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„Ohne materielle Begleiterscheinungen“

Aus der September 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das menschliche Gemüt willigt gerne in das wissenschaftliche Verneinen des Augenscheins der Sinne ein, wenn es erwartet, dadurch von seinen Leiden befreit zu werden. Es empfindet sein Bedürfnis hinsichtlich des Leidens weit eher als es sein größeres Bedürfnis erkennt, von der gesamten Vorstellung des materiellen Seins erlöst zu werden. Dies erklärt die törichte Klage, die man zuweilen hört, daß das Licht der Wahrheit, welches die materielle Vorstellung durchdrungen und zur Heilung von Krankheit geführt hat, unerwarteterweise die sinnliche Freude an den Schönheiten der materiellen Welt störe. Alles, was das menschliche Gemüt von seiner sogenannten materiellen Welt weiß, ist das Bild, das es sich von den Phänomenen macht, die selber subjektive Zustände des menschlichen Gemüts sind. Dies ist es ohne Zweifel, was Mrs. Eddy meint, wenn sie sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 310): „Der Gedanke wird schließlich verstanden und in aller Form, aller Substanz und Farbe geschaut werden, aber ohne materielle Begleiterscheinungen.“

Für diejenigen, die ein offenes Auge haben, hat die Bibel von jeher den Hinweis enthalten, daß die Substanz aller Wirklichkeit, alles Guten und Schönen und daher Genußreichen nicht durch die materiellen Sinne wahrnehmbar ist. „Das kein Auge gesehen hat,“ schreibt Paulus, indem er aus Jesaja zitiert, „und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herz kommen ist, das Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“ Gewiß bedeuten die Worte des Apostels, daß das menschliche Herz, welches sich nach Glück sehnt, nach der Gelegenheit, die Schönheiten und Harmonien zu genießen, die, wie es irrtümlicherweise meint, die Christliche Wissenschaft wegnimmt — daß dieses menschliche Herz die Substanz und Wirklichkeit all dieser Dinge nur durch die Liebe zu Gott, durch die geistige Erkenntnis des Prinzips finden kann. Hieraus ergibt sich ebensogewiß, daß das, was das menschliche Gemüt für Genuß hält, d. h. ehe die Wahrheiten des geistigen Seins die materielle Annahme durchdrangen und sie aufzulösen begannen, höchstens ein Versprechen von etwas Wirklichem und in seinen niedrigeren Formen nichts als die sinnliche Lockung einer materiellen Nachbildung war.

Die Substanz aller Schönheit und Güte hat von jeher überall bestanden. Der Begriff des menschlichen Gemüts von Schönheit und Wahrheit ist durch den Glauben eingeschränkt worden, daß die Materie Substanz sei und daß sie angenehme Empfindungen erzeugen und genießen könne. Mrs. Eddy sagt auf Seite 247 von Wissenschaft und Gesundheit: „Das Sein besitzt seine Eigenschaften, ehe sie menschlich wahrgenommen werden. Schönheit ist ein Ding des Lebens, sie wohnt immerdar in dem ewigen Gemüt und spiegelt den Zauber Seiner Güte in Ausdruck, Gestalt, Umriß und Farbe wieder.“

Die Bestürzung, die das menschliche Gemüt zuweilen empfindet, wenn es zu der Erkenntnis gelangt, daß die Wirklichkeit des Lebens ohne materielle Begleiterscheinungen sein muß, rührt von dem großen Unterschied her zwischen der jetzigen sterblichen Auffassung von Substanz als Materie, und der Tatsache, daß der Geist die einzige Substanz ist und allein Dasein hat. Und doch ist es gerade die Erkenntnis dieser Tatsache, die da offenbart, daß die Grundlage aller wahren Schönheit das göttliche Prinzip ist, welchem unendliche Möglichkeiten, alles Gesetz, alle Ordnung, Harmonie und Bewegung innewohnen. Schönheit als geistig erkennen, ohne alles sinnliche Empfinden, bedeutet auf jedem Gebiet des Denkens die Befreiung des menschlichen Gemüts von seiner Abhängigkeit von der Materie.

Während des Übergangs von der endlichen materiellen Annahme zu der Erhabenheit des Seins im Gemüt bedeutet die Anwendung der Regel der geistigen Vollkommenheit auf jedem Schritt, daß alle Gedankengegenstände — Himmel und Wolken, Berge, Bäume und Blumen, Musik, Kameradschaft und alle Tätigkeiten — dem fortschreitenden Gedanken in dem Verhältnis herrlicher erscheinen, wie die menschliche Vorstellung die auf ihr lastende Materialität verliert. Der vorwärtsstrebende Gedanke wird hinauf zu den Bergen sehen und in ihnen das Sinnbild der Kraft und Erhabenheit eines vergeistigten Bewußtseins erblicken. Das Wachstum, die Form, die Farbe und der Wohlgeruch der Bäume und Blumen werden als Symbole des Schmucks der Heiligkeit erkannt und geschätzt werden; und die Musik wird mit jenen stillen geistigen Harmonien jenseits der materiellen Töne göttlichere Melodien erzeugen. Kameradschaften und Verbindungen, die auf geistiger Anziehung beruhen, werden sich als angenehmer und befriedigender erweisen als die mehr materiell aufgefaßte Freundschaftsverhältnisse. Alle Tätigkeiten, insoweit sie gut sind, werden als Wiederspiegelung der Schönheit oder manigfaltigen Einheit des geistigen Gesetzes und der geistigen Ordnung erkannt werden. Täglich werden die materiellen Begleiterscheinungen der unvollkommenen menschlichen Vorstellungen in geringerem Maße als feste Materie angesehen werden; denn der geläuterte subjektive Sinn wird, gleich Johannes, das Licht und die Herrlichkeit des neuen Himmels und der neuen Erde erblicken. Die Erde wird herrlicher erscheinen, wenn sie als ein Spiegelbild des Gemüts und nicht als Materie erkannt wird.

Diese Vergeistigung des Denkens, durch welche menschliche Begriffe als Phänomene anstatt als materielle Substanz erkannt werden, ist heute der gewaltigste Einfluß in der Welt. Ihre unumgängliche Folge ist die Bloßlegung und Zerstörung des Bösen als Gemüt. Sie tut dar, daß die materiellen Kundwerdungen böser Gedanken, die die Gestalt von Krieg annehmen, ebenso unwahr sind wie der böse Sinn, der sie erzeugt. Sie zeigt, daß der Krieg letzten Endes nicht durch kriegerische Gegenmaßnahmen überwunden wird, die nur ein zeitweiliger Notbehelf sind, sondern durch die Macht geistiger Erkenntnis, die schon jetzt die Erde erneuert, und zwar durch die Wahrnehmung des Schmucks und der Wahrheit der Heiligkeit sowie der daraus sich ergebenden Unwirklichkeit der Abnormität des materiellen Denkens und dessen häßlicher Nachbildung von Macht und Wirksamkeit.

Es war ihr eigener Glaube an ein materielles Gemüt und dessen Kundwerdungen, der die Jünger erschreckte, als der auferstandene Jesus in ihrer Mitte erschien. Sie glaubten, einen Geist mit materieller Verkörperung zu sehen. „Ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, daß ich habe,“ sagte Jesus zu ihnen. Was sie als Fleisch und Bein sahen, war ihre eigene Vorstellung von ihm. Da ihr Denken noch nicht geistig genug war, um die geistige Idee oder den Christus wahrzunehmen, zeigte ihnen der mitleidsvolle Heiland das, was sie verstehen konnten, um ihnen seinen Beweis vom unbesiegbaren, todlosen Leben gegenständlich zu machen. Als sie von der Wirklichkeit des Geistes und der daraus sich ergebenden Nichtsheit der Materie, welche er sie gelehrt hatte, fest überzeugt waren, sahen sie ihn nicht mehr als Materie, sondern empfingen die Wahrheit durch geistige Erkenntnis. Sie konnten sich nicht länger nach der körperlichen Gegenwart Jesu sehnen, nachdem sie das Verständnis von der unsterblichen Gegenwart des Christus erlangt hatten. Alsdann sahen sie ihn, wie er in Wirklichkeit war, und sie liebten ihn noch mehr, als der Christus für sie die übersinnliche Idee der Liebe wurde.

Die Christliche Wissenschaft offenbart die absolute Wahrheit des Seins. Diese Offenbarung wird zuletzt das sterbliche Gemüt samt allen seinen Phänomenen vernichten. Die Materie überwindet man jedoch nicht dadurch, daß man mutlos wird, weil man sie nicht mehr auf die gleiche Weise genießen kann wie früher, ehe man etwas von den in der Christlichen Wissenschaft gelehrten Wahrheiten wußte. Das Sein besteht schon jetzt in vollkommener Schönheit, Güte und harmonischer Tätigkeit. Die Summe des Seins muß ausgearbeitet und bis auf diesen Punkt gebracht werden. Dies kann allein durch eine wachsende, fortschreitende geistige Wahrnehmung geschehen, die das Wahre von dem Unwahren in der individuellen Vorstellung aller Dinge trennt. Mrs. Eddy sagt auf Seite 86 von „Miscellaneous Writings“: „Die angenehmen Empfindungen der menschlichen Annahme, der Form und der Farbe müssen vergeistigt werden, bis wir den erhabenen Begriff von Substanz erlangen, wie er in dem neuen Himmel und in der neuen Erde, in der Harmonie des Körpers und des Gemüts zum Ausdruck kommt.“

In dem Verhältnis, wie der Gedanke fest auf der grundlegenden Wahrheit beruht, daß alle Substanz, Güte, Form und Farbe, aller Ausdruck und alle Tätigkeit — mit einem Wort, „die Schönheiten der Heiligkeit“— als geistige Ideen, ohne materielle Begleiterscheinungen bestehen, hegt man ein größeres Maß intelligenter Dankbarkeit für jeden Fortschritt in menschlichen Idealen, die man zurzeit noch von materiellen Erscheinungsformen begleitet sieht; denn man wird in dieser Besserung den Beweis erblicken, daß die menschlichen subjektiven Zustände und ihre Phänomene den göttlichen Zuständen Raum geben, und daß dieser einladende, erhabene Begriff vom Sein die Menschheit unwiderstehlich emporhebt, über die Materie und ihre vergänglichen Versprechungen und Mißerfolge hinaus in die Tatsächlichkeit geistiger Erkenntnis.

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