Nachdem einem Menschen die Last der Furcht oder der Krankheit zum erstenmal durch das Wirken der Christlichen Wissenschaft abgenommen worden ist, möchte er in der Regel gerne wissen, wie er Heilung erlangt hat; und das ist äußerst vielversprechend. Vielleicht hatte er gedacht, die Befreiung von dem körperlichen Leiden würde ihn vollkommen glücklich machen; und nun kommt sie ihm unbedeutend vor im Vergleich zu dem Wunsch, ein besserer Mensch zu werden und das göttliche Prinzip, das ihn geheilt hat, klarer zu erfassen. Der Wunsch beseelt ihn, sich der wunderbaren Liebe Gottes würdiger zu erweisen, die ihm durch seine Heilung geoffenbart worden ist und für die er seine Dankbarkeit mit Worten nicht hinreichend ausdrücken kann.
Dann wird es ihm allmählich klar, auf welche Weise ihn die Güte Gottes befreit hat. Wie beruhigend und wie hilfreich ist doch Mrs. Eddys Darlegung der Natur des göttlichen Gesetzes auf Seite 384 von Wissenschaft und Gesundheit: „Wir sollten unsre Gemüter von dem niederdrückenden Gedanken befreien, daß wir ein materielles Gesetz übertreten haben und dafür notwendigerweise Strafe zahlen müssen. Laßt uns durch das Gesetz der Liebe wieder Mut fassen. Gott straft den Menschen niemals für Rechttun, für ehrliche Arbeit oder für Taten der Freundlichkeit, wenn sie ihn auch der Übermüdung, der Kälte, der Hitze oder der Ansteckung aussetzen.“ Welch ein Erwachen, wenn man einsehen lernt, daß Witterung, Arbeit, sogenannte Gesundheitsgesetze oder Ansteckung uns nichts anhaben können, solange wir Gottes Gesetz gehorchen! Wie furchtlos und freudig trotzen wir dem Sturm, wie gerne tun wir alles, was von uns verlangt wird, im Vertrauen auf Gottes unendliche Güte und Seine liebevolle Fürsorge!
Am wunderbarsten von allem ist jedoch der Umstand, daß einem solchen alles ganz verändert vorkommt, möge er auch in der alten Umgebung leben. Die häßliche und unangenehme Auffassung vom Leben fängt an zu verschwinden, und an ihre Stelle tritt ein reicheres Maß von Glück. Die Furcht vor Verlust, Fehlschlag und Krankheit ist in dem Grade verschwunden, wie man die Erkenntnis erlangt hat, daß Liebe jede Idee behütet und daß der Mensch unmöglich „irgend etwas verlieren“ kann, „was wirklich ist, wenn Gott alles ist und ewiglich sein eigen ist“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 302). Eine wesentliche Umwandlung hat jedoch stattgefunden, durch die diese bessere Anschauung möglich geworden ist. Man beginnt einzusehen, daß die Erkenntnis des wahren Wesens Gottes, des Guten, die Annahme verdrängt hat, daß das Böse Raum in Seiner Schöpfung einnehmen könne, und gleichzeitig sind alle anmaßlichen, unharmonischen Zustände verschwunden. Gott hat dem Bösen nicht die Macht gegeben, Seinen Menschen zu beherrschen und ihn krank und unharmonisch zu machen. Die Menschen brauchen nur die Wahrheit über Gottes Schöpfung kennen zu lernen und dieser Erkenntnis gemäß zu leben, um vom Bösen und allen seinen Bekundungen befreit zu werden.
Der Mensch mag in seiner maßlosen Freude über seine plötzliche Befreiung annehmen, sein ganzes Lebensproblem sei jetzt gelöst. Solches ist jedoch nicht der Fall. Um all diese Segnungen zu empfangen, ist mehr nötig als die Christliche Wissenschaft bloß wie ein Glaubensbekenntnis anzunehmen. Man kann der ganzen Fülle der Christlichen Wissenschaft nicht durch eine Heilung, durch eine plötzliche Umwandlung oder durch den ersten herrlichen Schimmer ihrer Offenbarung teilhaftig werden. Der Grund dafür ist der, daß man nicht alle falschen Annahmen auf einmal aufgegeben hat, sondern höchstens eine oder einige wenige. Wohl mag der Mensch den ernsten Wunsch haben, einen greifbaren Beweis seiner tiefen Dankbarkeit und Aufrichtigkeit zu geben, findet aber, daß viele Annahmen, die er noch nicht aufgeben will, seinen Fortschritt hemmen. Nur die Umgestaltung der Denkweise, nur das beständige Überwinden der materiellen Annahmen und das Ersetzen derselben durch richtige Begriffe läßt erkennen, daß man die Segnungen, die man durch Gottes Güte erhalten hat, anerkennt und sie würdigt. Dies vollzieht sich nicht durch eine augenblickliche Umwandlung. Erforderlich ist vielmehr das unermüdliche Bestreben, jeden Gedanken „unter den Gehorsam Christi“ zu bringen, ja ein beständiges Trachten, die sterblichen Annahmen, das materielle Gesetz und die materiellen Wünsche durch die unveränderlichen, harmonischen Tatsachen des Geistes zu ersetzen.
Im sechsundzwanzigsten Kapitel des dritten Buchs Mose finden wir eine bemerkenswerte Darlegung des Guten, das denen zufallen wird, die dem Gesetze des göttlichen Prinzips gehorchen. In diesem Kapitel ist nicht nur von der Macht die Rede, alles Böse auszutreiben und alle Feinde in die Flucht zu schlagen, sondern es enthält auch die Versicherung, daß die ganze Umgebung Segen erlangen und harmonischer werden wird. Ein Teil der Verheißung lautet: „Werdet ihr in meinen Satzungen wandeln und meine Gebote halten und tun, so will ich euch Regen geben zu seiner Zeit, und das Land soll sein Gewächs geben und die Bäume auf dem Felde ihre Früchte bringen, und die Dreschzeit soll reichen bis zur Weinernte, und die Weinernte soll reichen bis zur Zeit der Saat; und sollt Brots die Fülle haben und sollt sicher in eurem Lande wohnen. Ich will Frieden geben in eurem Lande, daß ihr schlafet und euch niemand schrecke.“ Da sich diese Verheißung größtenteils auf die zehn Gebote bezieht, so kann man den Wert des Gehorsams gegen diese Gebote nicht hoch genug schätzen, was besonders dann offenbar wird, wenn man ihren metaphysischen Wert erkannt hat. So gelangen die Menschen in dem Maße, wie sie dem göttlichen Gesetz gehorchen lernen, unter die Herrschaft Gottes, die nur Gutes in ihr Leben bringen kann.
Derjenige also, der durch die Christliche Wissenschaft geheilt worden ist, findet nicht nur die wahre Art und Weise, seine Anerkennung zum Ausdruck zu bringen und zu beweisen, daß er der Segnungen, die er erhalten hat, würdig ist, sondern er heimst auch eine reiche und stets zunehmende Ernte an göttlichen Segnungen ein. Der Preis, den Gott für das Gute, das Er uns gesandt hat, von uns fordert, besteht darin, daß wir Seinen Willen tun. Durch Gehorsam gegen die göttliche Liebe und nicht durch das Hersagen von Formeln wird der Mensch vor Krankheit geschützt. Er geht sicher durch scheinbare Gefahren hindurch, oder dieselben zergehen wie eine Luftspiegelung, wenn er sich ihnen nähert. In dem Maße, wie er sich der Wirkung des göttlichen Prinzips unterordnet, verschwinden Furcht, Sorge und Unruhe aus seinem Leben. Vor allen Dingen hat er bei diesem einfachen Vorgang durch die Vorschrift: „Verbot auf Verbot, Verbot auf Verbot; da ein wenig und dort ein wenig“ (Zürcher Bibel) und durch Demonstration den Weg gefunden, der zu wachsendem und dauerndem Glück führt.
