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Das grosse Bedürfnis der Welt

Aus der Juli 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Diejenigen Eltern, die Kinder in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule haben, kann man oft sagen hören, daß sie von ihren Kleinen so manche Lehre erhalten, die ihnen Not tut. Folgende wahre Geschichte möge zur Erläuterung dienen. Ein Vater und sein achtjähriges Söhnchen machten an einem Weihnachtstag zur Dämmerzeit einen Spaziergang. Fast in allen Häusern, an denen sie vorbeikamen, brannte schon Licht, und hier und da konnten sie durch die Fenster einen flüchtigen Blick auf den Glanz und den Jubel werfen. Das Kind betrachtete alles mit unverhohlener Freude, aber dem Vater war das Herz schwer. Die Familie hatte gerade angefangen, die Christliche Wissenschaft zu studieren, und während die Kinder infolge des Besuchs der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule rasche Fortschritte machten, schienen die älteren Familienmitglieder in ihrem Ringen nach Licht nur langsam vorwärtszukommen. Ein finanzielles Problem lastete so schwer auf dem Vater, daß er dem Kinde, das ihn plötzlich auf einen besonders schönen Weihnachtsbaum in einem der reichen Häuser, an denen sie vorüberkamen, aufmerksam machte, in etwas bitterem Tone antwortete: „Ja, mein Junge, ich sehe schon. Der Kleine kann einen schönen Weihnachtsbaum haben, weil, sein Vater reich ist; aber wir sind eben arm.“

Das Kind blieb stehen, und der große Mann und das kleine Bübchen standen ganz still und sahen einander einen Augenblick an. Allmählich schwand der Ausdruck des Entzückens aus des Knaben Gesicht, und er sah fast bestürzt drein. „Aber Vater,“ sagte er erstaunt, „das meinst du doch nicht; wie können wir denn arm sein, wenn wir Wahrheit und Liebe haben?“ Hierauf ergriff er wieder des Vaters Hand und hüpfte ebenso vergnügt wie vorher neben ihm her, schaute in die Fenster und versuchte mit dem Vater Schritt zu halten. Offenbar war für ihn die Sache vollständig erledigt. Wie groß war doch des Meisters Weisheit, als er einst ein Kind zu sich rief und mitten unter sie stellte und sagte, nur solche könnten in das Himmelreich kommen. Mit Tränen in den Augen und einer vor Rührung zitternder Stimme erzählte später der Vater, wie dankbar er für diesen unbeabsichtigten Tadel gewesen sei — wie dieser den Schleier von seinen Augen gelüftet und wie er mit der Hilfe des Kindes eine klarere Erkenntnis des Christus erlangt habe.

Vielleicht gibt es noch andere, welche auf die Einflüsterung horchen, daß sie dieses Jahr ärmer seien denn je zuvor, möglicherweise nicht an Geld, sondern vielleicht an etwas, was ihnen viel wesentlicher zu ihrem Glück erscheint. Sie glauben vielleicht, es fehle ihnen gegenwärtig etwas, was sie vorher immer gehabt hatten, etwas was ihnen unaussprechlich lieb und wert war und ohne das sie sich wirklich arm fühlten. Sollte jemand, der so denkt, diese Zeilen lesen, dann mögen ihm die erkenntnisreichen Worte des kleinen Weisen neuen Mut einflößen: „Können wir denn arm sein, wenn wir Wahrheit und Liebe haben?“ Wie kann irgend jemand arm sein, der Gott gefunden hat? Wie kann irgend jemand lange traurig, verlassen oder liebearm bleiben, wenn er die Wahrheit über Gott und den Menschen versteht, wie die Christliche Wissenschaft sie offenbart? In diesem klareren Schauen der Wirklichkeit des Seins kann ein jeder Hilfe finden, selbst in der Stunde, wo sich das Herz in Sehnsucht nach dem Druck einer lieben Hand, die nicht mehr da ist, verzehren mag und sich nicht trösten lassen will. „O, möchtet ihr doch diese Berührung fühlen,“ schreibt Mrs. Eddy, eine Frau, die besser als alle anderen Frauen die große Not der Welt kannte; und sie fährt fort (Miscellaneous Writings, S. 306): „Es ist kein Händedruck, noch ist es die Gegenwart eines lieben Menschen; es ist weit mehr, nämlich eine geistige Idee, die euren Pfad erleuchtet.“

Diese geistige Idee, dieser führende Engel, der die dunkelsten Stellen menschlicher Erfahrung erleuchtet, zeigt uns, daß alle Ideen Gottes, da sie untrennbar von Ihm sind, auch von einander untrennbar sein müssen. Mag auch einer unserer Lieben unseren Augen entrückt sein, so bleiben doch jene geistigen Eigenschaften unvergänglich, die stets den wirklichen Menschen ausmachten und die allezeit der Ausdruck seiner wahren Individualität bleiben werden. Was ist es somit, was wir lieben und wonach wir uns sehnen? Ist es die Materie? Keineswegs. Wir wissen, daß nicht Fleisch, Blut und Knochen uns jene Person teuer gemacht haben, sondern jene geistigen Charakterzüge, die lieblich und liebenswert machen — alles was sich als Güte, Wahrheit, Reinheit, Edelmut, Freude und Tapferkeit äußerte. Beruhen diese Eigenschaften jemals auf der Materie? Ist dies aber nicht der Fall, sind sie Wiederspiegelungen des Geistes, von dem alles Gute kommt, wie kann dann der Mensch je von ihnen getrennt werden?

Wann wird die menschliche Auffassung von den Dingen aufhören, mit den Flügeln gegen die Gefängnismauern ihrer eigenen falschen Annahmen zu schlagen? Wann werden wir das nutzlose Streben aufgeben, auf der Grundlage der Materie Glück zu erlangen, und statt dessen den unbeschreiblichen Frieden in dem Leben suchen, das „verborgen“ ist „mit Christo in Gott“? Auf Seite 322 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt unsere Führerin: „Die harten Erfahrungen der Annahme von dem angeblichen Leben der Materie, wie auch unsre Enttäuschungen und unser unaufhörliches Weh, treiben uns wie müde Kinder in die Arme der göttlichen Liebe. Dann fangen wir an das Leben in der göttlichen Wissenschaft zu begreifen. ‚Meinst du, daß du wissest, was Gott weiß‘ ohne diesen Entwöhnungsprozeß?“ Und doch hat die Welt nichts so dringend nötig, als Gott zu finden.

Daran denken wir nicht immer, solange die Sonne scheint und die Erdenwege mit Blumen bestreut sind. Die Menschheit sehnt sich jedoch in unseren Tagen mehr denn je zuvor nach etwas Höherem, Besserem, Befriedigenderem, als sie bisher gekannt hat. Allmählich erwacht die Menschheit und fängt an zu denken. In dieser Prüfungszeit in der Geschichte aller Nationen vergeht das Alte — alles Falsche und nicht Substantielle schmilzt in der glühenden Hitze des läuternden Feuers. Drum laßt uns selbst inmitten der Trübsal frohlocken. Wie herrlich wird es sein, wenn einst, nachdem alles vorüber ist und der Schlachtenlärm nicht mehr ertönt, die Welt, der Sünde satt und überdrüssig, entdecken wird, daß sie Gott gefunden hat!

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