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„Unsers Leibes Erlösung“

Aus der September 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als Paulus erklärte: „Ist ein natürlicher Leib, so ist auch ein geistlicher Leib,“ hatte er offenbar nicht den Zweck im Auge, der Materie oder dem Fleisch, das der Herr vor ihm als etwas völlig nutzloses gebrandmarkt hatte, das Wort zu reden, sondern er wollte seine Zuhörer nur mit der Versicherung trösten, daß sie ihre Individualität nicht mit dem scheinbaren Tode des sterblichen Körpers verlieren würden. Es war ohne Zweifel seine Absicht, ihnen die Zusicherung zu geben, daß in dem Zustand der Seligen jeder einzelne seine ausgesprochene Individualität behalten wird. Die Erlösung des Leibes, die im achten Kapitel des Römerbriefes erwähnt wird, weist auf die wissenschaftliche Auffassung von des Menschen Sein hin.

Adam Clarke erwähnt in seiner Auslegung dieses Textes die Tatsache, daß das griechische Wort, welches in dem vorliegenden Text mit „Leib“ übersetzt wird, eigentlich „individualisiertes Sein“ bedeutet. Jede Idee des unendlichen Geistes hat ihre ausgesprochene Individualität. Dies bedeutet keineswegs einen Körper, der aus materiellen Teilen besteht, sondern ausgesprochene und bestimmte Identität, welche die Wiederspiegelung oder Kundwerdung Gottes, des Gemüts, ist. Indem dieser geistige Sinn von Individualität erfaßt wird, schwindet die Annahme, daß der Mensch ein materieller Körper sei. Paulus erklärt: „Es wird gesäet in Unehre, und wird auferstehen in Herrlichkeit.“ Das Fleisch ist die unrühmliche Vorstellung vom Menschen, während der geistige Mensch der verklärte Ausdruck oder das Bild des Gemüts ist, welches sich nicht durch Begrenzung, nicht durch einen Organismus kundtut, sondern in geoffenbarter Harmonie zum Ausdruck kommt. Der entehrende Begriff vom Menschentum muß überwunden werden, damit die Herrlichkeit des wahren Menschentums erreicht werde. In dem Verhältnis, wie man den wahren Begriff vom Menschen erlangt, verliert man den falschen Begriff. Dieser Wandel besteht jedoch nicht in einem Übergang von einem Körper in den anderen, sondern er bedeutet das Erwachen aus einem Traum vom sterblichen Körper zum wahren Bewußtsein, zur Gottesebenbildlichkeit. Der Tod, der zum völligen Verlieren des materiellen Körpers notwendig ist, bedeutet weit mehr als das, was als der letzte Feind bezeichnet wird. Er bedeutet die Zerstörung allen Irrtums im Bewußtsein des menschlichen Individuums durch das Erwachen zum wahren Menschentum.

Wir hören oft den Ausdruck: „Sei ein Mann!“ Diese Ermahnung sollte eine weit höhere Bedeutung haben, als gewöhnlich beabsichtigt wird. Sie sollte zum Erwachen im Bilde Gottes anregen und uns dadurch über alles erheben, was geringer ist als der wahre Mensch. Das Wort erwachen, welches der Psalmist anwendete, bedeutet, daß das Ebenbild Gottes bereits unverletzt besteht, daß der Schleier der Materie, die Wolke falscher Annahme durch die Aufklärung des Individuums gehoben werden muß, damit das ewige Bild des göttlichen Gemüts sichtbar werde. Die Christliche Wissenschaft beseitigt das Geheimnis, welches so viele biblische Darlegungen zu umhüllen scheint, indem sie die geistige Wissenschaft des Seins, die Wissenschaft von Ursache und Wirkung offenbart und hierdurch die Heilige Schrift geistig auslegt.

Nachdem der Apostel erklärt hatte, daß Fleisch und Blut nicht in das Himmelreich gelangen können, versicherte er seinen Zuhörern, um sie nicht ohne Trost zu lassen, ihr Verlust von Fleisch und Blut bedeute keineswegs ihre Vernichtung, sondern sie würden eine viel befriedigendere Individualität haben. Gleichzeitig aber bemühte er sich, ihnen klar zu machen, daß die himmlische Individualität keine Eigenschaften der irdischen besitzt, sondern eine geistige Individualität, die Schöpfung des Geistes ist.

Wenn man sein Bild im Spiegel erblickt, so scheint es substantiell zu sein, während die wissenschaftliche Kenntnis behauptet, daß es nur Wiederspiegelung ist. Es gibt zwei Zeugnisse hinsichtlich eines solchen Bildes: das eine sagt, es sei materiell, das andere, es sei Ausdruck oder Wiederspiegelung. In letzterem Fall sehen wir das Bild richtig, im ersteren Fall verkennen wir es. Wenn wir infolge der Blindheit des materiellen Sinnes nicht imstande sind, es richtig zu sehen, so erscheint es als etwas, was es nicht ist. In der geistigen Wirklichkeit des Seins sehen wir mental, nicht physisch, das heißt, wir denken, wie die Dinge in Wahrheit sind.

Jesus sagte: „Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein recht Gericht.“ Mit dem Worte „Ansehen“ meinte er offenbar die Art, wie die Dinge gemäß der Aussage des materiellen Sinnes zu sein scheinen, zum Unterschiede von dem wissenschaftlichen Erkennen. Als er sagte: „Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze,“ wußte er offenbar, daß er die allgemeine Annahme der Sterblichen berichtigte — daß er eine Tatsache aufstellte, die im Widerspruch zu der fleischlichen Erscheinung stand. Er wußte, mit anderen Worten, daß es ihren materiellen Sinnen nicht so erschien, weil die sterbliche Erscheinung der Dinge die wahren Tatsachen Lügen straft. Er lehrte sie die Wahrheit über die Schöpfung, um sie von der falschen Anschauung von derselben zu befreien. Was bleibt uns noch übrig, wenn wir von der sogenannten menschlichen Individualität die irrigen, unharmonischen, unglücklichen Annahmen fortnehmen, welche den körperlichen Menschen ausmachen und die man allgemein als vergänglich anerkennt? Es bleibt allein das Geistige, Vollkommene, Harmonische und Gute. Diese richtigen Ideen schließen das in sich ein, was wir von der wahren Individualität erfassen. Auf diese Weise veranschaulichen wir, daß der wahre Mensch kein Körper aus materiellen Organen oder Teilen, sondern die Verkörperung der wahren Idee ist.

Die Christliche Wissenschaft befähigt uns, „ein recht Gericht“ zu richten. Sie offenbart die Tatsache, daß der Geist, wiewohl nicht vom sterblichen Auge gesehen, die einzige Ursache ist, und daß die Substantialität des Menschen durch geistige Folgerung festgestellt werden muß. Das wahre Wesen des Menschen muß von dem Wesen Gottes, der Ursache oder dem Prinzip des Menschen, abgeleitet werden. In keinem Fall kann das unzuverlässige materielle Zeugnis, „das Ansehen,“ als wahrer Beweis anerkannt werden. Das eine ist der „geistliche Leib,“ das andere wird als „natürlicher Leib“ bezeichnet; aber von diesen ist der eine wirklich, der andere unwirklich. Der eine ist der Mensch selbst; der andere ist die Lüge über den Menschen, die falsche Vorstellung von ihm. Dies hatte Mrs. Eddy im Auge, als sie auf Seite 476 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schrieb: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eigenes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken.“ Gerade so wie man über die Erscheinung des Bildes im Spiegel hinausblickt, um die wissenschaftliche Tatsache zu begreifen, daß es nur Wiederspiegelung ist, so verwarf oder verneinte der Meister die Erscheinung des Menschen als materiell, indem er die geistige Tatsache bekräftigte und sich vergegenwärtigte, daß er geistig ist; und auf diese Weise heilte er die Kranken.

Das Verständnis von der geistigen Verkörperung muß genau vom göttlichen Prinzip abgeleitet werden. Diese Verkörperung ist weder materiell noch ein Bild des sterblichen Gemüts, sondern der Ausdruck des göttlichen Gemüts. Man glaubt, die Bekundung im Spiegel sei die Wiederspiegelung der Materie; aber der Mensch ist die Wiederspiegelung des Geistes, die Idee des Gemüts. Er spiegelt Intelligenz, Harmonie, Freude und alle anderen Kennzeichen des unendlichen Gemüts, der Liebe, wieder. Der materielle Sinn lügt nur hinsichtlich der Substantialität des Menschen, sondern auch hinsichtlich seiner Umrisse oder seiner Form.

Wird das Wort „Form“ auf den geistigen Menschen angewendet, so müssen wir es geistig auffassen. Es kann nicht in dem Sinne von dem Ausdruck „menschliche Gestalt“ gebraucht werden. Wenn wir zu irgendeinem Entschluß kommen oder uns eine Idee bilden, so ist das sozusagen ein Formen; aber es handelt sich dann um klare Erkenntnis im Gegensatz zu unklarem Erfassen. Nur in diesem Sinne kann der Ausdruck „Form“ hinsichtlich des geistigen Menschen oder Körpers richtig angewendet werden. Mrs. Eddy erklärt auf Seite 503 von Wissenschaft und Gesundheit: „Der unendliche Raum ist von Gottes Ideen bevölkert, die Ihn in zahllosen geistigen Formen wiederspiegeln.“ Die Form des Menschen, der Gottes Idee ist, kann man nur dann richtig verstehen, wenn man das Wesen des Gemüts, die Ursache des Menschen und des Weltalls, betrachtet. Daher ist die biblische Erklarung vom Menschen als Bild und Gleichnis Gottes richtig. Es bleibt somit dem Schüler überlassen, seine Idee vom Menschen aus seiner Erkenntnis des Wesens Gottes herzuleiten, der vollständig und vollkommen im Menschen offenbart ist.

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