unseren Tagen gar oft die Frage, welchen Einfluß die heutigen Weltzustände auf die Kinder hätten. Wenn wir bedenken, wie empfindsam das Denken derer ist, die noch in frühem Alter stehen, so erkennen wir die Notwendigkeit, sehr darauf zu achten, wie wir sie vor den Beschwerden und Leiden bewahren können, mit denen so viele Erwachsene zu kämpfen haben und die sie überwinden müssen. Niemand wird leugnen, daß die Freiheit den Kindern teuer ist, mögen sie auch einen sehr unvollkommenen Begriff von dem wahren Wesen der Freiheit haben. Nun kann man allerdings das gleiche von denen sagen, die ihnen in menschlicher Erfahrung um viele Jahre voraus sind. Aber das Kind ist gelehriger als der Erwachsene und läßt sich bereitwilliger zurechtweisen, wenn ihm nur die wahre Idee in der rechten Weise dargelegt wird.

Unsere Führerin läßt der Kindheit eine lievevolle Anerkennung zuteil werden, wenn sie sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 236): „Kinder sind leichter zu lenken als Erwachsene und lernen bereitwilliger die einfachen Wahrheiten lieben, die sie glücklich und gut machen.“ Und sie fügt hinzu: „Jesus liebte kleine Kinder, weil sie frei vom Unrechten und empfänglich für das Rechte sind.“ Ein amerikanischer Erzieher, der einen Einblick in den Zustand getan hat, in dem sich die Kinder in Europa während der gegenwärtigen Kriegswirren befinden, berichtet, daß wenigstens in England gut für sie gesorgt werde. Anders aber lautet der Bericht, daß auf dem Kontinent in der Nähe des Kriegsschauplatzes der Einfluß des Kampfes sich durch einen Ausdruck der Traurigkeit in den Gesichtszügen der Kinder kundtue. Er sagte, daß sie da nie lachten und nie weinten. Das würde in Amerika gewiß tiefes Mitgefühl erregen, denn die Amerikaner sind fast durchweg freundlich gegen Kinder, wenn sie dies auch nicht immer in kluger Weise kundtun. Obgleich nun alle Christlichen Wissenschafter zur heutigen Stunde gerne in jeder Richtung ihr möglichstes tun zur Besserung menschlicher Zustände, so müssen sie sich doch noch mehr auf die Wahrheit verlassen, noch ernstlicher nach dem Maßstab des Geistes arbeiten und sich bewußt werden, daß sie so am besten Mitarbeiter der göttlichen Liebe und Weisheit werden können.

Eine der rührendsten Geschichten in der Bibel handelt von den Ereignissen, welche direkt auf Jesu glorreichen Einzug in Jerusalem folgten, wo er in den Tempel ging und die Vertreter einer materialistischen Gottesverehrung austrieb. Wie wir lesen, kamen die Blinden und Lahmen zu ihm in den Tempel, und er heilte sie. Nun scheinen sich aber dem Berichte zufolge die Hohenpriester und Schriftgelehrten besonders über die Demonstration geärgert zu haben, die die Kinder machten. Mit welcher Teilnahme lesen wir, wie sie dem Meister, der der Welt das wahre Wesen der Freiheit geoffenbart hatte, aus frohem Herzen ein Loblied sangen! Als die Hohenpriester im Hinblick auf diese Huldigung zum Meister sagten: „Hörest du auch, was diese sagen?“ antwortete Jesus: „Ja! Habt ihr nie gelesen:, Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du Lob zugerichtet‘?“ Diese Geschichte läßt deutlich folgendes erkennen: mögen auch die Erwachsenen in den Banden der Furcht gelegen haben — der Furcht vor menschlichen Ansichten und vor den Folgen von deren Mißachtung —, so erkannten doch die Kleinen, wenigstens an diesem Tag und in dieser Stunde, die herrliche Freiheit der Kinder Gottes.

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