Schreiberin dieses hat schon oft versucht, in etwas Mrs. Eddy Begriff von dem Wort Ewigkeit zu erfassen. Die Sterblichen neigen von Natur zu der Vorstellung, daß die Zeit etwas sei, was ohne Aufhören weiter dauert. Bei diesem Gedanken steht einem der Verstand still.
Folgendes diene zur Veranschaulichung. Beim Studium der Astronomie rechnen wir mit enormen Zeitperioden, mit Tausenden und Millionen von Jahren. Wir wissen z. B., daß die Sterne mit enormer Geschwindigkeit in verschiedenen Richtungen durch den Weltenraum dahineilen, aber ihrer ungeheuren Entfernung wegen stillzustehen scheinen. Seit den frühesten Zeiten, von denen wir Aufzeichnungen haben, erscheinen die Sternbilder dem Beobachter unverändert; für den Astronomen jedoch sind die paar tausend Jahre seit den Aufzeichnungen der alten Ägypter oder der Chinesen nichtssagend. Auf Grund seiner Berechnungen schließt er auf eine zukünftige Zeit, wo der Sternenhimmel ganz anders aussehen wird und wir selber samt unserer Sonne unsere Stellung geändert haben werden. Dies alles ist so weit entfernt, daß die bloße Zahl der Jahre geringe Bedeutung für uns hat. Und doch gehen die Astronomen noch weiter, indem sie sich mit der Evolution von Sternen, Planeten und Nebelflecken beschäftigen, bei denen es sich um noch größere Zeitperioden handelt, sowie mit der Gestaltung, dem Wachstum und dem Erlöschen von Welten.
Aber selbst diese großen Zeitabschnitte geben uns keinen wahren Begriff von der Ewigkeit. Es wirkt überwältigend, wenn man sich klar vorzustellen sucht, was in Millionen von Jahren geschehen wird, oder was vor Millionen von Jahren geschehen ist. Dabei geben wir uns aber immer noch mit der Zeit ab, mit begrenzten Maßstäben. In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir (S. 468): „Zeit ist kein Teil der Ewigkeit.“ Nun scheint es der Verfasserin, daß wir uns die Ewigkeit nie vorstellen können, solange wir sie uns als eine enorm lange Zeit denken, denn sie ist keine endliche Zeit, die in Tagen und Jahren gemessen werden kann. Wir müssen die Vorstellung von einer dahineilenden Zeit verlieren, um mehr über die Ewigkeit zu lernen; wir müssen unser Gemüt, unser Leben so mit der Tätigkeit der Wahrheit erfüllen, daß der Gedanke an das Dahineilen der Zeit sich nicht eindrängen und uns mit seinen Vorstellungen von Beschränkung, von materiellem Wachstum und Verfall verwirren kann.
Der menschliche Geist findet es zuerst sehr schwierig, sich Tätigkeit und Entwicklung als vom Dahineilen der Zeit getrennt zu denken. Jede Handlung in unserem Leben, alles was wir tun oder denken ist in unserer Vorstellung mehr oder weniger mit dem Zeitbegriff verknüpft. Wie kommen wir nun dahin, daß wir stets die Tätigkeit des Gemüts zum Ausdruck bringen, ohne diese Tätigkeit mit dem Dahineilen der Zeit zu verbinden? Wir wissen, daß es in der Ewigkeit keinen Stillstand gibt. Das Gemüt ist stets tätig.
Wer von uns ist nicht schon so sehr in seine Arbeit, in ein Buch oder in einen Vortrag vertieft gewesen, daß er den Begriff von Zeit ganz verloren hat? Wir schauten auf die Uhr und dachten, die Zeiger müßten sich mit rasender Eile weiterbewegt haben. Der Begriff von Zeit war gänzlich oder doch beinahe geschwunden. Natürlich wird das Dahineilen der Zeit dadurch betont, daß man zu viel vorwärts oder zu viel rückwärts schaut. Wenn wir gänzlich von einer Sache erfüllt sind, so denken wir nicht zurück an das, was vor einer halben Stunde geschah. Wir interessieren uns so sehr für die Ideen, die sich uns entfalten, daß wir nur in der Gegenwart leben. Jede neue Idee, die sich uns bietet, findet in unserem Bewußtsein freudige Aufnahme, und wir folgen dem Gedankengang mit solcher Aufmerksamkeit, daß wir das Dahineilen der Zeit gar nicht merken. Wenn wir auch nicht an die Zeit denken, so herrscht doch Ordnung, Planmäßigkeit, Ideenfolge, Fortschritt. Es tut nichts zur Sache, was mit der Uhr geschieht, und es ist einerlei, ob es eine halbe Stunde oder eine Stunde dauerte bis wir gewisse Ideen erfaßt hatten.
Die Ordnung und Folge der Ideen ist tatsächlich, und wir erleiden daher keinen Verlust, wenn wir die Vorstellung von Zeit überwinden und weniger durch Einschränkungen gehemmt werden. Wir werden z. B. in solchem Fall nicht den Zug verpassen. Die Entfaltung von Ideen geht eben immer weiter, und die Ordnung und Folge unseres Lebens wird aufrechterhalten, ja viel besser als früher. Wir wissen, daß die im ersten Buch Mose genannten Tage keine Zeitperioden bedeuteten, sondern eine Reihenfolge von Entfaltungen der Wahrheit.
In unserer Zeit ist dieser Gegenstand von besonderer Wichtigkeit. Die Welt fragt, wie lange die gegenwärtigen Zustände noch dauern werden. Wir aber als Christliche Wissenschafter müssen uns über die Vorstellung von Zeit erheben, um dadurch die scheinbare Dauer der Zeit für die übrige Welt abzukürzen und so das Erscheinen der Wahrheit zu beschleunigen. Denn je mehr wir unsere eigenen Gedanken von der Zeit-Vorstellung trennen, desto mehr tragen wir dazu bei, die ganze Welt von diesem Mesmerismus zu befreien, und wir sind uns dann nur des Kommens des Guten, des immerwährenden Erscheinens des Christus bewußt.
Auf solche Weise bringen wir die Worte Jesu zur Erfüllung: „Um der Auserwähleten willen werden die Tage verkürzt.“ Nicht durch die Ausdehnung der scheinbaren Zeitdauer gewinnt man den Begriff von der Ewigkeit, sondern durch ihre Verkürzung. Der Irrtum ist es, der endlich ist und aufhören muß. In dem Grade wie wir uns über die Beschränkungen der Zeit erheben, wird das scheinbare Dasein des Irrtums verkürzt, und das Reich der Wahrheit wird auf immer offenbar.
 
    
